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Daheim — 55.1918

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Hefte 5 -7, November 1918
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https://doi.org/10.11588/diglit.2793#0135
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——

2. November^d^L

Aus der Zeit — für die Zeit.



^etöen.

^ Lirnbschri^t

Die neue deutsche Regierung saß kaum im Sattel, als sie
dem Präsidenten Wilson ein Friedensangebot machte, leider
zweifellos „im unreifen Augenblick, im unreifen Entschluß",
wie selbst ein so liberaler
Mann wie vf W. Rathe-
nau sagte. Wilsons Ant-
wort wirkte denn auch
auf weite Kreise, die schon
den Frieden für sicher
hielten, stark ernüchternd:
wir müßten alle besetzten
Gebiete vorher räu-
men, ehe von Waffenstill-
stand gesprochen werden
könne, besagte ste. Unsere
neue Regierung nahm
diese harte Bedingung
qlatt an und stellte dem
Präsidenten Wilson an-
heim, nun den Zusam-
mentritt einer gemischten
Kommission zu veranlas-
sen, die alles regeln solle.

Was Wilson hierauf ant-
wortete, war ein Faust-
schlag in das Gesicht des
deutschen Volkes, und
wenn unsere demokra-
tische Regierung diese
neuen Zumutungen anch
mit einigem Widerspruch
ebenfalls angenommen
hat, weite Kreise des
deutschen Volkes sind ent-
setzt und bis ins Ännerste
erregt über den Schand-
frieden, der uns zugemu-
tetwird. Um nur einiges
zu erwähnen: der Bund
der Landwirte stellte fest,
ein Friede, der deutsches
Gebiet preisgeben sollte,
würde Schmach und Nie-
dergang bedeuten und
würde unerträgliche Zu-
stände und namenloses
Elend bringen. Jn Ro-
stock wurden Trauerkrän-
ze am Blücherdenkmal
niedergelegt. Die Pro-
fefforen der Berliner Uni-
versität, mit Geheimrat
Seeberg an der Spitze,
sprachen es aus, daß es
m diesen Tagen um das

Bestehen, die Freiheit und die Ehre Deutschlands gehe' die
unerschöpflichen Kräfte unseres Volkes müßten zu allseitiger
äußerster Anspannung entfeffelt werden, damit uns das Vater-

land, Kaiser und Reich

unversehrt erhalten blei-
ben. Am kräftigsten hat
es aber die Breslauer

was half es, daß yeflossen
so viel vom roten Älut?

Nsch »iner Zeichnunz von prof. Hermann vogei.

Universität ausgedrückt,
wie deutsche Männer über
den beabsichtigten Ge-
waltfrieden denken. Am
Iahrestage der Leivziger
Völkerschlacht svrachen in
vielhundertköpfiger Ver-
sammlung Studierende
und Lehrer es in fiam-
menden Worten aus:
,Lieber wollen wir in
ausdauerndem Kampfe
bis zum Außersten jedes
Opfer füc Kaiser und
Reich, für des Vaterlan-
des Unabhängigkeit und
Sicherheit brrngen, als
feige ernen Frieden ein-
gehen, der wider unsere
Ehre ist, deutsches Volk
undLandschändlich vreis-
gibtl Nrchtswürdig ist
die Nation, die nicht ihr
Alles freudig setzt an
ihre Ehre!"

Hoffentlich bleibt auch
die Sozialdemokratie bei
der ehrenhaften Gesin-
nung, die sich Mitte Ok-
tober in einem ihrer Auf-
rufe fand: „Mit einem
Frieden der Vergewalti-
gung, der Demütigung
und der Verletzung seiner
Lebensintereffen wirdsich
das deutsche Volk nie und
nimmermehr abfinden".

Die neunte Kriegsan-
leihe ist eine Probe auf
das Exempel. Sie wird
es zeigen, ob jeder, der
vaterländisch sühlt und
denkt, auch das Letzte auf
den Altar des Vaterlan-
des legt. Die Neunte
wird und muß beweisen,
daß das deutsche Volk
nicht die Nerven vsrliert.

NachdruL verboten.
 
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