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Kreuzer, Emil: Der leitende Grundgedanke des Bilderschmucks am Münsterhauptportal
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.2636#0068
Kreuzer, Der leitende Grundgedanke des Bilderschmucks am Münsterhauptportal
der Herr dem Abraham (1. Mos. 18, 18) versprochen, der Liebe, die, erst von Calumnia und Voluptas irre-
dass er zu einem großen und sehr starken Volke geleitet, in den Tränen vollkommener Reue und ent-
werden und dass gesegnet sein werden in ihm alle schiedener Abkehr von der Versuchung zu Füßen
Völker der Erde. Seinen Sohn Isaak, an den sich des Heilandes zu heiliger Gottesliebe sich reinigt,
diese messianische Verheißung knüpft, und von dem läutert und verklärt. „Ihr werden viele Sünden ver-
der Herr nochmals (1. Mos. 21, 12) verheißt: „In geben, weil sie viel geliebt hat" (Lk. 7, 47). So ist
Isaak wird dein Name genannt werden", auf das Ge- sie das Vorbild der auf ihr Bild folgenden fünf
heiß des Herrn als Brandopfer darzubringen, ist Abra- klugen Jungfrauen. Wenn die hl. Maria Magdalena
harn vertrauensvoll bereit, obschon damit seine Hoff- auch nicht in der Liturgie der Adventszeit genannt
nungen und die Verheißungen des Herrn vernichtet wird, so entspricht die Einfügung ihres Bildes in
zu sein scheinen. Aber sein
Gehorsam wird belohnt; sein
Sohn bleibt ihm erhalten, und
er empfängt nun eine neue,
noch feierlichere Verheißung,
den von Zacharias erwähnten
Eidschwur, der wiederum auf
die dereinstige Ankunft des
Messias sich bezieht: „Bei
mir selbst habe ich geschwo-
ren, spricht der Herr; weil
du dies getan, und nicht ge-
schont hast deines Sohnes,
des Eingeborenen, um meinet-
willen, will ich dich segnen
und sehr zahlreich machen
deine Nachkommen gleich
den Sternen des Himmels
und wie den Sand, der da ist
am Gestade des Meeres . . .
und es werden gesegnet sein
in deinem Samen alle Völker
der Erde, weil du gehorcht
hast meiner Stimme" (1. Mos.
22, 16-18). Dieser Segen ist
der Messias als Nachkomme
Abrahams. Die allgemeine
Verheißung eines Messias an
die Menschheit im Paradiese
wird hier auf die Nachkom-
menschaft eines einzelnen
Mannes, auf ein ganz beson-
deres dazu auserwähltes Volk näher festgelegt, Abra
Abb. 12. Postament der Statue des ersten Königs.
Sechs Apostel?
unsern Zyklus doch ganz un-
zweifelhaft der Grundidee
desselben. —
Von den zehn Jungfrauen
erzählt das Gleichnis im Evan-
gelium des St. Katharinen-
tages, dass sie „ausgingen,
dem Bräutigam und der Braut
entgegen". Wie schon er-
wähnt, finden wir in unserer
Vorhalle neben dem gött-
lichen Bräutigam auch diese
Braut: die Kirche. Sie ist der
Inbegriff der Seelen, die die
Adventsmahnungen, wie sie
durch Zacharias, Elisabet,
Johannes den Täufer und
Abraham gegeben sind, be-
herzigt haben und mit den
brennenden Lampen des Glau-
bens, der Hoffnung, der Liebe
und des Gebetes auf den
Herrn harren. Ihr Gegensatz
auf der gegenüberliegenden
Seite, die Synagoge, ist der
Inbegriff derjenigen, die das
Heil nicht sehen, die die
Adventsprophezeiungen und
-mahnungen nicht beachten,
die die Ankunft des Herrn
gleichsam verschlafen und
darum wie die törichten Jung-
frauen vor der verschlossenen Pforte zum himm-
ham zum eigentlichen Träger der Adventshoffnungen lischen Hochzeitsfeste stehen bleiben müssen,
gemacht. So bestehen also durchweg in der Vorhalle höchst
Neben Abraham erscheint noch Maria Magdalena, interessante und bedeutsame Wechselbeziehungen und
die heilige Büßerin. Sie ist das leuchtende Vorbild
der Beherzigung dessen, was die früher erwähnte
Epistel des ersten Adventsonntages (Rom. 13, 11 ff.)
ausspricht, der Ablegung der Werke der Finsternis
und des Anziehens der Waffen des Lichtes, des Herrn
Gegenüberstellungen der Idee nach in räumlich par-
allel aufgestellten Bildwerken.
