V. Konstruktion und Bautechnik
ehe des Steins eingebracht wurde und dadurch Absplitterungen am
oberen Austritt gering gehalten wurden.
Ein besonderer Vorteil dieser Konstruktion war, dass zumindest in
einer Richtung der Aufhängepunkt genau auf den Schwerpunkt des
Steins eingerichtet, also durch Verschieben des Hakens auf der
Stange eingestellt werden konnte. Die Breite des Quaders an der
Wolfseite lag bei circa 20 cm, die zweite Seitenlänge wechselte.
Bei Sturz- und Gewändeblock sowie den Triglyphensteinen war
sie deutlich länger, etwas kürzer beim dorischen Gesimsblock und
lag bei den Kapitellen unter jener der Wolfseite bei etwa 16 cm.
Die geschwungenen schwalbenschwanzförmigen Ausarbeitungen
sind etwa 3 cm in die Seitenflächen eingelassen. Die beiden Wöl-
fe mussten circa eine Breite von 12,5 cm besessen haben, die sich
nach oben hin bis auf 4,5 cm verjüngte. Die Tiefe der Wolfslöcher
wechselt leicht, je nachdem wie stark der ursprünglich an der
Oberseite noch anstehende Werkzoll später abgearbeitet werden
musste.
Aus dem geringen Verwendungsgrad der Wolfslöcher ersieht man,
dass deren Einsatz noch nicht zur Routine geworden ist. Es scheint
wenig Erfahrung im Umgang mit dem Wolf bestanden zu haben
und nach Möglichkeit auf andere Hebemethoden zurückgegriffen
worden zu sein. Der schwerste Block ist der Sturzblock der Schein-
tür mit über 10 Tonnen, er war mit zwei Zwillingswölfen gehoben
worden. Die Gewändeblöcke wogen mit circa 7,8 Tonnen nicht
viel weniger, waren aber mit nur einem Zwillingswolf versetzt
worden. Dies lässt auch Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit
der auf der Baustelle eingesetzten Kräne zu. Die - soweit fest-
stellbar - größten im Obergeschoss eingesetzten Werksteine, die
Peristasisarchitrave, waren mit rund 4,8 Tonnen deutlich leichter,
jedoch war deren Versatz aufgrund der großen Einbauhöhe und
des labilen Säulenauflagers besonders schwierig. Kräne oder He-
bezeuge konnten nur im relativ engen Pteron oder auf der schma-
len Hofwand aufgestellt bzw. abgestützt werden.
Noch höher hinauf mussten die Dachskulpturen transportiert wer-
den. Die Löwenmischwesen haben eine zweite Art von Wolfslö-
chern eingestemmt. Sie waren in die Lagerflächen für die geson-
dert gearbeiteten Spitzen der Flügel eingelassen560, deutlich kleiner
zugeschnitten und wiesen die klassische, langrechteckige Form
mit konisch aufeinander zulaufenden Schmalseitenflächen und
ohne Quaderteil auf61. Die Löcher sind nicht horizontal ausgerich-
tet. Sie ermöglichten das Heben der zumindest großteils schon
fertiggestellten Skulpturen ohne die Gefahr, durch umlaufende
Seile filigrane Teile abzudrücken oder zu beschädigen. Auf die
exakt horizontale Ausrichtung des Werksteins beim Transport und
das Hineinsetzen in die Plinthenausnehmung der Dachskulpturso-
ckel konnte verzichtet werden, da die Plinthen abgerundete Kanten
und lediglich gespitzte Oberflächen ohne Anathyrosen aufwiesen.
Ungewollten Kantenabsplitterungen war dadurch vorgebeugt und
selbst wenn sie auftraten, stellten sie kein optisches Problem dar,
da sie ja im nicht einsehbaren Bereich lagen.
Auffällig ist, dass über den Peristasiskapitellen keine der schweren
Architekturblöcke des Gebälks oder der Kassettendecke mehr mit
Wolfslöchem versetzt worden waren, die Eckblöcke des dorischen
Frieses und Gesimses dagegen schon. Vielleicht konnten ja an den
exponierten Ecken in derart großer Höhe keine entsprechend trag-
fähigen Hebegeräte mehr aufgebaut werden.
