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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 8.1933

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Umlauf, J.: Reichsbankbau und Städtebau
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https://doi.org/10.11588/diglit.13209#0279
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worden war, wurde wieder aufgehoben. In dieser Situation
fiel Mitte Juli die Entscheidung des Preisgerichtes. Bis heute
ist eine weitere Förderung des Bauvorhabens von seifen der
Reichsbank nicht erfolgt.

Die Aufgabestellung des Wettbewerbs

Die Wettbewerbsausschreibung gab ein sehr genaues Raum-
programm. Als Grundlage hierfür diente der fertig vor-
liegende Entwurf des Reichsbankbaubüros. Eine Bekannt-
gabe dieses ganzen Entwurfs als Unterlage für den Wett-
bewerb wurde abgelehnt. Der Bauplatz war genau um-
grenzt durch die Baufluchten bedeutungsloser Gäßchen auf
Grund mehr oder weniger zufälliger Besitzverhältnisse, die
jedenfalls beweisen, daß die zuständigen Stellen der Reichs-
bank ihre städtebauliche Verantwortung nicht gesehen haben.
Der § 11 wies darauf hin, „daß die Stadt die Absicht habe,
im Laufe der Zeit die Jägerstraße durch das Gelände der
Münze über die Spree hinweg bis zum Schloßplatz weiter-
zuführen. Diesem Umstand soll bei der Entwurfsbearbeitung
Rechnung getragen werden, und zwar kann die Möglichkeit
einer späteren Erweiterung bis zur verlängerten Jägerstraße
oder die Anlage eines freien Platzes zwischen der Holzgarten-
straße und der verlängerten Jägerstraße angenommen
werden". Dieser Absatz bildete den einzigen Hinweis auf die
städtebaulichen Probleme der Aufgabe und wurde noch
wesentlich abgeschwächt durch eine Antwort, die auf eine
der 110 Rückfragen der Teilnehmer erteilt wurde, die behaup-
tete, „in erster Linie kommt es natürlich auf den Eindruck an,
den der Erweiterungsbau machen wird, solange die Häuser
auf der anderen Seite der Holzgartenstraße noch stehen"(!)

Die Ausschreibung verlangte also innerhalb von 2y2 Monaten
von den Teilnehmern die Lösung des ganzen, eingangs ge-
schilderten umfangreichen Fragenkreises, ohne sie durch
irgendeine Vorarbeit zu unterstützen. Mit Rücksicht auf die
kurze Bearbeitungszeit, auf die man den Wettbewerb be-
schränken zu müssen glaubte, ist es unverständlich, wenn man
die ehrliche Absicht der ausschreibenden Stelle, eine bessere
als die vorhandene Lösung zu erzielen voraussetzt, daß die
vorhandenen Projekte des Reichsbankbaubüros nicht bekannt-

gegeben wurden. Vor allem aber bedeutete die „Freiheit",
die die Ausschreibung den Teilnehmern in städtebaulicher Hin-
sicht ließ, eine übermäßige Belastung.

Gegen diese Ausschreibung erhoben sich, ebenso wie
gegen die Auswahl des Teilnehmerkreises sofort schwer-
wiegende Vorwürfe. Unter anderem schrieb Prof. Tessenow
am 4. März in der Deutschen Zeitung: „Sie (die Teilnehmer-
liste) ist auf eine Art Lotteriespiel eingestellt, auf ein gewisser-
maßen ganz vages Versuchen und sogar vielleicht auf weniger
als das. Jedenfalls entspricht die eigenartige Unbestimmtheit
dieser Liste durchaus der eigenartigen Unbestimmtheit des
Ausschreibens überhaupt, mit dem sozusagen zwischen den
Zeilen den eingeladenen Architekten empfohlen wird, ihre
Arbeit nicht gar zu ernst zu nehmen, denn das Reichsbank-
direktorium habe in langer Arbeit einen Entwurf bereits fertig-
gestellt, demgegenüber es etwas lächerlich sei, etwa an-
zunehmen, man könne ihn mit einer neuen, zwei- oder drei-
monatigen Lösung übertrumpfen."

Diese Umstände ließen von vornherein keine großen Hoff-
nungen auf der Leistung dieses Wettbewerbs aufkommen.

Die Ergebnisse des Wettbewerbs

Das Gutachten des Preisgerichts stellt fest, daß kein ein-
zelner der eingereichten Entwürfe in jeder Beziehung als so
überragend bezeichnet werden könne, daß er zur Ausführung
empfohlen werden könnte. Andererseits könne der Vorentwurf
des Reichsbankbaubüros noch nicht als die baukünstlerische
Ideallösung dieser Aufgabe von hohem Rang betrachtet
werden. Die Anregungen des Wettbewerbs, die in der städte-
baulichen Eingliederung, der Grundrißbildung und dem äußeren
Aufbau liegen, würden erst dann Frucht bringen, wenn sie
in einer Neubearbeitung richtig ausgewertet würden. Obzwar
in der Ausschreibung 12 Auszeichnungen von je RM. 4000 für
die besten Arbeiten vorgesehen waren, sprach das Preisgericht
sie nur sechs Arbeiten zu.

Hier soll nicht noch einmal eine Auswertung der Wett-
bewerbsarbeiten im einzelnen gegeben werden. In dieser
Hinsicht kann auf die ausführlichen Veröffentlichungen anderer
Zeitschriften verwiesen werden (Baugilde, Heft 15 u. 16; Bau-

Abb. 2 a u. b. Lageplan der beiden
Entwürfe des Reichsbankbaubüros.
(Rechts der Kupfergraben, links neben
dem Neubau die alte Reichsbank.
Oben ist die Verlängerung der Jäger-
straße angedeutet.)

Links: Reichsbankentwurf A. Ein
30-Millionenbau, wenige Schritte vom
Zentrum Berlins entfernt; trotzdem
reicht sein Einfluß nicht über
die bedeutungslosen Gassen hinaus,
zwischen die er eingezwängt ist.
Rechts: Reichsbankentwurf B. Durch
die Niederleg ung des Blocks zwischen
dem Neubau und der Jägerstraße
wird der Bau an diese wichtige und zu-
kunftsreiche Straße angehängt. Typisch
zufällige Entstehung eines Platzes. Mit
der Gestaltung und der städtebau-
lichen Einbindung dieses Verlegen-
heitsproduktes befaßt sich der Ent-
wurf nicht.

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