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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 1.1905

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Schuster, Karl: Der Lettner im Freiburger Münster
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https://doi.org/10.11588/diglit.2395#0057

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Schuster, Der Lettner

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Der Lettner in seinem gegenwärtigen Zustande (nördliches Querschiff).

Anfangsbuchstaben der Namen der Hüttenpfleger, des
Schaffners und eines Stifters angebracht; auf der West-
seite: Johann Ulrich von Reinach; auf der Südseite,
von links nach rechts: Sebastian Frey, Johann Jakob
Federer, Prokurator Gallus Wey, Stadtschreiber
Wolfgang Gundersheimer, der für den Bau 125 Pfund
stiftete. Auf dem Pfosten der Westseite bei der Quer-
schiffmauer findet sich nochmals die Jahreszahl 1620.
Nach einzelnen Bauformen zu urteilen, scheint
das Haus „zum guldin Stouff", Herrenstraße 19, von
Hans Böringer erbaut zu sein1. Die Kartuschen-
rahmen an der Brüstung des Erkers sind offenbar

1 Es gehörte dem Basler Weihbischof Markus Tegginger
(Dögginger) von Radolfzell. Zu Ende der 30er Jahre des
16. Jahrhunderts geboren, hatte er am 20. Juni 1553 die Uni-
versität Freiburg bezogen, um Philosophie zu studieren. Bereits
1556 erscheint er mit der Würde eines Magister philosophiae
bekleidet, 1559 mit dem Lehramte der höhern Dialektik be-
traut. Im Jahre 1561 trat er als Cursor biblicus in die theolo-
gische Fakultät über, verzichtete am 21. Oktober 1563 auf seine
bisherige Lehrstelle, wurde Priester und erhielt die Universitäts-
pfarrei Ehingen an der Donau. Im Jahre 1565 ernannte ihn
der Bischof von Basel, Melchior von Lichtenfels, zu seinem
Koadjutor mit dem Titel eines Bischofs von Lydda (in Palä-
stina). Infolgedessen unternahm er zum Empfang der Weihe
1566 eine Reise nach Rom, auf der er zugleich in Bologna

von der gleichen Hand entworfen, wie die Ornamente
an den Säulenschäften des Lettners; das korinthische

den theologischen Doktorgrad erwarb. Am 20. August 1572
meldete er sich, da das Basler Domkapitel seit 1529 seinen
dauernden Sitz zu Freiburg aufgeschlagen hatte, wieder bei der
Universität zur Übernahme eines Lehrfachs, das er im folgen-
den Jahr antrat, bei seinem Einzug in Freiburg von der Hoch-
schule mit einem glänzenden Festmahl empfangen. Zugleich
wurde er in den Rat der Universität und in die theologische
Fakultät eingeführt. Im Studienjahr 1576/77 verwaltete er das
Rektorat. Nach dem Tode Bischof Melchiors (1575) sah er sich
veranlasst, ins Domkapitel, zunächst als Scholasticus, später als
Dekan, einzutreten und infolge ausgedehnterer Geschäfte 1581
sein Lehramt aufzugeben. Damit hörte aber Tegginger nicht
auf, auch fortan nach Kräften zum Wohl der Hohen Schule zu
wirken. Im Jahre 1599 bestimmte er den größten Teil seines
Vermögens, 14000 Gulden, zu Stipendien für Angehörige seiner
Familie und Bürgersöhne seiner Vaterstadt Radolfzell, dessen
Gemeinderat er das Präsentationsrecht einräumte. Seine Bücher
vermachte er der Bibliothek der Universität. Am 20. Februar
1600 starb er, über 60 Jahre alt, und wurde im Münster in der
Kapelle der Schnewlin vor dem von ihm gestifteten Altar bei-
gesetzt. Eine Gedenktafel daselbst bewahrt sein Gedächtnis,
seine Frömmigkeit und Wissenschaft rühmend und die seltene
Tugend: sich seines Vermögens wie eines anvertrauten Gutes
mäßig und gastfreundlich zu bedienen, alles übrige aber für
Studienzwecke und zur Förderung der Religion zu verwenden,
sich selbst nur einen Stein als Deckel für sein Grabmal vor-
behaltend. Vgl. P. Albert, Gesch. d. Stadt Radolfzell a. B. (1896)
 
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