von Bonnard vor, die in Wirklichkeit auf Anhänglichkeit an gemeinfamen
Vorftellungen beruhte. In Wirklichkeit hing er, und zwar fklavifdi, nur
von feiner, unter heben Häuten verborgenen, Kindlichkeit ab. Ohne diefe
Einfalt wäre nie ein antikifdies Paftell, nie eine Ritterfzene aus dem Orlando
geglückt, und obwohl er ftets mit poffierlidier Gelehrtheit die Herkunft
feiner Legenden zu belegen und jedem Akteur feiner farbigen Spiele einen
Namen zu geben wußte, bedurften wir für unferen Genuß nichts anderes als
der Freude an Farbe, an Regung, an Leben. Der ganze Legendenkram war
eine Maske um feine Jugend. So belanglos für uns die Verkleidung war —
ebenfo belanglos wie die füße Palette, in die Renoir fein Arkadien hüllte,
oder wie das Arkadien für die Palette Renoirs - für ihn felbft konnte die
Maske drückend werden und wurde es. Denn er fah fie ja nicht mit unferen
entzückten Augen. Nur franzöfifche Künftler bringen es fertig, fidi felbft fo
zu genießen, wie andere ihre Werke genießen. Den Deutschen quält immer
Unzufriedenheit, Sehnfu dit nach Fortgang und Entwicklung, und das geruhige
Sidiausdehnen innerhalb von Entwicklungsphafen, das wir bei Franzofen als
glückliches Erbe preifen, gilt dem Deutfchen bei lieh zu Haufe als unerlaubte
Exploitation. Und er hat mit feiner Unruhe ebenfo recht wie der andere mit
feiner Gelaflenheit.
In diefen neuen Landfchaften geht ein junger Menfdi einer von keiner
lyrifdien oder dramatifdien Handlung bewegten Natur nach. Die Jugend
folgern wir aus dem fiditbaren Vertrauen auf die Welt, denn nur ganz un-
getrübte Zuverficht ift imftande, die Natur mit diefer Schlichtheit, fo harmlos,
fo natürlich zu nehmen. Das Unverdorbene iftder holdefteBefitz diefer Bilder.
Diefen Menfdien haben feine heben Häute vor Manier und Routine bewahrt,
auch vor all den proplematifdien Gefchichten, die heute jeden Malerzu krampf-
haften Auseinanderfetzungen mit der Umwelt treiben. Er malt nicht, um zu
proteftieren, fondern zu feinem Vergnügen. Zu dem Vergnügen aber gehört
eine Differenzierung des Reizes, die fidi dem Betrachter allmählich erfdiließt,
und hier erweift fidi, warum K. nicht fo jung fein kann, denn dies raffinierte
Wahlvermögen, das den fdieinbar harmlofen Landfchaften die Nuance ver-
leiht, erwächft nur aus der Kennerfchaft eines gereiften Künftlers.
Kloffowfki hat die Regungen, die in Dießen am Ammerfee Geftalt wurden,
fo wenig in dem hübfchen bayrifdien Neft gefunden wie fein Vorgänger Renoir,
der dort als Galt eines deutfchen Sammlers 1910 eine Reihe fdhöner und keines-
wegs oberbayrikher Bilder gemalt hat. Er hat die Regungen mitgebradit. Wie
feine Idyllen und Legenden wurden auch diefe erftaunlidi fachlichen Land-
fchaften, in denen man die Stelle, wo die Staffelei ftand, bezeichnen zu können
glaubt, nicht unmittelbar nach der Natur gemalt, fie entwanden im Wefent-
lidien aus dem Kopf, par coeur, wie van Gogh zu fagen pflegte.
Anfätze zu foldien Par-coeur-Realitäten hat K. Khon oft unternommen,
und die Ausheilung bringt einige von ihnen. Nie, glaube ich, ließ er fidi fo
weit mit der Natur ein, fo entbunden von allen engeren franzöfifchen Re-
minifzenzen und mit diefer Fruditbarkeit. Die Ader dürfte nicht fobald wieder
verfiegen. Schenkt fie uns einen neuen Landfehafter? Wir könnten ihn
brauchen wie das liebe Brot. Idi glaube, es ift wieder nur ein verkappter
Dichter, und der foll uns noch hundertmal willkommener fein.
