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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 1.1905

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Kempf, Friedrich: Die Anfänge und bisherige Tätigkeit des Münsterbau-Vereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.2395#0015

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Kempf, Die Anfänge und bisherige Tätigkeit des Münsterbauvereins

auch die Wahl eines geschäftsführenden Ausschusses
und die Einsetzung einer Finanzkommission statt.

Da naturgemäß aus den Mitgliederbeiträgen allein
das erforderliche Baukapital in absehbarer Zeit nicht
angesammelt werden konnte, war der Verein genötigt,
sich wegen der Genehmigung von Prämienkollekten
an die Großherzogliche Regierung zu wenden, was
zunächst die Klarstellung verschiedener Vor- und
Detailfragen veranlasste.

Am 26. September 1890 erlangte der Verein
Körperschaftsrechte. Seine Bestrebungen fanden die
lebhafte, mehrfach persönlich bekundete Teilnahme
Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs. Die
Erlangung der Lotteriegenehmigung erheischte viele
und langwierige Verhandlungen, welche nicht über-
raschen können, wenn man bedenkt, wie grundsätz-
lich ablehnend sich die maßgebenden Behörden lange
Zeit gegen derartige Veranstaltungen verhalten haben.
Nach langen Unterhandlungen gelang es endlich dem
Verein, dass ihm durch Staatsministerial-Entschließung
vom 25. März 1891 die Genehmigung zur Veranstal-
tung von sechs Prämienkollekten gewährt wurde, wo-
bei jährlich 200 000 Lose zum Preise von 3 M zur
Ausgabe und Prämien im Gesamtbetrag von 260000 M
zur Verlosung kommen sollten. Zugleich wurde dem
Verein die Auflage gemacht, bei jeder Lotterie neben
den Geldgewinnen auch eine Anzahl von Kunst-
gegenständen im Wert von 45000 M zur Verlosung zu
bringen.

Nunmehr war für den Verein der Boden zur
Entfaltung einer ersprießlichen Tätigkeit bereitet.
Infolge des erweiterten Geschäfts- und Wirkungs-
kreises wurde eine eigene geregelte Verwaltung ein-
gerichtet und durch Vorstandsbeschluss vom 5. Mai
1891 ein Buchhalter und ein Sekretär angestellt.
Die einleitenden Schritte nahm zunächst die Finanz-
kommission unter Vorsitz des Barons E. von Boecklin
zur Vollziehung der genehmigten Lotterien in die
Hand. Unter Bewältigung mannigfacher Schwierig-
keiten wurden im Laufe der Jahre 1891—1896 sechs
Lotterien gespielt, welche Bankier Carl Heintze in
Berlin übernommen hatte und dem Zweck einen
durchschnittlichen Ertrag von 170000 M lieferten.

Im Interesse einer späteren gesicherten baulichen
Unterhaltung des Münsters hat auf nachdrücklichste
Anregung des Oberbürgermeisters die Münsterfabrik
zur Schaffung eines gesonderten Münsterbaufonds
mit getrennter Verrechnung eine entsprechende
Summe ausgeschieden, deren Zinsen, solange der
Münsterbauverein den Aufwand für die Wiederher-
stellung und laufende Unterhaltung des Baues be-
streitet, dem Grundstock zugeschlagen werden.

Laut testamentarischer Bestimmung hat der ver-
storbene Rentner Max Gaess hier aus seinem Nach-

lass dem Münsterbauverein den Betrag von 20000 M
vermacht, der als gesonderter Fonds in der Rech-
nung zu behandeln ist.

An Stelle des am 30. Juni 1892 von der Leitung
des Vereins zurückgetretenen Vorsitzenden, Professors
Dr. Kraus, wurde Oberbürgermeister Dr. Winterer
gewählt. Die verdienstvolle Tätigkeit des nunmehr
verstorbenen ersten Vorsitzenden wird ihm ein ehren-
des Andenken für alle Zeiten sichern. Nach dem am
3. Juli 1891 erfolgten Tode des Erzbischöflichen Bau-
inspektors Baer wurde Architekt F. Kempf, der be-
reits im Dienste des Vereins gestanden hatte, mit der
interimistischen Leitung des Baubureaus beauftragt.

Als ein bedeutsames Unternehmen ist die Ver-
öffentlichung eines großen Werkes, des Münster-
albums, zu erwähnen, welches aus selbstloser, hin-
gebender Arbeit des hiesigen Bürgers Karl Günther
entstanden ist und zu welchem Professor F. Geiges
den einleitenden Text geliefert hat. Mit diesem Werke
hat der Verein zum erstenmal den unerschöpflichen
Reichtum des großartigen Bauwerks mit seinen vielen
Kunstdenkmälern bildnerisch vor die Öffentlichkeit
gebracht. Das erste Exemplar ist Seiner Königlichen
Hoheit dem Großherzog zu seinem 70. Geburtstage
von dem Vorsitzenden und zwei Mitgliedern des
Vorstands in einer kunstvoll ausgestatteten Truhe
überreicht worden. Auch allen übrigen deutschen
Fürsten und Städten, welche durch die Gestattung
der Münsterbaulotterie seine Bestrebungen gefördert
haben, bekundete der Verein durch die Überreichung
je eines Exemplars seine Dankbarkeit. Den Ver-
einsmitgliedern selbst war schon im Jahre 1894 der
vornehmlich mit dem Münster sich befassende kunst-
geschichtliche Führer von Dr. Karl Schaefer: „Das
alte Freiburg" als Merkmal der Anerkennung und
Aneiferung gewidmet worden. Ein Zeichen seines
Auftretens nach außen gab der Verein durch Teil-
nahme an dem glänzenden Jubiläumsfestzuge in
Karlsruhe am 9. September 1896, womit er Seiner
Königlichen Hoheit dem Großherzog für die ihm
erwiesenen huldvollen Gesinnungen seine Vereh-
rung und Dankbarkeit sichtbaren Ausdruck verleihen
wollte.

Da die durch die bisherigen sechs Lotterien erziel-
ten Mittel den erforderlichen Geldbedarf bei weitem
noch nicht zu decken imstande waren, hat sich der
Verein vor allem darum bemüht, von der Großherzog-
lichen Staatsregierung die Genehmigung einer wei-
teren Reihe von Prämienkollekten zu erwirken. Die-
selbe wurde mit Staatsministerial-Entschließung vom
1. November 1897 erteilt, wonach im ganzen zehn
Ausspielungen mit je 250 000 Losen zu 3 M bez.
3.30 M stattfinden sollten. Mit der Genehmigung dieser
wiederum von einer großen Zahl von Bundesstaaten
 
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