Waren die Werksteine mit den Hebegeräten ohne Einsatz eines
Wolfs an den Einbauort transportiert worden, so wurden sie nur
selten direkt am Ort abgesenkt, sondern zumeist etwas daneben
aufgebockt. Nach einem eventuell noch nötigen horizontalen An-
schub auf Rollen oder etwas Ähnlichem mussten die Unterlags-
hölzer entfernt und der Stein vorsichtig abgesenkt werden. Dazu
wurden oftmals Stemmlöcher seitlich in die Stoßflächen eingear-
beitet (Abb. 16; Taf. 15, 3). Steine im Mauerverband, die im Zuge
des Versatzes an einer Stoßfläche freilagen, erhielten nur auf der
verdeckten Seite einige Zentimeter unter der Oberkante ein seitli-
ches Stemmloch, auf der freien Seite übernahm das Kantendübel-
loch diese Funktion. Derartige Konstruktionen sind bei den So-
ckelwandblöcken nachweisbar562 (Taf. 21, 5. 6; 128 Schicht 9; 129
Schicht 8; 130 Schicht 6. 10; 131 Schicht 6). Schwieriger war die
Situation bei den Schlussblöcken einer Schicht. Sie mussten milli-
metergenau passend hergestellt werden und durften während des
Absenkens zwischen den bereits versetzten Nachbarblöcken nicht
verkanten, mussten also genau horizontal ausgerichtet hinunter
gelassen werden. Das bedingte, dass an beiden Stoßflächen sym-
metrisch zueinander seitliche Stemmlöcher eingearbeitet wurden,
um von beiden Seiten mit Brecheisen parallel arbeiten zu können.
In der zweiten und dritten Stufe der Krepis sind Schlussblöcke mit
mehreren höhenversetzten Stemmlöchern erhalten. Der Block der
zweiten Stufe der Ostwand weist an einer Stoßfläche sechs seitli-
che Stemmlöcher mit Höhenunterschieden von 4-4,5 cm zueinan-
der auf (Abb. 9). Sie sind versetzt in zwei Reihen angeordnet,
sodass mit zwei Brechstangen gleichzeitig gearbeitet werden
konnte. Eine senkte 4 cm ab, daraufhin übernahm die nebenlie-
gende Brechstange und senkte weitere 4 cm ab, sodann wieder die
erste und so fort563.
Die Schlussblöcke der hohen Läuferblöcke von den Sockelwänden
wurden nicht mit derart vielen Stemmlöchem abgesenkt. Nur je-
weils ein Stemmloch circa 5 cm unter den Stoßflächenoberkanten
bezeugt, dass der Block mithilfe eines Seils herabgelassen und
aufgebockt wurde, die Stemmlöcher wurden nur für das Absenken
auf den letzten Zentimetern nach Entfernung des Seils eingesetzt.
Die gleiche Technik lässt sich in der Peristasis beim Schlussblock
des Gesimses B03/1467, südlich der Nordwestecke feststellen
(Taf. 59, 10). Drei Stemmlöcher auf jeder Seite knapp unter der
Oberkante ermöglichten ein austariertes Absenken des breiten aus-
kragenden Blocks. Seitliche Stemmlöcher kamen auch bei den
Dachplatten (Taf. 75, 13; 76, 1; 77, 1; 78, 2. 5), den Kassettenrah-
mungsblöcken der ersten und dritten Schicht (Taf. 68, 10; 70; 71,
3. 4; 73, 10), dem Heliades-Block (Taf. 103, 1) oder den Keil-
steinen des Grabkammergewölbes (Abb. 31. 32; Taf. 40, 9; 41,
4-8; 42, 1. 2. 10; 43, 5-7) zur Anwendung.
Um die Werksteine horizontal zu bewegen, wurden zwei Techniken
angewandt. Für Distanzen von einigen Zentimetern zum letzten
51,0 Fleischer in: Belevi 1979, 142 f.
51,1 Derartige Wolfslöcher beschreibt Heron Mechanik 3, 8. Die gleichzeitige Verwen-
dung zweier unterschiedlicher Wolfslochformen wie in Belevi tritt auch beim jünge-
ren Artemision in Ephesos auf: Hier stehen einseitig an eine Quaderausnehmung
angesetzte und rein schwalbenschwanzförmige Wolfslöcher gleichzeitig in Verwen-
dung, Bammer 1972, 40 Abb. 12. 15. 23. 24. 28.
562 Siehe dazu auch Orlandos 1968, Abb. 49.
51,3 Ähnliche Stemmlochansammlungen bei einem Schlussblock finden sich auch im
Sockelgeschoss des Ptolemaion in Limyra. Vgl. auch Orlandos 1968, Abb. 50 mit
einem Beispiel vom Parthenon mit nur einer durchlaufenden Stemmlochreihe.
