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Friedländer, Max J. [Hrsg.]; Falke, Otto von [Hrsg.]; Verlag Paul Cassirer <Berlin> [Hrsg.]; Artaria und Compagnie <Wien> [Hrsg.]; Auktionshaus für Altertümer Glückselig <Wien> [Hrsg.]
Die Sammlung Dr. Albert Figdor, Wien (Band 1,3): Gemälde — Berlin, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.5643#0017
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WER DEN WIENER SAMMLER GEKANNT HAT, ZU DESSEN HINTERLASSEN-
schaft die hier verzeichneten Gemälde gehören, weiß, daß dem Verfasser
des Kataloges nicht viel zu tun übrig gelassen war. Albert Figdor lebte
durch Jahrzehnte in und mit seiner Sammlung, empfing oft kenntnis-
reiche Gäste, zeigte und erklärte die unendliche Fülle der Gegenstände,
verstand es auch, zu fragen, sich zu erkundigen und zu hören. Er er-
forschte, merkte sich und notierte alles, was irgendwie zur Aufklärung
in bezug auf Ort und Zeit, auf Sinn und Bedeutung eines jeden Kunst-
werkes beitragen konnte. Mit enthusiastischem Gefühle für Kunstwerte
verband er eine ernste Neigung zu antiquarischer Gelehrsamkeit.
Figdor war kein Bildersammler im eigentlichen Sinne. Die Gemälde gal-
ten ihm nicht als Mittel der Dekoration, auch nicht als die Schöpfungen
berühmter Meister, vielmehr fügten sie sich bescheiden ein in den Or-
ganismus seines Besitzes, berichteten und zeugten, wie die Möbel, die
Bildwerke, wie der Hausrat, von dem Leben der Vergangenheit—nicht
nur mit Form und Farbe, sondern auch mit dem Inhalt. Ein gemüt-
volles, drolliges oder drastisches Motiv, selbst ein dargestelltes Möbel
oder Gerät konnte ihm ein Gemälde begehrenswert machen. Wie er
Speisegeräte und Trinkgefäße sammelte, freute er sich, in einer bildli-
chen Darstellung zu sehen, wie die Menschen in jener Zeit und in je-
nem Lande die Gefäße ergriffen, das Gerät benutzten. So beseelten sich
ihm die toten Überbleibsel. Und doch sind die Bilder, die im Dickicht
der unerschöpflich reichen und mannigfaltigen Sammlung kaum bemerkt
wurden, mehr als bildliche Anekdoten oder kulturgeschichtliche Illustra-
tionen, weil ein Kunstkenner von verfeinertem und empfindlichem Ge-
schmack sie gewählt hat.

Die Bilder sind zumeist namenlos, und sicherlich ist keines des Namens
wegen in die Sammlung aufgenommen worden. Von dem bedenklichen
Aberglauben, der Abgötterei, die gegenwärtig mit den Autornamen ge-
trieben wird, war dieser skeptische und urteilsfähige Kunstfreund völlig-
frei. Und noch ein Vorzug, für den das Verständnis zu dämmern beginnt:
die Gemälde sind gut erhalten, nämlich nicht verschönt, ergänzt oder
gefällig gemacht. Mit tiefer Ehrfurcht vor dem Originale verabscheute
Figdor jede Restaurierung, die über die Schonung des erhaltenen Be-
 
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