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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 3.1907

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Schuster, Karl: Der romanische Teil des Freiburger Münsters )
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https://doi.org/10.11588/diglit.2398#0052
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Schuster, Der romanische Teil des Freiburger Münsters

im nördlichen Seitenschiff aufgefunden wurden. Wie
weit sich diese Fundamente nach Westen ausdehnen,
ist bis jetzt nicht untersucht worden. Von den Ge-
wölben der Seitenschiffe ist noch der Anfang einer
Diagonalrippe über dem Kapital am Eingang vom
nördlichen Seitenschiff in das Querhaus (hinter dem
St. Josephsaltar) erhalten. Über den Gewölben der
Seitenschiffe befanden sich Emporen, die sich mit
dreiteiligen Fenstern (Triforien) gegen das Mittel-
und Querschiff öffneten. Erhalten, aber gegen Westen
zur Hälfte vermauert, ist das Triforium nach dem
nördlichen Querschiff. Vor dem der Südseite war
anfangs des 19. Jahrhunderts ein hölzerner Verschlag
angebracht worden, der durch eine Treppe von der
südlichen Musiktribüne aus zugänglich war und einem
Wächter während der Nacht zum Aufenthalt diente;
um Platz zu schaffen, hatte man das südliche Säulen-
paar entfernt. Nach dem Abbruch des Verschlags
im Jahre 1873 wurde das Triforium restauriert (siehe
Abbildung nach der damals gefertigten Aufnahme).
Von den Triforien des Mittelschiffs ist noch ein Rest
in der Mauer neben dem südwestlichen Vierungs-
pfeiler erhalten. Die Höhe der Emporen wird be-
stimmt durch ein Gesimse, das den Anschluss der
Seitenschiffdächer an das Querhaus überdeckte (siehe
Querschnitt). Es ist sowohl auf der Süd- wie auf
der Nordseite unter den Dächern der jetzigen Seiten-
schiffe erhalten, doch fehlt das oberste Stück, da
später an diesen Stellen Treppentürmchen errichtet
worden sind. Das nördliche Gesimse liegt etwas
niederer als das südliche; ersteres deckt nach unten
den Dachanschluss nicht in der ganzen Breite, die
sich bei der Rekonstruktion als wahrscheinlich er-
geben hat. Für Gewölbe über den Emporen war
kein Platz, die Dachverschalung scheint als Decke
gedient zu haben.

Das Mittelschiff bestand wohl aus drei oder vier
Gewölbejochen von der gleichen Höhe wie die des
Querhauses. Die Westseite wird man sich am rich-
tigsten ergänzt denken durch eine Vorhalle vor dem
Mittelschiff, flankiert von zwei Türmen, in denen die
Treppen für die Emporen lagen.

Die Fassade des nördlichen Querschiffs stimmt
in der ganzen Anordnung mit der des südlichen
überein, nur sind das Portal, die drei Fenster und die
Rose kleiner und die Einzelheiten haben einfachere
Formen. Auch an den gotischen Teilen wiederholt
sich später diese Eigentümlichkeit, die an vielen an-
dern mittelalterlichen Kirchen gleichfalls vorkommt.
Der Sockel steckt jetzt fast völlig im Boden, so dass
die Stufen der Portale an den Giebelfassaden nicht
mehr sichtbar sind. Das nördliche Portal ist restau-
riert und die Basen der Säulchen liegen jetzt höher
als im ursprünglichen Zustand, den wir auf unserer

Zeichnung darstellen. Das Südportal ist zum Teil
verdeckt durch die Renaissancevorhalle, doch lassen
sich über dem Dach derselben sowie zwischen die-
sem und dem Gewölbe noch genügend Anhalts-
punkte für die Rekonstruktion finden; nur die Ka-
pitale der unteren Zwergsäulchen im Giebel sind
nicht mehr vorhanden. Das Portal führt den Namen
Segentüre, weil unter ihm früher die Bürgersfrauen
nach den Kinderwochen ausgesegnet wurden. Die
Türflügel auf unsern Zeichnungen sind nicht die
ursprünglichen, sondern nach den gegenwärtig vor-
handenen dargestellt, um die Öffnung nicht allzu
leer erscheinen zu lassen. Die Steine an der Segen-
türe sind nicht wie sonst schariert, sondern gestockt,
doch rührt diese Bearbeitungsweise erst von der
Entfernung einer Tünche im Jahre 1863 her.

Die Ostwand des nördlichen Querschiffs enthält
ein Fenster, das jetzt als Türe für den oberen Stock
der spätgotischen Alexanderkapelle dient. Ein ent-
sprechendes Fenster war wohl auch im südlichen
Querschiff vorhanden, doch lassen sich keine Spuren
mehr davon nachweisen, da später an der betreffen-
den Stelle eine Türe nach dem Obergeschoss der
Sakristei angelegt wurde.

Das unterste Stockwerk in jedem der beiden
Hahnentürme diente als Kapelle; die nördliche war
der hl. Maria Magdalena, die südliche dem hl. Niko-
laus geweiht. Die Annahme, dass das Münster selbst
dem hl. Nikolaus geweiht war, muss vorerst dahin
gestellt bleiben; vermutlich war es wie der spätere
gotische Bau eine Marienkirche. Die Portale vor den
ehemaligen Kapellen sind in der ganzen Anlage und in
den Abmessungen einander gleich, nur die Kapitale
und Kämpfergesimse sind verschieden gebildet. Die
Basen der Säulen stecken zum Teil im Langhausboden,
da dieser jetzt etwas höher liegt, als in romanischer
Zeit1.

Der Chor war im halben Achteck geschlossen,
wie sich aus den Lisenen ergibt, die an den Hahnen-
türmen noch erhalten sind; auf der Nordseite ist
auch noch der Dienst in der inneren Ecke stehen
geblieben. Das Chorgewölbe war an die Vierung
durch eine kurze Tonne angeschlossen. Wo diese mit
der Wand verbunden war, sind auch jetzt noch keine
Quader vorhanden, die Stellen sind verputzt und die
Quader nur aufgemalt. Der Boden des Chors lag
etwa 2,30 m über dem des Quer- und Langhauses, eine
Anordnung, die zunächst auf eine Krypta hinzuweisen
scheint. Im Jahre 1901 wurde an der nördlichen
Chorwand ein 3 m tiefer Schacht ausgehoben, und
es zeigte sich hier nur ein 30 cm über die Chorwand

1 Bezüglich des Innern der beiden Hahnentürme sei auf
die Ausführungen desselben Verfassers im Jahrg. II S. 64—74
dieser Zeitschrift verwiesen. Die Schriftleitung.
 
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