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Ausstattung

V Wandmalerei
Norbert Zimmermann
V.l Zu Forschungsgeschichte und Materialbestand der Malereien der WE 4
»Die Wandmalereien der Hanghäuser in Ephesos« erschienen 1977 als Band VIII/1 der Reihe Forschungen in Ephesos. Darin legte Volker
Michael Strocka, unter den Wandmalereien von Hanghaus 1 und den WE 1-5 von Hanghaus 2, bereits die in Malereien der WE 4 vor.1
Sie wurden detailliert beschrieben, ikonographisch gedeutet und stilistisch wie chronologisch in einer fein abgestimmten Phasenfolge beur-
teilt. Als seit der Mitte der 90er Jahre die Bearbeitung des archäologischen Fundmaterials und die Bauforschung im H2 vorangetrieben und
durch Nachgrabungen ergänzt wurde, ließen die Ergebnisse dieser Forschungen ein im Vergleich zu den Publikationen der Ausgräber sehr
abweichendes Bild entstehen.2 Speziell für die Wandmalereien und ihre Datierungen hatten diese Forschungen umfangreiche Auswirkun-
gen,3 die es im folgenden darzustellen gilt.
Im Rahmen der Vorlage von Bauforschung und archäologischem Material aus dem H2 sind Faszikel zur Wandmalerei jeder WE vorgesehen,
die nun außer den in situ angetroffenen Malereien auch die jeweiligen Malereifragmente behandeln. Diese Fragmente gliedern sich in drei
Gruppen: Die sog. Sturzmauern sind größere zusammenhängende Fragmente, die noch im Mauerverband im Schutt gefunden wurden.4
Kleinteiligere Malereifragmente wurden in zahlreichen Fundkisten mit der Raumnummer als Fundortangabe geborgen.5 Schließlich gibt es
auch zahlreiche Fragmente in Kisten mit keinen, mehreren oder widersprüchlichen Fundortangaben. Letztere werden hier aber nur in Aus-
nahmefällen herangezogen, da für sie derzeit zumeist keine sichere Zugehörigkeit zur WE 4 erschlossen werden kann.6
Aus dieser Situation ergeben sich für diesen Beitrag folgende Ziele: Alle Malereien der WE 4 sowie alle sicher aus der WE 4 stammenden
Fragmente werden nach dem heutigen Erkenntnis stand neu erschlossen. Dabei können die einzelnen Bau- bzw. Ausstattungsphasen mögli-
cherweise noch nicht in der letzten chronologischen Präzision benannt werden, die sich aus der gegenseitigen Bezugnahme nach Vorlage al-

1 Strocka, Wandmalerei, 91-114. 139 Abb. 189-262. 377. 381. 382. 384. 388. 401. 419.
434. 435. 455. Damals waren von H2 erst die WE 1-5 ausgegraben, das Fundmaterial
war noch nicht aufgearbeitet. Die nördlichen WE 6 und 7 auf der untersten Wohnterras-
se wurden bis 1984 freigelegt, ihre Publikation ist in Vorbereitung. Zu ihren bislang un-
publizierten Wandmalereien nahm Strocka, Tabema, bereits kursorisch Stellung, aller-
dings noch bevor die neuen Ergebnisse der Materialbearbeitung die Datierungsdiskussi-
on nachhaltig beeinflußten.
2 Vgl. dazu die einzelnen Beiträge in Krinzinger, Chronologie, und zur Grabungsge-
schichte bes. Ladstätter, Chronologie; zur Forschungsgeschichte und Bauforschung
der WE 4 s. Thür, Kap. 1.3. und IV.
3 Die Wandmalereien wurden 1998 wieder ins Forschungsprogramm aufgenommen, vgl.
N. Zimmermann, Kunsthistorische Bearbeitung der Malereien des Hanghauses 2 in
Ephesos, ÖJh 67, 1998, Grabungen 1997, 65f. Seit 1999 läuft am Institut für Kulturge-
schichte der Antike der ÖAW unter der Leitung von H. Thür ein vom FWF finanziertes
Projekt zur kunsthistorischen Bearbeitung der Wandmalereien des H2. In Abstimmung
mit der Bauforschung begannen die Arbeiten mit den WE 1 und 2 (vgl. Wiplinger,
Chronologie) und 4 (vgl. Thür, Chronologie). Es konnte zunächst gezeigt werden, daß
es sich bei den spätantik datierten Streublumen-, Felder-Lisenen- und Marmorimitati-
onsmalereien auf weißem Grund zumeist um vereinfachende Ausstattungen von Neben-
räumen handelt, die im Kontext mit den dunkel grundigen Haupträumen entstanden, vgl.
Zimmermann, Chronologie. So ergeben sich Datierungen überwiegend aus den Bau-
phasen II-IV mit einem Schwerpunkt in Bauphase IV - der letzten vor der Zerstörung -
im 2. Viertel des 3. Jh. Ein Werkstattzusammenhang zahlreicher Malereien dieser Phase
bestätigt die Ergebnisse von Bauforschung und feldarchäologischen Untersuchungen
und sichert das neue Datierungsgerüst ab, vgl. Zimmermann a. 0.109-115. Für die sti-
listische und chronologische Bewertung der Mosaike, die Werner Jobst ebenfalls 1977
vorlegte (Jobst, Mosaiken), gelten im Prinzip die gleichen Eckdaten, wie in Ausarbei-
tung ist (s. Scheibelreiter, Kap. VIII.l). Für die offene und fruchtbare Diskussion al-