Die kleinen Darstellungen an den Postamenten
Jesus Christus. Wenn St. Katharina und St. Marga- mehrerer Statuen könnten füglich unberücksichtigt
reta Glauben und Hoffnung in sich gleichsam ver- bleiben, wenn es sich darum handelt, die leitenden
körpern, so ist Maria Magdalena die Repräsentantin Hauptgedanken der Vorhallenbildwerke nachzuweisen
der Herr dem Abraham (1. Mos. 18, 18) versprochen, der Liebe, die, erst von Calumnia und Voluptas irre-
dass er zu einem großen und sehr starken Volke geleitet, in den Tränen vollkommener Reue und ent-
werden und dass gesegnet sein werden in ihm alle schiedener Abkehr von der Versuchung zu Füßen
Völker der Erde. Seinen Sohn Isaak, an den sich des Heilandes zu heiliger Gottesliebe sich reinigt,
diese messianische Verheißung knüpft, und von dem läutert und verklärt. „Ihr werden viele Sünden ver-
der Herr nochmals (1. Mos. 21, 12) verheißt: „In geben, weil sie viel geliebt hat" (Lk. 7, 47). So ist
Isaak wird dein Name genannt werden", auf das Ge- sie das Vorbild der auf ihr Bild folgenden fünf
heiß des Herrn als Brandopfer darzubringen, ist Abra- klugen Jungfrauen. Wenn die hl. Maria Magdalena
harn vertrauensvoll bereit, obschon damit seine Hoff- auch nicht in der Liturgie der Adventszeit genannt
nungen und die Verheißungen des Herrn vernichtet wird, so entspricht die Einfügung ihres Bildes in
zu sein scheinen. Aber sein
Gehorsam wird belohnt; sein
Sohn bleibt ihm erhalten, und
er empfängt nun eine neue,
noch feierlichere Verheißung,
den von Zacharias erwähnten
Eidschwur, der wiederum auf
die dereinstige Ankunft des
Messias sich bezieht: „Bei
mir selbst habe ich geschwo-
ren, spricht der Herr; weil
du dies getan, und nicht ge-
schont hast deines Sohnes,
des Eingeborenen, um meinet-
willen, will ich dich segnen
und sehr zahlreich machen
deine Nachkommen gleich
den Sternen des Himmels
und wie den Sand, der da ist
am Gestade des Meeres . . .
und es werden gesegnet sein
in deinem Samen alle Völker
der Erde, weil du gehorcht
hast meiner Stimme" (1. Mos.
22, 16-18). Dieser Segen ist
der Messias als Nachkomme
Abrahams. Die allgemeine
Verheißung eines Messias an
die Menschheit im Paradiese
wird hier auf die Nachkom-
menschaft eines einzelnen
Mannes, auf ein ganz beson-
deres dazu auserwähltes Volk näher festgelegt, Abra
Abb. 12. Postament der Statue des ersten Königs.
Sechs Apostel?
unsern Zyklus doch ganz un-
zweifelhaft der Grundidee
desselben. —
Von den zehn Jungfrauen
erzählt das Gleichnis im Evan-
gelium des St. Katharinen-
tages, dass sie „ausgingen,
dem Bräutigam und der Braut
entgegen". Wie schon er-
wähnt, finden wir in unserer
Vorhalle neben dem gött-
lichen Bräutigam auch diese
Braut: die Kirche. Sie ist der
Inbegriff der Seelen, die die
Adventsmahnungen, wie sie
durch Zacharias, Elisabet,
Johannes den Täufer und
Abraham gegeben sind, be-
herzigt haben und mit den
brennenden Lampen des Glau-
bens, der Hoffnung, der Liebe
und des Gebetes auf den
Herrn harren. Ihr Gegensatz
auf der gegenüberliegenden
Seite, die Synagoge, ist der
Inbegriff derjenigen, die das
Heil nicht sehen, die die
Adventsprophezeiungen und
-mahnungen nicht beachten,
die die Ankunft des Herrn
gleichsam verschlafen und
darum wie die törichten Jung-
frauen vor der verschlossenen Pforte zum himm-
ham zum eigentlichen Träger der Adventshoffnungen lischen Hochzeitsfeste stehen bleiben müssen,
gemacht. So bestehen also durchweg in der Vorhalle höchst
Neben Abraham erscheint noch Maria Magdalena, interessante und bedeutsame Wechselbeziehungen und
die heilige Büßerin. Sie ist das leuchtende Vorbild
der Beherzigung dessen, was die früher erwähnte
Epistel des ersten Adventsonntages (Rom. 13, 11 ff.)
ausspricht, der Ablegung der Werke der Finsternis
und des Anziehens der Waffen des Lichtes, des Herrn
Gegenüberstellungen der Idee nach in räumlich par-
allel aufgestellten Bildwerken.
Die kleinen Darstellungen an den Postamenten
Jesus Christus. Wenn St. Katharina und St. Marga- mehrerer Statuen könnten füglich unberücksichtigt
reta Glauben und Hoffnung in sich gleichsam ver- bleiben, wenn es sich darum handelt, die leitenden
körpern, so ist Maria Magdalena die Repräsentantin Hauptgedanken der Vorhallenbildwerke nachzuweisen