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Geiges, Das St. Annen-Fenster im jetzigen Alexander-Chörlein

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gerechnet auf 2 X 2602 = 5204 Pfennige oder 433,66 Scheiben erfolgte, galt für das „bild-" oder „mal-
Schilling, d. i. 21,68 Pfund. Aus den 34 weniger werk" als Berechnungsnorm ein eigenes Flächen-
2 Gulden berechnet, ergibt das einen Guldenkurs maß: „der bogen". Man spricht von ganzen Bogen,
von 13,55 Schilling. Bei einem runden Ausmaß von Doppel-, Halb-und Viertelbogen. Abgeleitet ist dieser
13 qm stellen sich darnach die Kosten für den in der Glasmalerei des 16. und 17. Jahrhunderts und
Quadratmeter auf rund 33 Schilling. In diesen vielleicht auch schon zuvor gebräuchliche Terminus
Sätzen ist vertragsmäßig alles zur Herstellung des technicus von der üblichen Größe des geschöpften
„glaswerks" Erforderliche einbegriffen, also auch Papierbogens, auf welchem die Visierungen gefertigt
die Verbleiung. Für den Zentner
Blei, das man als Stock oder
Tafelblei außer von heimischen
Gruben auch von fernher, und
zwar von Straßburg, Speier, ja
selbst von Frankfurt a. M. be-
zog, notieren die Hüttenrech-
nungen 25 bis 40 Schilling. Ge-
ringeren Preisschwankungen wa-
ren natürlich auch die Scheiben
unterworfen, ganz abgesehen da-
von, dass hierin auch, wie es
scheint, nicht unwesentliche
Qualitätsunterschiede bestanden.
„Wald-" und namentlich „loth-
ringische Scheiben" galten als
geringer wie „venedische".

Der in das Obergeschoss
reichende Teil des Fensters der
St. Annenkapelle hat nun ein
Flächenmaß von etwa 5,30 qm,
was bei gleichem Ansatz für die
Scheiben (2 Pf.) einen Preis
von rund 175 Schilling oder
8,75 Pfund ergeben würde, ein
Betrag, der fast gleich ist der
Summe, welche in Wirklich-
keit verausgabt wurde für die
Verglasung des „formenwerks"
der St. Annenkapelle, unter
welcher Bezeichnung jedenfalls
das anschließende „schlosser-
isenwerk", d. h. die vier nie-
deren Langbahnen, einbegriffen
sind, da für den fraglichen Raum

ein farbiger Schmuck gewiss niemals vorgesehen war;
dabei ist angenommen, dass die Vermauerung der
untersten Felderreihe erst später erfolgte.

Auf dem gleichen Wege lässt sich auch der in
den fragmentarischen Hüttenrechnungen nicht ver-
zeichnete Aufwand für die Stiftung der Todtnauer
Gewerkschaft, die vielleicht, wie die Universität, un-
mittelbar mit dem Glasmaler akkordierte, annähernd
feststellen, soweit die Arbeit des letzteren in Betracht
kommt. Während bei einfachen Verglasungen die Be-

38. Aus der ehemaligen Douglasschen Sammlung,
jetzt im Kaiser Friedrich-Museum zu Berlin.

wurden. In analogem Sinne be-
diente sich desselben auch Dürer
zur Bezeichnung der verschie-
denen Größen seiner „Kunst-
ware".

Für die Kartons klebte man,
wie das schon Cennino Cennini
in seinem Traktat der Malerei
auch für die Kartons zu größe-
ren Fenstern angibt, die erforder-
liche Zahl Bogen zusammen.
Da nun die von den verschie-
denen Papiermühlen hergestell-
ten Bogen nicht völlig überein-
stimmende Ausmessungen be-
saßen, mit einem schwanken-
den Maßbegriff jedoch in praxi
natürlich nicht gedient sein
konnte, so fragt es sich, welche
feste Flächeneinheit der Bogen
als Berechnungsnorm in der
Glasmalerei tatsächlich dar-
stellte. Dies zu ermitteln, hat
man meines Wissens bis jetzt
nicht versucht, wozu allerdings
das bekanntgewordene, vorzugs-
weise aus der eidgenössischen
Sitte der Wappenschenkung ge-
schöpfte Material weder einen
unmittelbaren Anreiz noch eine
sichere Grundlage bot. Der be-
rührte Vertrag gibt auch hier-
über genauen Aufschluss. In
der Schlussabrechnung des Mei-
sters, welche durchgehend die
im Vertrag enthaltenen schätzungsweisen Angaben
etwas übersteigt, heißt es:

„Item der universtet fenster hat LXVIII bogen

bildwerk mit der geschrift und 1 fiertelenbogen

den bogen um X ß, dut an gelt Ulli gl VIII ß."

Die ganze mit Malerei ausgestattete Fensterfläche

ist also gleich 68,25 Bogen gerechnet und da diese,

einschließlich der zum Teil fehlenden Schrift, rund

9 qm misst, so ergeben sich für die Größe eines

Bogens etwa '/„ qmv>. Übertragen nach dem oben

rechnung meist nach der Stückzahl der Rauten oder festgestellten Guldenkurs stellt sich der Aufwand für

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