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Weissagung.

Körperchen zitterte und das Echo von den Palastwänden lustig wie
heiterer Spott hinter dem Unglücksprophcten herklang.

Und wer da glaubte, daß jene düstere Prophezeiung auf das
Leben des jungen Prinzen seine Schatten werfen würde, der sah
sich bald enttäuscht. Nie hatte das Land einen so fröhlichen Thron-
erben und, als der greise Ali, seines Sohnes froh, gestorben war,
einen so vergnügten, aber auch weisen und gerechten Fürsten gehabt
als den jungen Ben Ali.

Doch als auch sein Haar erbleichte und schon sein sechzigster
Geburtstag herannahte, umgaben ihn viele Solche, die Haß und
Neid im Herzen trugen, und sprachen zu ihm:

„Herr! Hat nicht jener Prophet schändlich gelogen, der prophe-
zeite, Du würdest nicht alt werden? Und verhieß Dein Baker nicht
ihm und seinen Nachkommen dann ein schreckliches Ende? Noch aber
lebt Saadullah, dieses falschen Weisen Sohn, reich und geehrt unter
uns — denke an den Schwur Deines Baters und halte Gericht
über ihn!"

Ben Ali war ein milder Fürst und haßte die Grausamkeit.
Was aber sein Baker geschworen, mußte er dennoch halten, und er
rief daher schweren Herzens an seinem Geburtsfestc Weise und Bolk
zu jener Stelle im Palastgarten zusammen, wo einst der falsche
Spruch verkündet worden war, und sprach dort also zu Saadullah:

„Entsinnst Du Dich, was einst Dein Bater weissagte und was
darauf der meine schwor?"

„Wohl, Herr!" entgegnete der Weise ruhig.

„Und Du zitterst nicht vor der Strafe, die Deiner wartet?"
srng Ali verwundert.

Da huschte ein stolzes Lächeln um Saadullah's Mund. Dann
aber trat er auf die Stufen des Thrones und leuchtenden Blicks
ȟt weithin schallender Stimme sprach er:

„Ewig wahr ist das Wort des Propheten und nimmer schündet
die Lüge seine Lippen! Schauet ihn an, den Fürsten, dessen Haar

ivohl silbern erglänzt >vie Bergschnee, dessen blühendes Antlitz aber
-das sonnige Lächeln der Jugend beivahrte! . . Hat mein Baker ge-
logen? Ist Ben Ali etwa alt gelvorden?"

Da erbrauste nicht endender Beifallsjubel und scheu verschwanden
die Neider. Der Herrscher aber lachend unter Thränen stieg vom
Throne, umarmte den Weisen und nannte ihn seinen Freund. Die
Worte des Propheten jedoch galten im Bolkc noch mehr als zuvor.

M a ch t der Gewohnheit.

Polizeirath (dem sich sein ihm bisher unbekannter Neffe
vorstellt): „Also mein Neffe sind Sic. . mütterlicherseits, wie
hier steht! . . Haben Sie auch Papiere?"

Vergessen.

on einem reichen Rosengrab
Wehte der Wind die Blüthen fort.
Und leise trug er sie hinab
Air einen ganz verlassenen Ort.

Dort unten ruht, dem Gram entrückt,
Ein armes, vergessenes Mcitschenkiitd,
Dem Niemand je das Grab geschmückt.
Niemand als der mitleidige Wind!

M. Ätoun.

18*
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Macht der Gewohnheit" "Vergessen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Conadam, Adolf
Entstehungsdatum
um 1893
Entstehungsdatum (normiert)
1888 - 1898
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 99.1893, Nr. 2518, S. 155

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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