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ehe des Steins eingebracht wurde und dadurch Absplitterungen am
oberen Austritt gering gehalten wurden.
Ein besonderer Vorteil dieser Konstruktion war, dass zumindest in
einer Richtung der Aufhängepunkt genau auf den Schwerpunkt des
Steins eingerichtet, also durch Verschieben des Hakens auf der
Stange eingestellt werden konnte. Die Breite des Quaders an der
Wolfseite lag bei circa 20 cm, die zweite Seitenlänge wechselte.
Bei Sturz- und Gewändeblock sowie den Triglyphensteinen war
sie deutlich länger, etwas kürzer beim dorischen Gesimsblock und
lag bei den Kapitellen unter jener der Wolfseite bei etwa 16 cm.
Die geschwungenen schwalbenschwanzförmigen Ausarbeitungen
sind etwa 3 cm in die Seitenflächen eingelassen. Die beiden Wöl-
fe mussten circa eine Breite von 12,5 cm besessen haben, die sich
nach oben hin bis auf 4,5 cm verjüngte. Die Tiefe der Wolfslöcher
wechselt leicht, je nachdem wie stark der ursprünglich an der
Oberseite noch anstehende Werkzoll später abgearbeitet werden
musste.
Aus dem geringen Verwendungsgrad der Wolfslöcher ersieht man,
dass deren Einsatz noch nicht zur Routine geworden ist. Es scheint
wenig Erfahrung im Umgang mit dem Wolf bestanden zu haben
und nach Möglichkeit auf andere Hebemethoden zurückgegriffen
worden zu sein. Der schwerste Block ist der Sturzblock der Schein-
tür mit über 10 Tonnen, er war mit zwei Zwillingswölfen gehoben
worden. Die Gewändeblöcke wogen mit circa 7,8 Tonnen nicht
viel weniger, waren aber mit nur einem Zwillingswolf versetzt
worden. Dies lässt auch Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit
der auf der Baustelle eingesetzten Kräne zu. Die - soweit fest-
stellbar - größten im Obergeschoss eingesetzten Werksteine, die
Peristasisarchitrave, waren mit rund 4,8 Tonnen deutlich leichter,
jedoch war deren Versatz aufgrund der großen Einbauhöhe und
des labilen Säulenauflagers besonders schwierig. Kräne oder He-
bezeuge konnten nur im relativ engen Pteron oder auf der schma-
len Hofwand aufgestellt bzw. abgestützt werden.
Noch höher hinauf mussten die Dachskulpturen transportiert wer-
den. Die Löwenmischwesen haben eine zweite Art von Wolfslö-
chern eingestemmt. Sie waren in die Lagerflächen für die geson-
dert gearbeiteten Spitzen der Flügel eingelassen560, deutlich kleiner
zugeschnitten und wiesen die klassische, langrechteckige Form
mit konisch aufeinander zulaufenden Schmalseitenflächen und
ohne Quaderteil auf61. Die Löcher sind nicht horizontal ausgerich-
tet. Sie ermöglichten das Heben der zumindest großteils schon
fertiggestellten Skulpturen ohne die Gefahr, durch umlaufende
Seile filigrane Teile abzudrücken oder zu beschädigen. Auf die
exakt horizontale Ausrichtung des Werksteins beim Transport und
das Hineinsetzen in die Plinthenausnehmung der Dachskulpturso-
ckel konnte verzichtet werden, da die Plinthen abgerundete Kanten
und lediglich gespitzte Oberflächen ohne Anathyrosen aufwiesen.
Ungewollten Kantenabsplitterungen war dadurch vorgebeugt und
selbst wenn sie auftraten, stellten sie kein optisches Problem dar,
da sie ja im nicht einsehbaren Bereich lagen.
Auffällig ist, dass über den Peristasiskapitellen keine der schweren
Architekturblöcke des Gebälks oder der Kassettendecke mehr mit
Wolfslöchem versetzt worden waren, die Eckblöcke des dorischen
Frieses und Gesimses dagegen schon. Vielleicht konnten ja an den
exponierten Ecken in derart großer Höhe keine entsprechend trag-
fähigen Hebegeräte mehr aufgebaut werden.
