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NS-Frauen-Warte: die einzige parteiamtliche Frauenzeitschrift — 4.1935-1936

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Heft 6
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https://doi.org/10.11588/diglit.26619#0212
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hineinlausche in den fremöen Nlang, üann ist nur, als könnt^ ich
mich bei oiel Gedulö hinöurchfinöen auf ein gemeinsames ver-
stehen. lvenn ich die Lieder der bunder höre und den Tänzen
zuschaue, dann möchte ich mitsingen könner), nicht um ein Hrem-
des nachzuahmen, sondern weil mein Llut mitschwingt im
Lhgthmus verwandter Melodien. Vie Nordländer liegen jenseits
unseres Meeres. Manchmal aber glaube ich, dieses Meer ist nur
ein 5>ee iumitten eines gemeinsamen Reiches. lvir können die Loote
besteigen, uns besuchen an den Ufern, uns treffen auf den nahen
i)nseln, um ein Zest derörüderschaft zu feiern. lvenn ich an dieWun-
der der nordischen Länder denke, dann frage ich mich auch hier, war-
um sie nicht fremd sind, sondern verwandt, nahe, liebewert, warum
ich ;u ihnen stehe wie auch ;u Menschen, die meines Vlutes sind.

habe ich nicht andere Länder erlebt, die gesegneter sind mit
Lonne und himmel, Lüdländer, mit blauen Meeren, silbernen
Gestaden, Glhainen, weitzen palästen, rauschenden Vrunnen,
goldschimmernden Mosaiken, leidenschafttrunkenen Menschen?
lvarum war ich dort nur fremd und abseits und verlassen? lvarum
sehnte ich mich immer wieder heim nach den kleinen häfen mit
den Zischerbooten, nach den wortkargen Vauern unter stroh-
bedeckten häusern, nach der Lchlichtheit der hohen hallen in den
Vacksteindomen? Warum lockt mich alles Lüdliche nicht, es sei
denn, datz es mich nur fester an den llorden binde? vas llord-
land ist meine heimat, oiel tiefer heimat, als es dies Wort ;u
fassen vermag. vie biraft, die in mir lebt, sie kommt oon dieser
Lrde, aus diesem himmel, oon Urferne her. lloch immer nähre
ich mich aus diesen Llementen. llordisches Land! Grotzer, weiter,
stiller llaum! Warum denn liebe ich dich wie ein Wanderer, der
lang in der Zremde war, der sich heimgefunden hat, der alle Wege
und Ztege, alle Zluren und Ziedlungen wiedererkennt, weil sie
in früher lundheit eingetreten sind in sein Gedächtnis, weil ihre
Lilder mit ihm gewandert sind durch die ruhlose Zremde und
ihm vor 5lugen waren in allen seinen Träumen.

Warum? vie Untwort auf diese Zrage habe ich bei den Zor-
schern unseres volkstums gefunden. Ihre Linsichten, die die
ferne vergangenheit unserer llasse mehr und mehr aufhellen,
werden der Zukunft unseres Werdens llichtung geben. Wesent-
lich ist bei diesen umfangreichen Lrgebnissen die Tatsache, datz
unsere llasse aus dem llorden Luropas ihre herkunft hat. Zm
llorden haben unsere vorfahren die Urerlebnisse empfangen,
die unser wesen und unser ewiges Schicksal bestimmen. Zm Nor-
den, im Zahrtausende währenden llingen mit der Natur, wurde

^die ! ctz wevifctzen 2chäreic phoko: 3tcicic>-walö, l^rontturk a.M.

Die Olafsburg in ^innlanv, eine oon SlrornfchneUen umraufchte
Lrutzfefie aus dem vlittelalter photo: H. pffianv

unser Nlgthos geboren. Zm Norden hat sich unser volkstum ge-
bildet und nordisch ist es, trotz der Ginwirkungen fremder Nul-
turen, im tiefsn-n Grunde geblieben. Seine Sgmbole und Lräuche,
seine Grdnungen und Gestaltungen, die kein Lhristentum aus-
zulöschen oermocht hat, sind nordischer Nrt. Vie ein Nlensch ge-
leitet wird durch die Geschehnisse seiner Nindheit, so wird ein
volk bestimmt durch die Urerlebnisse der Nasse. Nlögen Zahr-
tausende vergehen! Im Llut leben die Lrinnerungen und werden
mit jeder Geburt weitergegeben von Geschlecht zu Geschlecht.
Wenn du heimkehrst in dein Ninderland, dann weitzt du mit
einemmal, was dich wahrhaft führte. vu erlebst die Gffenbarung
deines wirklichen Zeins und findest den Traum wieder, der
deinem Leben bestimmt war. Nlles Zremde und Zalsche fällt
von deinen Zchultern und du erkennst die Nufgabe, die dir ge-
setzt ist oon srühem Nnbeginn. 5o ist der Norden unser Ninder-
land. vie verführungen der fremden Nulturen, die hindernisse
der Vildung und verbildung, fallen oon uns ab. Wir haben die
heimat wieder, und die heimat schenkt uns die Nufgabe, die
einzige Nufgabe, die uns gestellt ist, unsere eigene Nrt auszu-
prägen in sichtbaren Grdnungen, in der Gestalt unseres Lebens
und durch die Zorm unserer Werke.

„ver Norden ruft! Zmmer hören wir die unaufhörlich hinter
uns und in uns zum eigenen Tun und Zelbstsein rufende und
mahnende Ztimme." (hans Väcker.)

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