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Fiedler, Karl Gustav
Reise durch alle Theile des Königreiches Griechenland: in Auftrag der Königl. Griechischen Regierung in den Jahren 1834 - 1837 (Band 1): Mit 6 lithographirten Ansichten — Leipzig, 1840

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https://doi.org/10.11588/diglit.9173#0177
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DIE BELAGERUNG

dant ging zu denen, welche das Meiste zu verlieren hatten,
und rufte sie auf, die Waffen zu ergreifen, um ihre Fami-
lien, Hab und Gut zu vertheidigen, und stellte ihnen vor,
dass sie von den Rebellen auf keinen Fall geschont würden,
wenn sie sich ihnen auch gutwillig ergäben. Er liess Gene-
ralmarsch schlagen, es erschien aber niemand, niemand half
die Lücken der zerfallnen Brustwehr ausfüllen. Der Com-
mandaiit war die ganze Nacht auf dem Platze, hielt die Brust-
wehr bewacht und Ordnung in der Stadt.

7 teil. Ein Häuptling der Rebellen, Nikolas Zerwas,
rückte mit 2 Fahnen aus Agrlnio (Wrachori) und proklamirte
allgemeinen Aufstand. Der Commandant beruhigte einige Un-
zufriedene durch Vorschüsse. Der Capitain Lampro Kantzo,
einer der wackersten Sulioten, welcher in der Nähe detachirt
war, rückte mit 40 Mann leichter Truppen ein, lauter zuver-
lässige Leute. Des Abends wurde Generalmarsch geschlagen,
es erschien aber keiner der Einwohner. Der Commandant
war die ganze Nacht auf dem Platze.

8ten. Flüchtlinge aus dem 2 St. von Missolonghi ent-
fernten Dorfe Wochori kamen an und verkündeten die Annä-
herung der einige Hundert Mann starken Rebellen mit 2 Fah-
nen, meist alte Räuber und Hirten, unter Anführung des Ni-
kolas Zerwas und Georgakis Malonaes.

Der Commandant liess die in Missolonghi befindlichen
Offiziere zu sich rufen und sprach zu ihnen: „ Cameraden!
wir haben zwar dem König bereits Treue geschworen, schwört
mir aber noch besonders, Missolonghi bis zum letzten Augen-
blick zu vertheidigen und Euch lieber mit mir unter den
Trümmern begraben zu lassen, als den Platz den Rebellen zu
übergeben." Dann zog der hochherzige Almeida seinen Sä-
bel, welchen ihm der um Griechenland so verdiente Oberst
Favier (später General) als das grösste Zeichen seiner Ach-
tung beim Abschied gegeben hatte. Alle schwuren mit ihren
Säbeln auf diese Klinge Treue bis in den Tod. Dieser Act,
dem die wenigen Soldaten zusahen, machte tiefen Eindruck,
und jeder, als dem Tode geweiht, fühlte sich stärker und
 
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