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Thür, Hilke; Jilek, Sonja; Adenstedt, Ingrid [Bearb.]
Hanghaus 2 in Ephesos, die Wohneinheit 4: Baufund, Ausstattung, Funde (Band 8,6): Textband — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.45648#0065
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Baubefund

II Materialien und Bautechnik
Hilke Thür
II. 1 Materialien
II. 1.1 Marmor (Karin Koller)
Marmor findet sich in der WE 4 einerseits als Werkstein innerhalb des Quader- und Bruchsteinmauerwerks1, wofür v. a. ein graublauer, teil-
weise brekziöse Schichtungen aufweisender Marmor2 sowie vereinzelt Spolien aus weißem Marmor verwendet wurden, andererseits wurden
verschiedene Marmorsorten und vielfarbige Dekorgesteine3 als bevorzugte Materialien für Bauteile und Ausstattungszwecke im Bereich der
beiden Obergeschoße eingesetzt.
Bei ersteren handelt es sich im allgemeinen um weiße und graue kristalline Marmore lokaler Herkunft, d. h. aus Steinbrüchen, die im Groß-
raum Ephesos lokalisiert sind.4 In der WE 4 wurden insgesamt 17 Bau- und Ausstattungsbestandteile beprobt; erste Ergebnisse der nach the-
matischen und chronologischen Kriterien ausgewerteten Proben lassen folgende - vorläufige - Aussagen zu:
Bauteile:
Die aus drei Teilen zusammengesetzte architektonische Fassung des Einganges (A 4) in die WE 4 ist aus zumindest zwei verschiedenen Mar-
moren gearbeitet. Die beiden Türgewände - obwohl augenscheinlich aus demselben weißen bis hellgrauen Marmor mit graublauen Schlieren
gearbeitet - weisen ein deutlich voneinander abweichendes Isotopenspektrum auf. Das östliche Türgewände fällt in das Probengebiet des
Steinbruchareals beim Weiher Ayakhkin in der Nähe von Tire, etwa 20 km nordöstlich von Ephesos, während das westliche Türgewände im
Probengebiet des Steinbruchareals ,Kozpinar‘ bei der Ortschaft Belevi, etwa 10 km nördlich von Ephesos, liegt.5 Die Türverdachung hinge-
gen ist aus einem hellgrauen bis weißen Marmor homogener Färbung gearbeitet, der aus einem Steinbruch am Steilabbruch des Vorgebirges
an der Westseite des Kaystros-Tales vor dessen Abbiegung nach Osten oberhalb des Weihers Ahmetli köyü, etwa 15 km nördlich von Ephe-
sos, stammt.
Auch für die Basen (A 9 und A 30) und Kapitelle (A 22, A 25 und A 40) der Peristyle der beiden Obergeschoße wurde dieser Marmor ver-
wendet; der große, sich über ca. zwei Kilometer erstreckende und auf ca. 350 m Seehöhe gelegene Steinbruch scheint zum derzeitigen Stand
der Probenauswertung vor allem in der mittleren Kaiserzeit im großen Stil ausgebeutet worden zu sein, worauf auch die riesigen, noch an Ort
und Stelle befindlichen Blöcke und die ausgedehnten Abraumhalden hinweisen (Taf. 11.1 und 2).
Ausstattung:
Vom Bodenbelag des Hofes 21 wurden drei Proben genommen. Für die hellgrauen bis weißen Marmorplatten ergibt das Isotopenspektrum
wieder eine sehr deutliche Zuordnung zum Steinbruch oberhalb von Ahmetli köyü, während der dunkelgraublaue Marmor aus dem insge-
samt neun Aufschlüsse mit sehr unterschiedlichem Aussehen zeigenden Steinbruchareal bei Ayakhkin stammt.
Die fünf Proben von Wandverkleidungsplatten aus den OG bestätigen - mit einer Ausnahme - dieses Auswertungsergebnis: Der dunkelgrau-
blaue, ein fast weißer sowie ein weißer, dunkelgraublau gesprenkelter Marmor fallen in das Probengebiet von Ayakhkin, wobei letzterer im
gesamten H2 für die Marmorwandausstattungen der letzten Nutzungsphase großzügige Verwendung fand.6 * * Ein hellgrauer bis weißer Marmor

1 Dazu Thür, Kap. II.2.
2 Zahlreiche geologische Aufschlüsse befinden sich an den Ostflanken von Bülbül Dagi
und Panayir Dagi; aus diesem mehr oder weniger an Ort und Stelle gewonnenen und
verwendeten Baumaterial ist in Ephesos der überwiegende Teil an einfachen Werkstein-
und Bruchsteinmauem errichtet.
3 Zu den Dekorgesteinen s. Koller, Kap. VII.1.1.
4 Seit 1998 wird in internationaler Zusammenarbeit das Projekt »Untersuchung von wei-
ßen, nicht-dolomitischen Marmoren aus Steinbrüchen im Großraum Ephesos zur Be-
stimmung der Materialherkunft von Skulptur, Bauskulptur sowie Ausstattungsbestand-
teilen in Ephesos« durchgeführt (L. Moens, J. De Donder, Universität Gent, Dept. for
Analytical Chemistry; P. De Paepe, Universität Gent, Dept. of Geology and Soil

Science; M. Aurenhammer, ÖAI). In der näheren Umgebung von Ephesos wurden bis-
her insgesamt 17 Steinbruchareale und über 200 Artefakte beprobt (ö13C und ö18O-Iso-
topenanalyse), K. Koller, Untersuchung von weißen, nicht-dolomitischen Marmoren
aus Steinbrüchen im Großraum Ephesos, in: F. Krinzinger und Mitarbeiter, Jahres-
bericht 1998, ÖJh 68,1999, Beibl. Grabungen 40; F. Krinzinger, Jahresbericht 1999,
ÖJh 69, 2000, 381 f.
5 Bei den Bezeichnungen der Steinbruchareale handelt es sich zumeist um Flurnamen.
6 Auch die Säulen des Peristyls 31a der WE 6, dessen Anlage schon in Bauphase I erfolg-
te, sind nachweislich aus diesem Marmor gefertigt; eine viel frühere Ausbeutung dieses
Steinbruchareals zeigt sich hingegen am Unterbau des Androklos-Eleroons an der Kure-
tenstraße aus dem 2. Jh. v. Chr.

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