Waren die Werksteine mit den Hebegeräten ohne Einsatz eines
Wolfs an den Einbauort transportiert worden, so wurden sie nur
selten direkt am Ort abgesenkt, sondern zumeist etwas daneben
aufgebockt. Nach einem eventuell noch nötigen horizontalen An-
schub auf Rollen oder etwas Ähnlichem mussten die Unterlags-
hölzer entfernt und der Stein vorsichtig abgesenkt werden. Dazu
wurden oftmals Stemmlöcher seitlich in die Stoßflächen eingear-
beitet (Abb. 16; Taf. 15, 3). Steine im Mauerverband, die im Zuge
des Versatzes an einer Stoßfläche freilagen, erhielten nur auf der
verdeckten Seite einige Zentimeter unter der Oberkante ein seitli-
ches Stemmloch, auf der freien Seite übernahm das Kantendübel-
loch diese Funktion. Derartige Konstruktionen sind bei den So-
ckelwandblöcken nachweisbar562 (Taf. 21, 5. 6; 128 Schicht 9; 129
Schicht 8; 130 Schicht 6. 10; 131 Schicht 6). Schwieriger war die
Situation bei den Schlussblöcken einer Schicht. Sie mussten milli-
metergenau passend hergestellt werden und durften während des
Absenkens zwischen den bereits versetzten Nachbarblöcken nicht
verkanten, mussten also genau horizontal ausgerichtet hinunter
gelassen werden. Das bedingte, dass an beiden Stoßflächen sym-
metrisch zueinander seitliche Stemmlöcher eingearbeitet wurden,
um von beiden Seiten mit Brecheisen parallel arbeiten zu können.
In der zweiten und dritten Stufe der Krepis sind Schlussblöcke mit
mehreren höhenversetzten Stemmlöchern erhalten. Der Block der
zweiten Stufe der Ostwand weist an einer Stoßfläche sechs seitli-
che Stemmlöcher mit Höhenunterschieden von 4-4,5 cm zueinan-
der auf (Abb. 9). Sie sind versetzt in zwei Reihen angeordnet,
sodass mit zwei Brechstangen gleichzeitig gearbeitet werden
konnte. Eine senkte 4 cm ab, daraufhin übernahm die nebenlie-
gende Brechstange und senkte weitere 4 cm ab, sodann wieder die
erste und so fort563.
Die Schlussblöcke der hohen Läuferblöcke von den Sockelwänden
wurden nicht mit derart vielen Stemmlöchem abgesenkt. Nur je-
weils ein Stemmloch circa 5 cm unter den Stoßflächenoberkanten
bezeugt, dass der Block mithilfe eines Seils herabgelassen und
aufgebockt wurde, die Stemmlöcher wurden nur für das Absenken
auf den letzten Zentimetern nach Entfernung des Seils eingesetzt.
Die gleiche Technik lässt sich in der Peristasis beim Schlussblock
des Gesimses B03/1467, südlich der Nordwestecke feststellen
(Taf. 59, 10). Drei Stemmlöcher auf jeder Seite knapp unter der
Oberkante ermöglichten ein austariertes Absenken des breiten aus-
kragenden Blocks. Seitliche Stemmlöcher kamen auch bei den
Dachplatten (Taf. 75, 13; 76, 1; 77, 1; 78, 2. 5), den Kassettenrah-
mungsblöcken der ersten und dritten Schicht (Taf. 68, 10; 70; 71,
3. 4; 73, 10), dem Heliades-Block (Taf. 103, 1) oder den Keil-
steinen des Grabkammergewölbes (Abb. 31. 32; Taf. 40, 9; 41,
4-8; 42, 1. 2. 10; 43, 5-7) zur Anwendung.
Um die Werksteine horizontal zu bewegen, wurden zwei Techniken
angewandt. Für Distanzen von einigen Zentimetern zum letzten
51,0 Fleischer in: Belevi 1979, 142 f.
51,1 Derartige Wolfslöcher beschreibt Heron Mechanik 3, 8. Die gleichzeitige Verwen-
dung zweier unterschiedlicher Wolfslochformen wie in Belevi tritt auch beim jünge-
ren Artemision in Ephesos auf: Hier stehen einseitig an eine Quaderausnehmung
angesetzte und rein schwalbenschwanzförmige Wolfslöcher gleichzeitig in Verwen-
dung, Bammer 1972, 40 Abb. 12. 15. 23. 24. 28.
562 Siehe dazu auch Orlandos 1968, Abb. 49.
51,3 Ähnliche Stemmlochansammlungen bei einem Schlussblock finden sich auch im
Sockelgeschoss des Ptolemaion in Limyra. Vgl. auch Orlandos 1968, Abb. 50 mit
einem Beispiel vom Parthenon mit nur einer durchlaufenden Stemmlochreihe.
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