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II PETROGRAFISCHE UND KONSERVATORISCHE ANALYSEN
Fällen die von aktiver Schädigung besonders bedrohten Zonen meist Areale mit historischer
Vorschädigung. Drittens besteht jedoch ein deutlicher Unterschied im Hinblick auf die rezente
Schadensdynamik. Im Rahmen des Museums ist diese sehr gering und wird ausschließlich durch
die Berührung von Touristen und dem Umgang mit den Blöcken im Museumsalltag (Renovie-
rungsarbeiten, Handling) bestimmt. Im Gegensatz dazu ist die Dynamik der Schädigung der
Anastylose viel höher. Die Berührung von Touristen ist hier nur ein Randthema, entscheidend
sind dagegen die mannigfaltigen externen Verwitterungsfaktoren wie Sonneneinstrahlung, Regen
und Wind sowie Schäden eingebrachter moderner Materialien des Wiederaufbaus.
II. 2.4.1.3 Bruchsteinmauerwerk
Bei der Zustandsbeschreibung des Bruchsteinmauerwerks gilt es prinzipiell zwischen zwei
Aspekten zu unterscheiden: in den individuellen Erhaltungszustand der angewandten Materialen
und in den Zustand des Mauerverbands. Hier soll nur der erste Aspekt betrachtet werden, eine
Zustandsanalyse des Mauerverbands findet sich im übergreifenden Kapitel zur Statik.
Der allgemeine Erhaltungszustand der historischen Substanz des Bruchsteinmauerwerks kann
als relativ gut eingestuft werden. So zeigt sich fast der gesamte Bestand an Bruchsteinen und
Ziegeln ohne sichtbare Schädigung. Vereinzelt finden sich Risse, es drohen kleine Schollen aus-
zubrechen, oder das Gefüge zeigt leichte Entfestigung. Eine genauere Betrachtung der einzelnen
>Steine< des Mauerwerks wurde aufgrund dieses geringen Schadensausmaßes als nicht notwendig
eingestuft. Des Weiteren besteht die Hauptmasse aus dem Gestein Marmor, und es sei bezüglich
der Schadensphänomene auf die Zustandsanalyse der Marmorblöcke verwiesen1301.
Nähere Betrachtung finden ausschließlich die antiken Mörtelmassen, der Mauermörtel und
der Hinterfüllmörtel. Entscheidend hinsichtlich der Verwitterungsresistenz und der Schadens-
ausbildung sind bei diesen kalkgebundene Mörtelmassen mehrere Aspekte. Erstens die Qualität
des Kalkmörtels an sich. Diese wird bestimmt durch die Natur des angewandten Kalks und der
Zuschläge sowie deren Verhältnis im Frischmörtel. So existiert das Bindemittel Kalk in meh-
reren verschiedenen Variationen als trocken gelöschter Kalk (Ca[OH]2), Sumpfkalk (Ca[OH]2),
hydraulischer Kalk oder Kalk mit hydraulischen Zuschlägen. Jede dieser Varianten hat verschie-
dene Endprodukte zur Folge. Im Rahmen rezenter Untersuchungen wird dieser Umstand mit der
kristallografischen Struktur der Kalke in Verbindung gebracht, welche im Zuge der Erhärtung
(Karbonatisierung1302) sehr unterschiedliche Kalziumkarbonatkristalle liefern1303. So hat trocken
gelöschter Kalk im Vergleich zu Sumpfkalk die Vorteile einer geringeren Schwundrissbildung,
eine damit in Verbindung stehende geringere Porosität, eine bessere Reaktionsfähigkeit mit
Hydraulefaktoren und eine bessere Selbstheilung1304. Des Weiteren weisen Kalkmörtel mit hyd-
raulischen Komponenten eine größere Festigkeit als reine Kalkmörtel auf1305. Davon abgeleitet
eigenen sich hydraulische Mörtel besser für die Errichtung statisch belasteter Elemente, wie z. B.
Mauern, während sich Sumpfkalk für die Herstellung von Verputz bewährt.
Entscheidende Faktoren der Zuschlagszusammensetzung sind die Kornform, Korngröße und
Korngrößenverteilung1306. Sie beeinflussen den Bindemittel- und Wasserbedarf des Frischmör-
tels, sie sind entscheidend für ein dichtes Mörtelgefüge und das Abfangen von Schwundrissen.
1301 s. dazu Kap. II.2.4.1.
1302 Unter Karbonatisierung wird die Reaktion des Kalziumhydroxids (Ca[OH]2) mit dem Kohlendioxid der Luft (CO2)
verstanden. Diese Prozess benötigt Wasser und verläuft wegen des geringen CO2-Gehalts der Luft (ca. 0,04 %)
sehr langsam. Die Karbonatisierung beginnt an der Oberfläche und setzt sich mit der Zeit in das Innere fort. Bene-
dix2011, 309 f.
1303 s. dazu Liebig - Althaus 2006a, 116-126; Liebig - Althaus 2006b, 29-38; Elert u. a 2006, 39-55.
1304 Eiden 2011, 17.
1305 Domaslowski 2006, 139.
1306 Die Charakteristika der Zuschläge und ihre Beeinflussung im Rahmen künstlich hergestellter Mörtelmischungen
werden in Kap. II.2.4.2.1 näher beschrieben.
