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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 2.1927

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Lotz, Wilhelm: Plastik und Architektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.13210#0020
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des Abstrahieren noch ein ästhetisches Dar-
stellen, sondern es ist ein neues Schaffen,
das mit dem anregenden Motiv nur noch
wenig zu tun hat. (Abb. S. 5) Oder es
entstehen Formengebilde teils positiv, teils
negativ, die nicht slarre Form bleiben, son-
dern ausstrahlende Kraft. Und das Gegen-
einanderwirken wird wieder Form. (Abb.
S. 3) So ist die plastische Schöpfung
nicht starrgewordene lolc Form, sondern
bleibt lebendig, immer wieder sich auswir-
kend. Stellt man ein Akanthusblatt der
besten griechischen Zeit neben ein römi-
sches, so kann man beobachten, wenn man
noch Empfänglichkeit für solche formalen
Werte hat, wie das griechische sich bestän-
dig in leichter nie starr werdender Bewe-
gung befindet, während das römische ver-
steinert und tot geworden ist. Ähnlich blei-
ben auch die Gies'schen Schöpfungen stets
lebendig, stets im Fluß. Die Figur wird zu
einem Organismus von Spannungen, hier
bei der abgebildeten Figur stellen das
weiche Umschließen, das ängstliche Zusam-
menkrallen viel feinere Werte einer leben-
digen Bewegung dar, als die Ornamente, die
mit industriellen Vorgängen eine innere
Verbindung haben (Abb. S. 7).

Diese plastischen Arbeiten, in Eisenklinker
gebrannt und in ein Mauerwerk eingelassen,
sind Schöpfungen, unabhängig von der
Struktur der Architektur, sie haben ihre
Eigenstruktur, sie stehen in der Wand wie
ein gutgehängtes modernes Gemälde.
Aus ganz bestimmter Absicht zeigen wir zu-
sammen mit diesen Schöpfungen Details
von Bauten Fritz Högers, weil hier eine pla-
stische Belebung der Außenarchitektur in
einem neuen Sinn sich geltend macht. Für
Höger gibt es keine glatten, abgeschnittenen
Flächen, er haßt den toten, unlebendigen
Zwischenraum, er will die notwendige Fül-
lung mit ihren eigensten Werten beleben.
Es ist ein ähnliches Auflösen wie in der
Gotik. Die Wand soll nicht zweckhaftes
Zwischenglied, sondern Struktur sein.
Aber nicht Struktur im Sinne statischen
Aufbauens, sondern man möchte fast sagen
im Sinne von Textilarbeit. Nicht uninter-
essant ist es, daß Höger liebevoller Sammler
alter wertvoller orientalischer Teppiche ist,
die für ihn Gegenstand eifrigen Studiums
sind. Wenn er seine Flächen und Pfeiler
sozusagen bemustert, — dieses Wort trifft
natürlich das Wesen der Sache hier nicht
— so ist es nicht Überziehen eines Grundes

GARTENMAUER IN NETZMAUERWERK AUS HANDSTRICHKLINKER (REHBRAUN BIS ROSTBRAUN)

VON FRITZ HÖGER. HAMBURG

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