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Fiedler, Karl Gustav
Reise durch alle Theile des Königreiches Griechenland: in Auftrag der Königl. Griechischen Regierung in den Jahren 1834 - 1837 (Band 1): Mit 6 lithographirten Ansichten — Leipzig, 1840

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https://doi.org/10.11588/diglit.9173#0161
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Die Kastalische Quelle.

Am Eingänge dieser Felsenschlucht ist rechts eine hohe
breite Felsenwaiid senkrecht und eben behauen; in ihr zeigen
sicli zwei kleine und darunter eine grössere Votiv-Nische.
Dieser Wand gegenüber führen vier Stufen, in dem rothen
eisenkieselig thonigen Gestein ausgearbeitet, zu einem ein Paar
Lachtet- breiten, länglich viereckigen Bassin,; sie sind so lang
wie dieses. In diesem Wasserbehälter, der wenig über 1 Fuss
tief ist, quillt reichlich zwischen grüner Brunnenkresse herr-
liches, klares, frisches Wasser, iliesst zur linken Seite ab und
bildet den kleinen Bach vor dem Eingang in die Felsenschlucht.
Es ist diess die heilige Kastalische Quelle, in welcher
sich die Pjthia oft durch ein kaltes Bad zum Wahrsagen vor-
bereitete oder wenigstens zuvor mit diesem Wasser waschen
musste; es diente den Priestern und den Befragenden zur
Reinigung. Diese Quelle entspringt hier an Ort und Stelle;
ob sie ihr Wasser dem auf dem Parnassos befindlichen See
verdanke, wie die meisten Reisenden annehmen, ist schwer
nachzuweisen; auch bedarf es keines See's, um bei einem Ge-
birge, wie der Parnassos ist, einer massigen Quelle den Ur-
sprung zu geben. Die Iliuterwand des Bassins ist von dem
darüber, wie gesagt, senkrecht niedergehauenen Felsen aus-
gespart (stehen gelassen) worden; sie ist etwa Mannshoch (über
dem Bassin) und war noch vor wenig Jahren längs hin mit
Steinplatten bedeckt, die aber jetzt von den Dorfbewohnern
weggeholt sind, denn hinter ihr ist ein enger Gang, in wel-
chem nur eben ein schlanker mittelgrosser Mensch durch-
schlüpfen kann, ausgehauen; er geht einige Schritte links
(nördlich) von der Quelle wie ein kleiner Such- oder Wasser-
stolln zu Tage aus, rechts ist er im Felsen fortgetrieben, wie
die Leute behaupten, von hier bis an jene sonderbare Wand
mit den vielen Löchern, welche ich früher beschrieb, wo man
die angekommenen Fremden ausgehorcht haben soll; er war
über die Hälfte voll eingespülter Erde; als ihn einige Be-
wohner von Kastn vor einigen Jahren so weit, als das Bassin
 
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