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Geiges, Das St. Annen-Fenster im jetzigen Alexander-Chörlein

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und Windstäbe sowie die verbindenden Bleiruten nicht
nur als etwas Unvermeidliches, als ein vermeintlich
notwendiges Übel hinnehmen, sondern überhaupt
nicht als einen störenden Eingriff empfinden, hin-
sichtlich des Bleinetzes bis zu einem gewissen Grade
selbst dann nicht, wenn dasselbe teilweise, als Folge
eingetretener Beschädigungen, das Maß des konstruk-
tiv Nötigen und ästhetisch Nützlichen überschreitet;
wir werden auch die deformierenden Schatten, welche
die schwerfällige Verkremsung rücksichtslos auf das
Bild wirft, nicht als ernstliche Belästigung fühlen,
und unter der Lust an dem lebendigen Spiel des
Lichtes und der Linien wird sich auch der Anteil
an dem gegenständlichen Inhalt der Dekoration in

14. Aus dem Schluss der ersten Fensterbahn. (% Originalgröße.)

einer Stimmung vollziehen, welche ein etwa durch
die berührten formalen Schwächen gewecktes Miss-
behagen nicht voll zum Worte kommen lässt.

In der beigegebenen, in Vierfarbenzinkätzung re-
produzierten verkleinerten Aquarellaufnahme ist der
Versuch gemacht, den Totaleindruck, wie er an Ort
und Stelle gewonnen wird, möglichst getreu zu ver-
mitteln. Aber schließlich kann das derart Gebotene
doch nur eine Andeutung der Wirklichkeit sein, da
es selbst beim heißesten Bemühen niemals möglich
ist, eine translucide Malerei mit andern als den glei-
chen Mitteln wiederzugeben. Vergegenwärtigen wir
uns nur eines: die Stein- und Eisengliederung ist auf
der Farbtafel so schwarz gehalten, als überhaupt er-
reichbar, während im Raum diese Teile gegenüber
absolutem Schwarz immer noch ausgesprochen eigene
Lokalfarbe erkennen lassen, also einen relativ viel
helleren Tonwert aufweisen; und trotzdem repräsen-

tiert tatsächlich die Verhältniszahl des Lichtkontrastes
zwischen Bild und Rahmen bei der opaken Nach-
bildung nur ungefähr xjm jener des transluciden Glas-
bildes, dessen Leuchtkraft, abgesehen von den ge-
ringen Reflexen der Wände, durch keinerlei Gegen-
licht herabgestimmt wird.

Bietet auch aus den angeführten Gründen das
hier beigefügte farbige Bild nur einen schwachen
Abglanz der Wirklichkeit und vermag es darum auch
nicht als völlig ausreichender Beleg für das Gesagte
zu dienen, so gibt es uns doch eine klare Vorstel-
lung von der Schönheit des koloristischen Gedankens.

Wie ersichtlich, sind alle Figuren in weiße Ge-
wandung gekleidet, weiß sind die Schriftrollen, weiß
beherrscht die Ornamentik, und weiß ist zum großen
Teil auch die Carnation. Nur teilweise ist letztere,

15. Aus dem Oberfeld der zweiten Fensterbahn.
(1;s Originalgröße.)

so namentlich bei den weißbehaarten Männern, leicht
in der Naturfarbe getönt. Auch für die Bank, deren
Rückwand den weiblichen Figuren als Hintergrund
dient, ist im Interesse einer besseren Ablösung teil-
weise ein heller, neutraler, rötlich-violetter Steinton
gewählt. Aus den gleichen Erwägungen hat der
Künstler für den Damast, auf welchem sich als ein-
zige größere ausgesprochene Farbfläche die Gruppe
abhebt, ein fein gestimmtes, lichtes Blau eingesetzt,
dessen Tonwert durch die pikante Einflechtung der
dünnen, leuchtend roten Granatschnüre zwischen den
ornamentalen Bogenfüllungen zu gesteigerter Wirkung
gebracht ist. Von feinem Farbenkontrast ist auch der
wechselnd aus zart grünlichblau getönten, von grün-
gelben Adern durchsetzten und aus weißen, rot und
blau geäderten Marmorfliesen gebildete Fußboden
mit der satt roten Rose. Das helle Grau des Beiles,
das der hl. Joseph auf der Schulter trägt, unter-
scheidet sich so wenig von dem angewandten, ziem-
lich reingestimmten Weiß, dass es kaum als besondere
 
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