OSKAR SCHLEMMER
Oskar Schlemmer ist voller Figur. Von ihr geht er aus, bei ihr mün-
det seine bisher fünfzehnjährige Arbeit. Diese Figur war zuerst auf
charakterisierende Akzente gestellt bis zur Karikatur, wurde geo-
metrisierend bis zum Ornament, teilweise mit mathematischen Hilfs-
konstruktionen, und stieg bis zur gefühlsmäßig neutralen, zeitlosen,
aber höchst aktuellen Ausformung des Menschen im Sinne Seurat'
scher Klassizität. Der Weg führte von Dada über surrealistische
Abgründe zur klassischen Form, soweit man angesichts einer neuen
Bewußtseinslage einen historischen Ausdruck zur Angabe der Weg-
richtung gebrauchen darf. Seine Figuren sind klassisch im Sinne
eines absoluten Gleichgewichts von Gehalt und Form, Leben und
Gesetz. Vital und gebaut, aktiv und doch gebunden, tatsächlich und
hintergründig, räumlich und in die Fläche gebunden, weil Schlemmer
von den Gesetzen der Wirklichkeit ebensoviel weiß wie von denen
der Kunst. Diese Polarität bleibt im Bild fühlbar und zwingt den
Maler zu immer neuen Bildfassungen und Anläufen, zu wissenschaft-
licher und künstlerisch-intuitiver Konzentration, zu Mathematik und
Symbol, bis am Ende der Mensch als freies Wesen dem Schicksal
Bild erliegt und mit ihm ein neues Leben eingeht. Schlemmers
figurale Phantasie läßt eine Welt von Menschen erstehen, von einer
körperlich-tänzerischen Vollkommenheit, die den Geist in sich begreift.
Nur daß dieser kein tintenklecksender, sondern ein Nietzschescher
ist, der alle Vorzüge der Vorurteilslosigkeit und der Verantwortlich-
keit besitzt. Seine Versuche im „Triadischen Ballett“ und auf der
Opernbühne halfen ihm, die Zusammenhänge zwischen Körper und
Geist für die Malerei neu erkennen.
Die Bilder Schlemmers sind die Verwirklichung eines Wunschtraumes.
So haben wir uns den Menschen dieses Jahrhunderts vorgestellt,
als eine Synthese von Freiheit und Bindung, Überlegenheit und Prä-
zision, Intuition und Vernunft. Er lebt vorläufig leider nur in ver-
einzelten Bezirken der Kunst. WILL GROHMANN
Oskar Schlemmer ist voller Figur. Von ihr geht er aus, bei ihr mün-
det seine bisher fünfzehnjährige Arbeit. Diese Figur war zuerst auf
charakterisierende Akzente gestellt bis zur Karikatur, wurde geo-
metrisierend bis zum Ornament, teilweise mit mathematischen Hilfs-
konstruktionen, und stieg bis zur gefühlsmäßig neutralen, zeitlosen,
aber höchst aktuellen Ausformung des Menschen im Sinne Seurat'
scher Klassizität. Der Weg führte von Dada über surrealistische
Abgründe zur klassischen Form, soweit man angesichts einer neuen
Bewußtseinslage einen historischen Ausdruck zur Angabe der Weg-
richtung gebrauchen darf. Seine Figuren sind klassisch im Sinne
eines absoluten Gleichgewichts von Gehalt und Form, Leben und
Gesetz. Vital und gebaut, aktiv und doch gebunden, tatsächlich und
hintergründig, räumlich und in die Fläche gebunden, weil Schlemmer
von den Gesetzen der Wirklichkeit ebensoviel weiß wie von denen
der Kunst. Diese Polarität bleibt im Bild fühlbar und zwingt den
Maler zu immer neuen Bildfassungen und Anläufen, zu wissenschaft-
licher und künstlerisch-intuitiver Konzentration, zu Mathematik und
Symbol, bis am Ende der Mensch als freies Wesen dem Schicksal
Bild erliegt und mit ihm ein neues Leben eingeht. Schlemmers
figurale Phantasie läßt eine Welt von Menschen erstehen, von einer
körperlich-tänzerischen Vollkommenheit, die den Geist in sich begreift.
Nur daß dieser kein tintenklecksender, sondern ein Nietzschescher
ist, der alle Vorzüge der Vorurteilslosigkeit und der Verantwortlich-
keit besitzt. Seine Versuche im „Triadischen Ballett“ und auf der
Opernbühne halfen ihm, die Zusammenhänge zwischen Körper und
Geist für die Malerei neu erkennen.
Die Bilder Schlemmers sind die Verwirklichung eines Wunschtraumes.
So haben wir uns den Menschen dieses Jahrhunderts vorgestellt,
als eine Synthese von Freiheit und Bindung, Überlegenheit und Prä-
zision, Intuition und Vernunft. Er lebt vorläufig leider nur in ver-
einzelten Bezirken der Kunst. WILL GROHMANN