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Zeitung der 10. Armee — Wilna, 2.Oktober - Dezember 1917

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Hefte 403-436, November 1917
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https://doi.org/10.11588/diglit.12997#0221
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nähr bub England nach Rußland abreisen. Die
englische Refderunir nimmt russische Zivilisten
and russische Soldaten, die England verlassen
Wollen, in Sioherlieitshaft.

Auch die französische Regierung hat 1400
nissische Soldaten in Sicherheitshaft genom-
men. Sie geht ja auch in schärfster Weise

Egen die Friedensbewegung im eigenen
in.de vor.

Heeresberichte der Verbündeten

Oesterreich-Ungarn

L Dezember
Italienischer Kriegschauplatz

Auf dem Monte Pertiea wurden italienische
Verstöße ab geschlagen.

Oestlicher Kriegschauplatz
Unverändert.

Albanien

Westlich von Korea vereitelten albanische
Freischaren durch ungesäumt eingesetzte Gegen-
stoße einen französischen Angriff.

Unternehmungen zur See

Am 28. November frühmorgens liefen Gruppen
unserer Torpedofahrzeuge zur Erkundung die ita-
lienische Küste an. Eine Gruppe sichtete und be-
schoß südlich der Cetaure-Mündung einen Last-
zug. Die Lokomotive explodierte. Der Zug wurde
stark beschädigt. Während der Beschießung stan-
den die Fahrzeuge unter dem wirkungslosen Feuer
einer mittelkalibrigen Landbatterie. Eine andere
Fahrzeuggruppe bekämpfte Geschütze mittleren
Kalibers bei Corsini und Drimini. Während und
nach den Beschießungen wurden die Fahrzeuge
erfolglos von feindlichen Fliegern angegriffen.
Bei der Rückfahrt sichteten die Fahrzeuge meh-
rere feindliche Einheiten, die, sich einem Angriff
entziehend, nach Nordwesten abdrehten. Feind-
liche Einheiten bei Ancona wurden von unseren
Seeflugzeugen mit Bomben belegt. Alle Fahr-
zeuge und Flugzeuge sind vollständig und unbe-
schädigt eingerückt.

TürRei

28. November

S i u a i f r o n t: Die feindlichen Stellungen
südjich Abu Leftache wurden von der Linie
Fedscha-Beni Krai-El Tire Naalis zurückgedrückt.
Zwei feindliche Angriffe gegen unsere Stellungen
bei Nebi Samail wurden abgewiesen.

29. November
Sinaifront: Die von uns eingeleiteten Ope-
rationen nehmen ihren Fortgang. Vergeblich ver-
snchte der Gegner in der Nacht zum 28. unseren
endlich der Audscha und des Abu Ledscha vorge-
gangenen Truppen das gestern gewonnene Gelän-
de streitig zu machen. Anscheinend durch unsere
Flieger gestört-, feuerten die feindlichpn Schiffe
nicht. Am rechten Flügel unserer Mittelgruppe
wnrde def Angriff erfolgreich vorgetragen. Etwa
40 Gefangene, eine Anzahl Maschinengewehre und
andere Beute wurden eingebracht.

Zum nissischen Friedensvorschlag

Der russische Funkspruch

Wien, 29. 11.

Bei dem k. u. k. Armee-Ober-Kommando langte
ein teilweise verstümmelter Funkspruch ein, der
soweit möglich ergänzt wurde und in dem es
heißt:

Zarskoje Selo, 28. 11.
An die Völker der kriegführenden Länder.
Die siegreiche Arbeiter- und Bauernrevolution
in Rußland stellte die Friedensfrage an die Spitze.
Jetzt würden alle Regierungen, alle Klassen und
Parteien aller kriegführenden Länder aufgefor-
dert, die Frage zu beantworten, ob sie zusammen
mit uns an Verhandlungen über einen sofortigen
Waffenstillstand und allgemeinen Frieden heran-
zutreten einverstanden sind oder nicht. Wir, der
Rat der Volkskommissare, wenden uns mit dieser
Frage an die Regierungen unserer Verbündeten.
Wir frage* sie vor dem Angesichte ihrer eigenen
vor

Völker, vor dem Angesichte der ganzen Welt, ob
sie einverstanden sind, an Friedensverhandlungen
heranzutreten. Wir verlangen, daß die Arbeiter-
parteien der verbündeten Länder die Krage so-
fort beantworten, ob sie mit der Einleitung von
Friedensverhandlungen einverstanden sind. Diese
Frage stellen wir an die Spitze.

