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NS-Frauen-Warte: die einzige parteiamtliche Frauenzeitschrift — 4.1935-1936

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Heft 12
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https://doi.org/10.11588/diglit.26619#0460
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Oie Wache

^^ie Klage einer Mutter um ihren Sohn, einer §rau um ihren Mann vernehmen nur öie Nächsten. Sie
vergeht mit öem Leben öer Hinterbliebenen. Aber öie Klage eines ganzen Volkes wirö von keinem
leichten Minö verwSht, wenn sie Männern gilt, öie ihr Vlut unter öer §ahne lassen.

Cs stanöen viele Mütter unö §rauen in öer Mitternacht vom 8. zum 9. November an öer §elöherrnballe, eine
öunkle jchweigenöe Mauer. Cs mochte öie Mutter unter ihnen sein, öeren Mann im Zelöe fiel, öeren einer
Sohn mit öem Schuljchiff „Niobe^ unterging unö öeren zweiter Sohn ein paar Wochen später zwischen öen
Varacken einer norööeutschen Aniversitätsstaöt von Kommunisten nieöergeschossen wuröe. Cs mochte öie Zrau
öabei sem, öie ihren Mann aufs Lanö schickte unö nicht ahnte, öaß er auch in öen Kerien OLenst tun würöe,
bis sie erfuhr: er war mit seinen SA-Kameraöen, über Lanö fahrenö, mit Steinen im LValöe erschlagen wor-
öen. Cs mochte wohl auch öie Frau unter öen Klammen vom hohen Pfeiler auf öen "Zug öer Lafetten warten,
öeren Mann mit unkenntlich zerschlagenem Gesicht aus einem Verliner Kanal gezogen wuröe, nachöem er für
HLtler in öer versammlung Dienst getan.

Oie Mitter unö Zrauen stanöen unö schwiegen. Llber ihren Köpfen begannen eine halbe Stunöe vor Mtternacht öie
Trommeln öer Arbeitsmänner öen Cotenwirbel zu rühren. Cs paraöierte mit aufgepflanztem Vajonett öie SS an
ihnenvorbei,unövorihrenAugenwuröenöie1oCoteninöie§elöherrnhallegetragenunövorje einehoheLlamme
gestellt. IeöerMutterSohn unö jeöer gefalleneMannirgenöwoimReichstiegmitöiesenlöCotenöieCreppenhin-
auf. Oann schob sich eine unöurchsichtjge Wanö von Zahnen zwischen öie im ergriffenen Schweigen verharrenöen
volksgenossen unö öie Halle. Oie Coten hinter öen §ahnen gehörten von öiesem Augenblick an öer Nation.

Oie Klage öerMftütter unö Zrauen wäre ein einsames menschliches Los geblieben, auch öie Klage um öie lS unö
ihresgleichen in öen anöeren Gräbern. Aber nun ist öer einzelnen Klage aufgenommen in öie Geöanken unö in
öas Leben öer ganzen Vlation. Man spielte öen Coten bei ihrer Aufbahrung keinen Choral unö keine Crauer-
weise, man ließ sie auch in öer lveihestunöe am 9.November ihren ewigen Posten unter öen Kampfwirbeln
öer Crommeln in öen beiöen Chrenhallen auf öem Königlichen Platz beziehen.

Cs rst öas eine anöere Werse öer Coten zu geöenken als bisher. Cs war ein triumphales Begräbnis,unö es voll-
zog sich so, wie öie Kämpfer, öie öer Zahne folgten, gestimmt waren. Sie sinö mit Solöatengesang in öas Mün-
öungsfeuer gegangen, so hat sie öas volk zum letztenmal gehört, so soll es sie immer wieöer vernehmen.

Vo sinö öie Coten öer französischen Revolution? Verstreut auf öen Zrieöhöfen, verscharrt in öen Gruben öer
Henker. wo blieben öie Coten öer russischen Revolution? Nur Lenin setzte man ein Graböenkmal, unö sein Ge-
birn zerschnitten öie Anatomen. Nur unsere Revolution versammelt öie Coten an königlicher Stelle unö läßt sie
Wache beziehen mitten in unserem Leben. Wenn man öen Coten öer Cermopglen einOenkmal setzte - öie Chren-
hallen am Cingang öes Königlichen Platzes in München mit öen eisernen Särgen weröen ebenso über Iahr-
tausenöe hin, öen unverwitterten Ruhm öeutscher helöischer Geschichte verkünöen.

Cs gibt Völker, öie müssen unö mußten von öer Größe jener Helöen zehren, öie nur noch auf öen Bilöern ihrer
Maler steben, nur noch in öen Oramen öer Oichter über öie Mbne schreiten. Auch wir hätten versinken können
zu einem solchen Volk, öas sich Helöentum in Cgmont, in Götz, in Prjnzen vonHomburg nur noch vorspielen läßt.
Ooch öer C^ö nom o.November batunsere Helöengemeinschaft erneuertunö einenCag hat sich öas nationalsozr'a-
liftische öeulsche Volk geschaffen, öer als „Allerhelöerv aus öem öeutschen Nalenöer nicht mehr gestrichen wirö.

Alles Spfer ift nab,unö öie Geopferten sinö unter uns. Sie sinö kerne Sage, sie sinö Allgegenwart. ftlnö wenn es
keinen Oichtcr geben würöe, ihre Chre mit ebenbürtigen Worten zu verkünöen, ihre eisernen Särge stehen öa unö
reöen uns an. Oer Mirer sagte es zu seinen Getreuesten, warum er öen Coten nicht öie übliche Ruhe gibt,
sonöern sie wache bezieben läßt: „Oa öas Volk sie nicht sehen wollte, sollen nun sie ewig ihr volk sehen."

Oie Ccten sebenunsanunö öurch uns hinöurch ausalles, was ausunseremvlutnochheraufkommt.vnihremRlick
istkeineCrauermebrunöihmsollkemeKlage mehrantworten,vor öiesem vlick sollen wirftehen unö ihrerwertsern.

Schwarz van Lerk
 
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