ler neuen Ergebnisse danke ich V. M. Strocka sehr herzlich, insbesondere, da er jüngst
noch teilweise Kritik geäußert hatte, mit der er »die neue Generation der Hanghausfor-
scherinnen und -forscher anspornen, ihre Argumente zu prüfen und zu differenzieren«
wollte (Strocka, Fresken, 298). Für die WE 4 bezogen sich seine Zweifel auf die Ab-
grenzung der Phasen II, III und IV in der Bauforschung und die unmittelbaren Folgen
für die Chronologie der Malereien (ebd. 294-297), wie sie bereits bei Thür, Chronolo-
gie, 52-60 und Zimmermann, Chronologie, 106, 109-113 dargestellt waren. Erfreuli-
cherweise konnten alle diese Zweifel bei einer neuerlichen Diskussion vor Ort im Sep-
tember 2003 ausgeräumt werden, und er schloß sich der hier dargestellten Bau- und Ma-
lereiabfolge an. Für ihre Mitarbeit bei der Sichtung und Dokumentation der Malerei-
fragmente danke ich ferner M. Aufschnaiter, E. Juen und E. Pieler.
4 Ihre Malereien wurden während der Ausgrabung vor Ort vom Mauerwerk gelöst und
wenn möglich schichtenweise geborgen. Von ihnen ist bislang erst ein kleiner Teil re-
stauriert, die übrigen (ca. 27 m2) sind noch provisorisch gesichert (immerhin ca. 12 m2
davon an der Oberfläche, so daß sie derzeit nicht sichtbar sind). Daher stehen von vielen
Sturzmauern nur Grabungsphotos zur Verfügung. Strocka, Wandmalerei, 138-140
Abb. 457^464, stellte exemplarisch sechs größere Sturzmauern vor, darunter keine aus
WE 4.
5 Es fehlen meist genauere Angaben (Himmelsrichtung, Höheneinmessungen oder
Schichtbezeichnungen). Daher können oft nur sehr zurückhaltend Rückschlüsse aus den
Fragmenten gezogen werden. Die schwankende Funddichte der Fragmente könnte ne-
ben der starken Hanglage auch aus der Grabungsmethode resultieren. Strocka, Wand-
malerei, 138 f. Abb. 444—456, stellte eine Auswahl von Fragmenten aus zehn Räumen
vor, darunter auch eine Auswahl aus WE 4 auf Abb. 455.
6 Siehe auch Anm. 11 und 45. Es wäre im Bereich der WE 4 möglich, daß solche Frag-
mente aus dem Schutt oberhalb der erhaltenen Mauerstrukturen stammen, deren Freile-
gung immer erst die Vergabe einer Raumnummer mit sich brachte.

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