II PETROGRAFISCHE UND KONSERVATORISCHE ANALYSEN
Fällen die von aktiver Schädigung besonders bedrohten Zonen meist Areale mit historischer
Vorschädigung. Drittens besteht jedoch ein deutlicher Unterschied im Hinblick auf die rezente
Schadensdynamik. Im Rahmen des Museums ist diese sehr gering und wird ausschließlich durch
die Berührung von Touristen und dem Umgang mit den Blöcken im Museumsalltag (Renovie-
rungsarbeiten, Handling) bestimmt. Im Gegensatz dazu ist die Dynamik der Schädigung der
Anastylose viel höher. Die Berührung von Touristen ist hier nur ein Randthema, entscheidend
sind dagegen die mannigfaltigen externen Verwitterungsfaktoren wie Sonneneinstrahlung, Regen
und Wind sowie Schäden eingebrachter moderner Materialien des Wiederaufbaus.
II. 2.4.1.3 Bruchsteinmauerwerk
Bei der Zustandsbeschreibung des Bruchsteinmauerwerks gilt es prinzipiell zwischen zwei
Aspekten zu unterscheiden: in den individuellen Erhaltungszustand der angewandten Materialen
und in den Zustand des Mauerverbands. Hier soll nur der erste Aspekt betrachtet werden, eine
Zustandsanalyse des Mauerverbands findet sich im übergreifenden Kapitel zur Statik.
Der allgemeine Erhaltungszustand der historischen Substanz des Bruchsteinmauerwerks kann
als relativ gut eingestuft werden. So zeigt sich fast der gesamte Bestand an Bruchsteinen und
Ziegeln ohne sichtbare Schädigung. Vereinzelt finden sich Risse, es drohen kleine Schollen aus-
zubrechen, oder das Gefüge zeigt leichte Entfestigung. Eine genauere Betrachtung der einzelnen
>Steine< des Mauerwerks wurde aufgrund dieses geringen Schadensausmaßes als nicht notwendig
eingestuft. Des Weiteren besteht die Hauptmasse aus dem Gestein Marmor, und es sei bezüglich
der Schadensphänomene auf die Zustandsanalyse der Marmorblöcke verwiesen1301.
Nähere Betrachtung finden ausschließlich die antiken Mörtelmassen, der Mauermörtel und
der Hinterfüllmörtel. Entscheidend hinsichtlich der Verwitterungsresistenz und der Schadens-
ausbildung sind bei diesen kalkgebundene Mörtelmassen mehrere Aspekte. Erstens die Qualität
des Kalkmörtels an sich. Diese wird bestimmt durch die Natur des angewandten Kalks und der
Zuschläge sowie deren Verhältnis im Frischmörtel. So existiert das Bindemittel Kalk in meh-
reren verschiedenen Variationen als trocken gelöschter Kalk (Ca[OH]2), Sumpfkalk (Ca[OH]2),
hydraulischer Kalk oder Kalk mit hydraulischen Zuschlägen. Jede dieser Varianten hat verschie-
dene Endprodukte zur Folge. Im Rahmen rezenter Untersuchungen wird dieser Umstand mit der
kristallografischen Struktur der Kalke in Verbindung gebracht, welche im Zuge der Erhärtung
(Karbonatisierung1302) sehr unterschiedliche Kalziumkarbonatkristalle liefern1303. So hat trocken
gelöschter Kalk im Vergleich zu Sumpfkalk die Vorteile einer geringeren Schwundrissbildung,
eine damit in Verbindung stehende geringere Porosität, eine bessere Reaktionsfähigkeit mit
Hydraulefaktoren und eine bessere Selbstheilung1304. Des Weiteren weisen Kalkmörtel mit hyd-
raulischen Komponenten eine größere Festigkeit als reine Kalkmörtel auf1305. Davon abgeleitet
eigenen sich hydraulische Mörtel besser für die Errichtung statisch belasteter Elemente, wie z. B.
Mauern, während sich Sumpfkalk für die Herstellung von Verputz bewährt.
Entscheidende Faktoren der Zuschlagszusammensetzung sind die Kornform, Korngröße und
Korngrößenverteilung1306. Sie beeinflussen den Bindemittel- und Wasserbedarf des Frischmör-
tels, sie sind entscheidend für ein dichtes Mörtelgefüge und das Abfangen von Schwundrissen.
1301 s. dazu Kap. II.2.4.1.
1302 Unter Karbonatisierung wird die Reaktion des Kalziumhydroxids (Ca[OH]2) mit dem Kohlendioxid der Luft (CO2)
verstanden. Diese Prozess benötigt Wasser und verläuft wegen des geringen CO2-Gehalts der Luft (ca. 0,04 %)
sehr langsam. Die Karbonatisierung beginnt an der Oberfläche und setzt sich mit der Zeit in das Innere fort. Bene-
dix2011, 309 f.
1303 s. dazu Liebig - Althaus 2006a, 116-126; Liebig - Althaus 2006b, 29-38; Elert u. a 2006, 39-55.
1304 Eiden 2011, 17.
1305 Domaslowski 2006, 139.
1306 Die Charakteristika der Zuschläge und ihre Beeinflussung im Rahmen künstlich hergestellter Mörtelmischungen
werden in Kap. II.2.4.2.1 näher beschrieben.