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Flechsig, Eduard
Albrecht Dürer: sein Leben und seine künstlerische Entwickelung (2. Band) — Berlin: G. Grote'sche Verlagsbuchhandlung, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.30442#0164
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Die Zeichnungen

Beweis, daß sie kurz nacheinander entstanden sind, was doch auch
schon an und für sich das Natürlichste ist.
Es sind noch zwei farbige Studien zu besprechen. Die erste ist
die Landschaft mit einem alten Schloß auf steilem
Felsen, der von einem Fluß bespült wird, in Bremen L. II, 108. Viel-
leicht auch ,,ein welsch schlos", wie die Zeichnung L. VI, 634 bei Frau
Blasius in Braunschweig, aber trotz dem verwandten Motiv in allem
Technischen ganz verschieden von dieser. Doch auch mit den anderen
Landschaften der ersten Reise nach Venedig hat dies Schloß wenig
Gemeinsames. Es wird also später sein. Und da wären zwei Möglich-
keiten. Entweder hat es Dürer auf der zweiten Reise, im Sommer
1505, gemalt, oder es ist gar kein welsches Schloß, dann wäre man
wegen der Entstehungszeit und der Örtlichkeit auf das Raten ange-
wiesen. Der Fluß, das rötlichbraune Gestein des Felsens, auf dem sich
die Burg erhebt und aus dem sie auch gebaut ist, gäben vielleicht einen
Anhalt. Uber die Wipfel der großen Laubbäume links oben scheinen
sich die Spitzen von Nadelbäumen zu erheben, wohl Fichten. Ich weiß
nicht, ob ein solcher gemischter Wald auch in Südtirol vorkommt.
Seiner Lage nach hat dies Schloß jedenfalls eine große Ähnlichkeit
mit dem Schlosse Runkelstein bei Bozen. Man vergleiche z. B. die
Abb. 52 in den Kunstdenkmälern Südtirols von Jos. Weingartner,
3. Bd., 2. Teil. Kommt aber Südtirol nicht in Frage, so suchen wir
dieses Schloß am besten erst einmal in Franken, z. B. im Altmühltal.
Dieselbe Schwierigkeit sowohl wegen der Bestimmung der Örtlich-
keit wie auch wegen der davon abhängenden Entstehungszeit bereitet
die kleine Zeichnung bei Frau Prof. Blasius in Braunschweig L. II,
132. Es ist ein Blick in ein hinten von hohen Bergen
abgeschlossen esTal. Wo soll man das suchen? In der Um-
gebung Nürnbergs doch nicht. Was sind das für Baumriesen im
Mittelgründe? Sie vor allem scheinen den Künstler gereizt zu haben,
diese Landschaft aufzunehmen. Auch hier möchte man an die zweite
Reise nach Venedig im Sommer 1505 denken. Auf dem Wege nach
dem Brenner muß Dürer durch Landschaften von solchem Charakter
gekommen sein. Ich glaube nicht, daß seine Studienausflüge sich auf
die nähere und weitere Umgebung Nürnbergs beschränkt haben. Aber
wir wissen von weiteren Reisen, z. B. nach Oberbayern, nicht das
geringste. Daß das Blatt auf einer Reise entstanden ist, dafür scheint
auch sein unfertiger Zustand zu sprechen. Die Zeit zum Fertigmachen
hat gefehlt. Rechts ist eine große Stelle leer gelassen, man sieht da nur
 
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