Der Friede, den wir beantragt haben, soll ein
Völkerfriede sein, der jedem Volk seine wirt-
schaftliche und kulturelle Entwicklung sichert.
Wir beantragen, mit allen Völkern öffentlich
einen neuen Vertrag auf der Grundlage des Ein-
.verständnisses und der Zusammenarbeit zu schlie-
ßen. Die Regierung der siegreichen Revolution
entbehrt der Anerkennung der Berufsdiplomatie,
aber wir fragen die Völker, ob die reaktionäre
Diplomatie ihre Gedanken und Bestrebungen zum
Ausdruck bringt, ob die Völker der Diplomatie er-
lauben, die große Friedensmöglichkeit, die durch
die russische Revolution eröffnet worden ist, fal-
len zu lassen. Nieder mit dem Winterfeldzug! Es
lebe der Friede und die Völkerverbrüderung!
Troteki Lenin
Hierauf erteilte die Österreich-ungarische Re-
gtorung der russischen Regierung am 29. 11. fol-
gende Antwort:

An die Regierung der russischen Republik!
Das Funkente! egramm des Rates der Volks-
kommissare vom 28. 11. laufenden Jahres, mit dem

die russische Regierung sich bereiterklärt, Ver- auf der Spur, die auch Schiffe versenken und die

Oesterreich-Ungarns erklärt sich bereit, in die von
der russischen Regierung vorgeschlagenen Ver-
handlungen über einen sofortigen Waffenstill-
stand und über einen allgemeinen Frieden einzu-
treten. Czernin

Wien, 30. 11.
Im Abgeordnetenhaus erklärte Ministerpräsi-
dent von Seidler: Die Regierung Oesterreich-Un-
garns hat sich bereiterklärt, in Verhandlungen
über einen allgemeinen Frieden einzutreten. Bei
diesen Verhandlungen wird die Regierung anstre-
ben, mit jenen Staaten, die sich auf Grund der
jetzt von Rußland ergangenen Einladungen be-
reiterklären, einen Frieden zu schließen, zu einem
Frieden zu gelangen, der für die vertragschließen-
den Gruppen gleich ehrenvoll ist und von dem
Grundsatz .ohne territoriale und wirtschaftliche
Vergewaltigungen' geleitet sein wird. Hierbei
wird die Österreich-ungarische Regierung den mit
ihr zum Friedensvertrag schreitenden Staaten das
Recht zuerkennen, den zu ihnen gehörigen Völ-
kern volle Freiheit der Entschließung über ihre
staatliche Zukunft zu gewähren. Sie wird sich
jeder Einmischung in die innerstaatlichen Ver
hältnisse ihrer Kompazistenten (!) enthalten, aber
auch ihrerseits verlangen, daß jede Eininengung
in unsere eigene staatliche Organisation unter-
bleibe.

In Czernowitz traf laut Lokalanzeiger am 29.11.
ein Automobil mit russischem Offizieren und Sol-
daten ein, die mit dem Kommandanten eine halb-
stündige Besprechung hatten. Sie wurden lebhaft
begrüßt. Ein Russe hielt eine Ansprache, in der
er sagte: „Freunde, wir wollen den Frieden." Dann
begaben sich die Russen zurück.

Berlin, 1. 12.
Die Aeußerungen des Reichskanzlers im Reichs-
tage enthalten eine formulierte Antwort auf die
russischen .Mitteilungen. Sie sind durch Funk-
spruch verbreitet worden. Es wurde deshalb da-
von abgesehen, nochmals durch Funkspruch zu den
russischen Aeußerungen Stellung zu nehmen.

