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Pülz, Andrea M.; Bühler, Birgit; Melcher, Michael; Schreiner, Manfred; Schwarcz, David Zsolt; Österreichische Akademie der Wissenschaften / Verlag [Mitarb.]
Byzantinische Kleinfunde aus Ephesos: ausgewählte Artefakte aus Metall, Bein und Glas (Band 18,1: Textband): Textband — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.51987#0224
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223

III HERSTELLUNGSTECHNOLOGISCHE STUDIEN ZU
BYZANTINISCHEN FEINSCHMIEDERARBEITEN AUS
EPHESOS UND UMGEBUNG
111.1 DIE WICHTIGSTEN TECHNIKEN: DEFINITIONEN UND MERKMALE
111.1.1 Einleitung
Die Beobachtung herstellungstechnischer Merkmale an archäologischen Edelmetallgegenständen
ermöglicht eine Rekonstruktion des Herstellungsprozesses der betreffenden Objekte1423 sowie die
Bildung Technologischen Gruppen, die mit den Ergebnissen der typologisch-stilistischen Aus-
wertung verglichen werden können. Daher sind die Ergebnisse herstellungstechnischer Untersu-
chungen an archäologischen Metallobjekten in vielen Fällen nicht nur für die Technikgeschichte
eines bestimmten Zeitabschnitts von Bedeutung, sie sind auch wichtige Zusatzkriterien für die
historische Interpretation archäologischer Funde. Ziel der herstellungstechnischen Untersuchun-
gen ist es, Eigenheiten bestimmter Werkstätten und Handwerker unter Berücksichtigung regi-
onaler und überregionaler Werkstatttraditionen herauszuarbeiten. Die Synthese der Ergebnisse
der typologischen, stilistischen und technologischen Studien kann eine Zuordnung zu bestimmten
Werkstätten ermöglichen. Ein wichtiger Aspekt ist in diesem Zusammenhang die vergleichende
Analyse der durch verschiedene Feinwerkzeugtypen verursachten Bearbeitungsspuren.
III. 1.2 Verfahren zur Herstellung der Grundform
Beim Gießen wird die Legierung im geschmolzenen Zustand in eine ein- oder mehrteilige Form
gegossen und gibt so nach dem Erkalten deren Oberflächengestaltung wieder. Für gegossene
Artefakte ist eine raue, leicht unebene Oberfläche, die sog. Gusshaut, charakteristisch. In vielen
Fällen wurde diese jedoch im Zuge der Nachbearbeitung entfernt.
Beim Zweischalenguss wird das geschmolzene Metall in eine zweiteilige Form, z. B. aus
Stein oder Ton, eingegossen. Nach dem Erkalten wird das Objekt entnommen und nachbearbeitet.
Die Gussform kann bei diesem Vorgang mehrfach verwendet werden. Zweiteilige Tonformen
können durch Abdrücken eines Modells oder eines Fertigprodukts in den noch feuchten Ton
hergestellt werden. Der Guss in einer zweiteiligen Form lässt sich nur dann nachweisen, wenn
das Objekt >Gussnähte< aufweist. Hingegen wird beim >Guss in verlorener Form< (Wachsaus-
schmelzverfahren) ein Wachsmodell des zu gießenden Objekts geformt, eventuell verziert und
mit Eingusskanälen sowie einem Eingusstrichter versehen. Der Arbeitsaufwand kann dadurch
reduziert werden, dass man ein Wachsmodell in einer zweiteiligen Form, beispielsweise in einer
Tonform, die durch den Abdruck eines Positivmodells, eventuell eines ersten > handgefertigtem
Wachsmodells, entstanden ist, herstellt. Danach wird das Wachsmodell in mit Sand, Schamott
oder organischen Substanzen >gemagertem Ton eingebettet. Die Magerungsbestandteile sollen
verhindern, dass die Tonform beim Trocknen und Brennen zu stark schwindet und reißt. Nach
einer gewissen Trocknungszeit wird die einteilige Tonform gebrannt, wobei das Wachs vollstän-
dig ausschmilzt. Anschließend wird das geschmolzene Metall in den so entstandenen Hohlraum
gegossen. Nach dem Erkalten wird die Form zerschlagen, der Rohguss entnommen und eventuell
nachbearbeitet.

1423 Ein guter Überblick zu den verschiedenen, hier zusammengefassten Herstellungs- und Verzierungstechniken fin-
det sich z. B. bei Brepohl 2003; Coatsworth - Pinder 2002; Ogden 1982.
 
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