FERDINAND HODLER
VON
ROBERT SCHWERDTFEGER
EIN VERSUCH MIT EINEM PRINZIPIELLEN VORWORT
:: UND EINEM NACHWORT AN DEN BESCHAUER ::
Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen
Und haben sich, eh man es denkt, gefunden;
Der Widerwille ist auch mir verschwunden,
Und beide scheinen gleich mich anzuziehen.
Es gilt wohl nur ein redliches Bemühen!
Und wenn wir erst in abgemeßnen Stunden
Mit Geist und Fleiß uns an die Kunst gebunden,
Mag frei Natur im Herzen wieder glühen.
So ist's mit aller Bildung auch beschaffen:
Vergebens werden ungebundne Geister
Nach der Vollendung reiner Höhe streben.
Wer Großes will, muß sich zusammenraffen;
In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister,
Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben.
(Goethe.)
DAS PRINZIP
Anschauung und Mittel kommen der Kunst aus der Natur; aber nur Un-
kunst ist so frivol, zu glauben, daß es möglich sei, das kosmische Vorbild zu
kopieren. Natur ist Summe, Kunst Resultat der Erscheinungen; niemals kann
es daher der Kunst beikommen, die Summe der Erscheinungen wiedergeben
zu wollen, denn dann wäre sie Natur.
Wohl kaum ist diese zum Gemeinplatz gewordene Erkenntnis je ernst-
haft angezweifelt worden; nur wurde nicht immer der Schluß daraus gezogen,
und da man zugeben mußte, daß die Natur nicht kopierbar sei, setzte man
sich hinter die Idee der Naturnachahmung, die sich am Einzelnen hält, da
das Ganze unerreichbar ist. Diese Idee wird wohl nie aufgegeben werden,
immer wieder plagt sich an ihr das künstlerische Schaffen, und die naive
Anschauung sieht sogar in der Nachahmung des Natürlichen, und sei sie
noch so unzulänglich, die wahre und erste Aufgabe aller Kunst.
VON
ROBERT SCHWERDTFEGER
EIN VERSUCH MIT EINEM PRINZIPIELLEN VORWORT
:: UND EINEM NACHWORT AN DEN BESCHAUER ::
Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen
Und haben sich, eh man es denkt, gefunden;
Der Widerwille ist auch mir verschwunden,
Und beide scheinen gleich mich anzuziehen.
Es gilt wohl nur ein redliches Bemühen!
Und wenn wir erst in abgemeßnen Stunden
Mit Geist und Fleiß uns an die Kunst gebunden,
Mag frei Natur im Herzen wieder glühen.
So ist's mit aller Bildung auch beschaffen:
Vergebens werden ungebundne Geister
Nach der Vollendung reiner Höhe streben.
Wer Großes will, muß sich zusammenraffen;
In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister,
Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben.
(Goethe.)
DAS PRINZIP
Anschauung und Mittel kommen der Kunst aus der Natur; aber nur Un-
kunst ist so frivol, zu glauben, daß es möglich sei, das kosmische Vorbild zu
kopieren. Natur ist Summe, Kunst Resultat der Erscheinungen; niemals kann
es daher der Kunst beikommen, die Summe der Erscheinungen wiedergeben
zu wollen, denn dann wäre sie Natur.
Wohl kaum ist diese zum Gemeinplatz gewordene Erkenntnis je ernst-
haft angezweifelt worden; nur wurde nicht immer der Schluß daraus gezogen,
und da man zugeben mußte, daß die Natur nicht kopierbar sei, setzte man
sich hinter die Idee der Naturnachahmung, die sich am Einzelnen hält, da
das Ganze unerreichbar ist. Diese Idee wird wohl nie aufgegeben werden,
immer wieder plagt sich an ihr das künstlerische Schaffen, und die naive
Anschauung sieht sogar in der Nachahmung des Natürlichen, und sei sie
noch so unzulänglich, die wahre und erste Aufgabe aller Kunst.