Die Unbeteiligten

Die Politik Hollands
In der Zweiten Kammer sagte Ministerpräsi-
dent Cord van der Linden: Was die schwer vor-
auszusehende Zukunft betreffe, so könne nur ein
Völkerbund Aussiebt auf allgemeine Abrüstung
gewähren. Der Erfüllung dieses Ideals stünden
aber gewaltige Schwierigkeiten im Wege, und
man dürfe gleichwohl, was Heer und Flotte be-
treffe, nicht so handeln, als ob dieses Ziel schon
erreicht sei. Seine Wehrmacht habe Holland vor
einem Kriege bewahrt. Holland sei von der Welt
abgeschlossen und habe schwere Lasten zu tra-
gen. Trotzdem habe die Regierung stets an dem
festgehalten, was sie für recht gehalten habe, und
nach links und rechts strenge Unparteilichkeit
beobachtet. Der schweizerische Gesandte habe
mitgeteilt, die schwedische Regierung beabsich-
tige, die unbeteiligten Staaten zu einer Vorbespre-
chung über die wirtschaftlichen Fragen nach dem
Kriege einzuberufen. Wenn Holland angegriffen
würde, dann würde es sich, ohne nach den Macht-
verhältnissen zu fragen, verteidigen. Aber abge-
sehen von einer Selbstverteidigung gehe es nicht
in den Krieg.

Englische Bombenwürfe auf holländische Orte

Das Korrespondenzbureau meldet: Der Mini-
ster des Aeußern teilte folgendes mit: Am 18. 11.
vormittags etwa 3.15 Uhr hat ein Flugzeug unbe-
kannt gebliebener Nationalität bei Sas van Gent
drei Bomben abgeworfen, durch die drei Arbeiter
leicht verwundet wurden und Sachschaden beson-
ders an einigen toi Hafen liegenden Schiften an-
gerichtet wurde. An demselben Tage etwa 845 Uhr
vormittags Heß ein unbekanntes Flugzeug eine
Bombe auf Axel fallen, durch die zwei Frauen ver
wundet wurden und ernstlicher Schaden an der
Gasanstalt und einigen umliegenden Häusern an-
gerichtet worden ist. Die Untersuchung der Bom-
bensplitter hat ergeben, daß die Bomben englischer
Herkunft waren. Die niederländische Regierung
hat ihren Gesandten in London beauftragt, bei der
englischen Regierung anzufragen, ob englische
Luftstreitkräfte sich dieser ernsten Verletzung des
niederländischen Gebietes und des Bombenabwurfs
schuldig gemacht hätten.

Die holländische Käseausfuhr

Die Niederländische Telegraphenagentur er-
fährt, daß es zwischen dem verbamdsfreundlichen
Fina-nzniinister Treub und dem Landwirtechafta-
rn i nister Postbuima wegen der Käseausfuhr zu
einem Gegensatz gekommen sei.

Handelsspione in Schweden
Laut Sydsveneka Dagbladet sind die schwedi-
schen Behörden einer Bande von Handelsspionen

handlungen über den Abschluß eines Waffenstill- deutsche Post berauben sollen»
Standes und eines allgemeinen Friedensvertrages
einzuleiten, ist der Regierung Oesterreich-Ungarns
zugekommen. Die von der russischen Regierung

bekanntgegebenen Richtlinien für einen abztt-l Bombenanschlag: in Milwaukee

Amerika und der Krieg

schließenden Waffenstillstand und einen Frie
densvertrag, hinsichtlich welcher die Regierung der
russischen Republik Gegenvorschlägen entgegen-
sieht, bilden nach Ansicht der Österreich-ungari-
schen Regierung geeignete Grundlagen für die Ein-
leitung dieser Verhandlungen, -Die Regierung

Der Berl. Lokalanz. berichtet aus Genf: Aus
Milwaukee wird gemeldet, daß vor der protestan-
tischen Kirche eine Höllenmaschine explodierte,
wobei eine größere Anzahl Menschen ums Leben
gekommen sei, darunter acht Geheimpolizisten.

England der Hauptfeind

Der Brief Lansdownes

Reuter erfährt von maßgebender Stelle, daß
das in den Wandelgängen des Parlaments verbrei-
tete Gerücht, Lord Lansdowne habe seinen Brief
mit Wissen der Regierung abgefaßt, jeder Begrün-
dung entbehre.

Die ägyptische Frage
Der Vorkämpfer für die Befreiung Aegypten«
von der englischen Herrschaft, der ägyptlwehe Ge-
lehrte Scheik Acig Schisch aus Kairo, langjähriger
Lehrer des Türkischen an der Oxford-Universität,
ist auf der Reise nach Stockholm in Kopenhagen
eingetroffen. Er sagte zu einem Vertreter des
Blattes Socialdemokraten: Solange Aegypten un-
ter englischer Herrschaft ist, wird die Welt nie-
mals einen dauernden Frieden erhalten, und so-
lange der Suezkanal in den Händen der Engländer
ist, wird jeder Friede nur ein vorläufiger sein.
Die Welt muß für die ägyptische Sache erwärmt
werden, und diese muß auch die kommenden Frie-
densverhandlungen beschäftigen. Die Welt wird
niemals zur Ruhe kommen, wenn England nicht
die Herrschaft über die fremden Nationen aufge-
geben und Aegypten, Indien, Pension, Turkestan
usw. die gleichen Rechte und Freiheiten gegeben
hat, die es für Belgien und die anderen Länder
verlangt, für die es vorgibt zu kämpfen.