Otto v. Holten, Berlin C.
Vorftellungen beruhte. In Wirklichkeit hing er, und zwar fklavifdi, nur
von feiner, unter heben Häuten verborgenen, Kindlichkeit ab. Ohne diefe
Einfalt wäre nie ein antikifdies Paftell, nie eine Ritterfzene aus dem Orlando
geglückt, und obwohl er ftets mit poffierlidier Gelehrtheit die Herkunft
feiner Legenden zu belegen und jedem Akteur feiner farbigen Spiele einen
Namen zu geben wußte, bedurften wir für unferen Genuß nichts anderes als
der Freude an Farbe, an Regung, an Leben. Der ganze Legendenkram war
eine Maske um feine Jugend. So belanglos für uns die Verkleidung war —
ebenfo belanglos wie die füße Palette, in die Renoir fein Arkadien hüllte,
oder wie das Arkadien für die Palette Renoirs - für ihn felbft konnte die
Maske drückend werden und wurde es. Denn er fah fie ja nicht mit unferen
entzückten Augen. Nur franzöfifche Künftler bringen es fertig, fidi felbft fo
zu genießen, wie andere ihre Werke genießen. Den Deutschen quält immer
Unzufriedenheit, Sehnfu dit nach Fortgang und Entwicklung, und das geruhige
Sidiausdehnen innerhalb von Entwicklungsphafen, das wir bei Franzofen als
glückliches Erbe preifen, gilt dem Deutfchen bei lieh zu Haufe als unerlaubte
Exploitation. Und er hat mit feiner Unruhe ebenfo recht wie der andere mit
feiner Gelaflenheit.
In diefen neuen Landfchaften geht ein junger Menfdi einer von keiner
lyrifdien oder dramatifdien Handlung bewegten Natur nach. Die Jugend
folgern wir aus dem fiditbaren Vertrauen auf die Welt, denn nur ganz un-
getrübte Zuverficht ift imftande, die Natur mit diefer Schlichtheit, fo harmlos,
fo natürlich zu nehmen. Das Unverdorbene iftder holdefteBefitz diefer Bilder.
Diefen Menfdien haben feine heben Häute vor Manier und Routine bewahrt,
auch vor all den proplematifdien Gefchichten, die heute jeden Malerzu krampf-
haften Auseinanderfetzungen mit der Umwelt treiben. Er malt nicht, um zu
proteftieren, fondern zu feinem Vergnügen. Zu dem Vergnügen aber gehört
eine Differenzierung des Reizes, die fidi dem Betrachter allmählich erfdiließt,
und hier erweift fidi, warum K. nicht fo jung fein kann, denn dies raffinierte
Wahlvermögen, das den fdieinbar harmlofen Landfchaften die Nuance ver-
leiht, erwächft nur aus der Kennerfchaft eines gereiften Künftlers.
Kloffowfki hat die Regungen, die in Dießen am Ammerfee Geftalt wurden,
fo wenig in dem hübfchen bayrifdien Neft gefunden wie fein Vorgänger Renoir,
der dort als Galt eines deutfchen Sammlers 1910 eine Reihe fdhöner und keines-
wegs oberbayrikher Bilder gemalt hat. Er hat die Regungen mitgebradit. Wie
feine Idyllen und Legenden wurden auch diefe erftaunlidi fachlichen Land-
fchaften, in denen man die Stelle, wo die Staffelei ftand, bezeichnen zu können
glaubt, nicht unmittelbar nach der Natur gemalt, fie entwanden im Wefent-
lidien aus dem Kopf, par coeur, wie van Gogh zu fagen pflegte.
Anfätze zu foldien Par-coeur-Realitäten hat K. Khon oft unternommen,
und die Ausheilung bringt einige von ihnen. Nie, glaube ich, ließ er fidi fo
weit mit der Natur ein, fo entbunden von allen engeren franzöfifchen Re-
minifzenzen und mit diefer Fruditbarkeit. Die Ader dürfte nicht fobald wieder
verfiegen. Schenkt fie uns einen neuen Landfehafter? Wir könnten ihn
brauchen wie das liebe Brot. Idi glaube, es ift wieder nur ein verkappter
Dichter, und der foll uns noch hundertmal willkommener fein.
Otto v. Holten, Berlin C.