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Die Altartafel

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meist der englische Gruß) in der Reg’el von geringer Bedeutung, sie
werden deshalb auch in geringerer Technik, meist Leimfarben, aus-
gefiihrt. In diesem Falle ist es ganz klar, daß die Altartafel bei dem
Bildschnitzer bestellt worden ist, der dann clie wenigen Gemälde (es
kommt gewöhnlich noch der Schmuck des Fußes hinzu) einem Maler
iibertragen hat, demselben, den er wohl brauchte, um die geschnitzten
Figuren zu fassen, d. h. farbig zu bemalen und zu vergolden.

Sind aber die beiden Flügel auch auf der Innenseite für Malerei
bestimmt, sollen sie also künstlerisch so hervorragen, daß sie den
Bildwerken des Schreins gleichwertig sind, sind sie unter Umständen
sogar das künstlerisch Wichtigste an der ganzen Altartafel, dann hat
wahrscheinlich der Maler den Auftrag für das ganze Werk erhalten,
der die wenigen Schnitzereien des Schreins an einen selbständigen
Bildschnitzer weitervergibt, wohl kaum an einen Bildschnitzer-
gesellen, den er fiir die Dauer der Arbeit in seiner eigenen Werkstatt
beschäftigt. Ob der Auftrag dem Maler allein oder dem Maler und
Bildschnitzer getrennt übertragen wird, hängt ganz wesentlieh von
dem Besteller ab.

2. Bei einer Altartafel mit v i e r F i ii g e 1 n ist die Arbeit des
Malers schon viel umfangreicher als die des Bildschnitzers, auch wenn
die Innenseiten des ersten Flügelpaares noch mit Holzreliefs ge-
schmückt sind. An Bedeutung überragt die Arbeit des Malers die des
Bildschnitzers auf jeden Fall dann, wenn nur der Schrein Schnitz-
arbeit enthält. In diesem Fall ist es der Maler, der den Auftrag für
clie ganze Altartafel empfängt. Er verdingt die Schnitzarbeiten selb-
ständig weiter.

3. Bei einer Altartafel mit sechs Fliigeln, einem jener
Prachtwerke, wie ihn am Ausgang des Mittelalters jede Pfarr- oder
Klosterkirche auf ihrem Plauptaltar stehen hatte, ist die Zahl der Ge-
mälde so groß (auf den Flügeln mindestens acht) und die Arbeit des
Malers gegenüber der des Bildschnitzers so gewaltig, daß die Bestel-
lung des ganzen Werkes naturgemäß bei dem Maler erfolgt.

Doch auch wenn der Maler die meiste Arbeit zu verrichten hat,
hängt es doch immer vom Besteller ab, ob das ganze Werk oder
nur die Malerarbeit dem Maler iibertragen wird. Und zwar richtet
es sich hauptsächlich danach, wer der Besteller ist und ob er an
demselben Orte wie der Maler wohnt. Ist er ein Auswärtiger, sind
es vor allem mehrere, die als Vertreter einer Gesamtheit, einer Pfarr-
gemeinde oder eines Mönchsordens, ein solches Werk bestellen, so
 
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