Englands Helfer

Frankreich und Elsaß-Lothringen

Die Voss. Ztg. meldet aus Bern: Norman Hah-
good, der bekannte amerikanische Schriftsteller
und Politiker, Präsident des amerikanischen
Presse-Kriegsverbaftes in Paris, veröffentlicht
in amerikanischen Blättern einen Aufsatz, der
sich mit der elsaß-lothringischen Frage beschäf-
tigt und die Tatsache unterstreicht, daß das fran-
zösische Volk der sogenannten Desannexion El-
saß-Lothringens weit weniger Teilnahme entge-
genbringt als die französischen Politiker und
Journalisten. Er schreibt: Es kann kein Zweifel
herrschen, daß der französische Bauer, ob er nun
in Elsaß-Lothringen oder in Frankreich lebt, viel
weniger politischen Stolz besitzt, dafür aber tie-
feren Wunsch nach dauerndem Frieden als die
oberen Klassen.

Japan und Rußland

Halbamtlich wird in Abrede gestellt, daß ja-
panische Truppen nach Charbin geschickt werden.
Es wird vielleicht eine kleine Polizeitruppe hin-
geschickt werden, aber noch sind keine endgülti-
gen Maßregeln getroffen.

Die russischen Wirren

Die Auffindung der Gcheimverträge

Die B. Z. a. M. erfährt aus Stockholm: Trotzki
teilte am 21. 11. dem Arbeiterrat bei Erwähnung
der Geheimverträge mit, daß ihm durch Tatischt-
schew und Neratow freiwillig der Aufbewahrungs-
ort gezeigt und ihm die Dokumente übergeben
worden seien.

Ueberwachung der Verbandsbotschafter
Die Morning Post meldet aus Petersburg: Die
Regierung hat den gesamten Briefverkehr an die
Verbandsbotschafter am Montag einer militäri-
schen Bewachung unterstellt, wogegen die Bot-
schafter vergeblich Einspruch erhoben.

Einspruch des Verbands in Petersburg

Der Deutschen Tageszeitung meldet die Times:
Die militärischen Vertreter Englands, Frankreichs,
Italiens, Japans und Rumäniens übcoreichten im
russischen Hauptquartier einen Einspruch Ihrer
Länder .wegen der Schändung des Londoner Ver-
trages. D«r Einspruch wird in der Moskauer Presse
veröffentlicht.

Die Engländer verlassen Rußland

Wie die Tiunes au* Petersburg meldet, haben
19 000 Engländer russisches Gebiet verlassen. E*
sind nur noch etwa 2000 Engländer in wichtigen
Stellungen auf russischem Boden zurückgeblieben.
Litauische Truppen wollen die Stellung ver-
lassen

Nach Hufvudstadsbladet vom 28. IL hat das

51. litauische Infanterieregiment der russischen
Regierung mitgeteilt, daß es am 3. 12. seine Stel-
lung verlassen werde, wenn bis dahin nicht der
Friede geschlossen sei.

Englische Lüge

Der englische Funkspruch Poldhu vom SO. 11
12 Uhr nachts meldet: Die russischen Soldaten
an der Westfront in der Gegend von Baranowitschi
haben 1000 Mann Verluste bei einem Vorstoß ge-
habt. — Diese Behauptung ist aus der Luft
gegriffen. In letzter Zeit haben In der dortigen
Gegend keine Gefechte stattgefunden.

Besserung der Lage
Havas erfährt aus Petersburg: General Kry-
lemko ist am der Front eingetroffen und wurde von

den Frontsoldaten und Frontarbeitern mit herz-
licher Sympathie begrüßt. Die Verproviantierung
nimmt dank den Bemühungen der Ausschüsse
einen günstigen Verlauf. Die Rationen wurden
bereits erhöht. Die Lage der Maximalistemregie-
rung befestigt sich ständig.
 
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