Drittes Buch. Zweytes Kapitel. i6r
ernstliche Ermahnungen sich nicht zu gramen.
Beydes geschah iudeßen in reichlichem Maße
von Miß Betty. Der Doctor hingegen ge-
brauchte jedes Mittel welches gleichsam eine»
Schleyer über unscrn Schmerz ziehen und ange-
nehmere Bilder in die Seele meiner Theuern
rufen konnte. Er bemühete sich die vermuthete
lange Dauer meiner Abwesenheit dadurch zu
verkürzen, daß er von Dingen redete, die noch
weiter entfernt waren. Er sprach unter andern
von einem neuen Baue seines Pfarrhaußes, den
er übers Jahr vorhabe, und wozu ich den
Grundstein legen sollte, und so brachte er eine
Menge Dinge aufs Tapet, die auf uns beyde
eine gute Würkung thaten.
Emilie sprach nur wenig und ihre Thranen
stoßen reichlicher als ihre Worte; doch schien sie
entschloßen, ihr Leiden mit Gelaßenheit zu er-
tragen. Aber als die fürchterlichste Nachricht
kam, daß die Pferde bereit wären, und ich,
nachdem ich von allen Abschied genommen hatte,
mich endlich ihr näherte — da war sie nicht
fähig den Kampf mit der Natur länger auszu-
halten. Sie schlang sich um meinen Hals und
rief: Leb wohl, leb ewig wohl, nie, nie werde
ich dich Wiedersehen. Bey diesen Worten ver-
ließ das Blut ihre lebhaften Wangen, und sie
ward in meinen Armen zur leblosen Statäe.
Emilie blieb so lange ohne Bewegung, daß
der Doctor und Mistreß Harris in die größten
L
ernstliche Ermahnungen sich nicht zu gramen.
Beydes geschah iudeßen in reichlichem Maße
von Miß Betty. Der Doctor hingegen ge-
brauchte jedes Mittel welches gleichsam eine»
Schleyer über unscrn Schmerz ziehen und ange-
nehmere Bilder in die Seele meiner Theuern
rufen konnte. Er bemühete sich die vermuthete
lange Dauer meiner Abwesenheit dadurch zu
verkürzen, daß er von Dingen redete, die noch
weiter entfernt waren. Er sprach unter andern
von einem neuen Baue seines Pfarrhaußes, den
er übers Jahr vorhabe, und wozu ich den
Grundstein legen sollte, und so brachte er eine
Menge Dinge aufs Tapet, die auf uns beyde
eine gute Würkung thaten.
Emilie sprach nur wenig und ihre Thranen
stoßen reichlicher als ihre Worte; doch schien sie
entschloßen, ihr Leiden mit Gelaßenheit zu er-
tragen. Aber als die fürchterlichste Nachricht
kam, daß die Pferde bereit wären, und ich,
nachdem ich von allen Abschied genommen hatte,
mich endlich ihr näherte — da war sie nicht
fähig den Kampf mit der Natur länger auszu-
halten. Sie schlang sich um meinen Hals und
rief: Leb wohl, leb ewig wohl, nie, nie werde
ich dich Wiedersehen. Bey diesen Worten ver-
ließ das Blut ihre lebhaften Wangen, und sie
ward in meinen Armen zur leblosen Statäe.
Emilie blieb so lange ohne Bewegung, daß
der Doctor und Mistreß Harris in die größten
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