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von Lothringen Zeit gewann, die Vertheidiger der Stadt Wien
durch 10,000 Mann Fußvolk zu vermehren. Diese bildeten, mit
2712 Bürgermiliz und 7000 Studirenden, Hofbedienten und
Kaufmannsdienern und andern, 20,000 Streiter. Den Ober-
befehl über dieselben führte der Graf Ernst Rüdiger von Stahrem-
berg, ein eben fo entschlossener, als erfahrner General, und die
eigentlichen Vertheidigungsanstalten leitete der Generalfeldzeug-
meister Caplinres. Jetzt wurden die Vorstädte bis auf die
Leopoldsstadt, die aber in der Folge durch die Türken eben die-
ses Schicksal erfuhr, niedergebrannt. Zwar schadeten die Bom-
ben und Kugeln den steinernen Häusern der Wiener nur wenig;
die Türken waren aber der Stadt doch so nahe gekommen,
daß ihre Einwohner mit ihnen sprechen konnten. Die stand-
hafte Gegenwehr, die ihnen Stahremberg entgegensetzte, gewährte
dem König von Polen, Johann Sobiesky, ingleichen den Kur-
fürsten von Baiern und Sachsen, hinreichende Zeit, zum Bei-
stand der bedrängten Kaiserlichen herbeizukommen, und es bil-
dete sich aus 30,000 Polen, 10,000 Baiern, 12,000 Sachsen
und 8000 fränkischen Kriegstruppen ein Befreiungsheer von
65,000 Mann, über welches der Herzog von Lothringen den
Oberbefehl führte. Die durch Krankheit und Gefechte sehr ver-
minderte Armee des Großwessirs begab sich (12. Sept.), auf
allen Seiten angegriffen, so schnell auf die Flucht, daß sie ihr
ganzes Lager, alles Geschütz und Gepäck zurücklaffen mußte.
Sie hatte vor Wien 70,000 Mann verloren. Die Türken schlepp-
ten aber aus Oesterreich 87,000 Menschen von jedem Stand
und Alter, und unter ihnen 200 Gräfinnen und Fräulein, mit
fort. Der Kaiser Leopold, der die Rettung seiner Hauptstadt
dem König von Polen zuschrieb, kränkte die Kurfürsten von
Baiern und Sachsen durch den Stolz, mit welchem er sie behändeste,
und doch schickten sie ihm mcht lange hernach wieder Hülfsvolk.
von Lothringen Zeit gewann, die Vertheidiger der Stadt Wien
durch 10,000 Mann Fußvolk zu vermehren. Diese bildeten, mit
2712 Bürgermiliz und 7000 Studirenden, Hofbedienten und
Kaufmannsdienern und andern, 20,000 Streiter. Den Ober-
befehl über dieselben führte der Graf Ernst Rüdiger von Stahrem-
berg, ein eben fo entschlossener, als erfahrner General, und die
eigentlichen Vertheidigungsanstalten leitete der Generalfeldzeug-
meister Caplinres. Jetzt wurden die Vorstädte bis auf die
Leopoldsstadt, die aber in der Folge durch die Türken eben die-
ses Schicksal erfuhr, niedergebrannt. Zwar schadeten die Bom-
ben und Kugeln den steinernen Häusern der Wiener nur wenig;
die Türken waren aber der Stadt doch so nahe gekommen,
daß ihre Einwohner mit ihnen sprechen konnten. Die stand-
hafte Gegenwehr, die ihnen Stahremberg entgegensetzte, gewährte
dem König von Polen, Johann Sobiesky, ingleichen den Kur-
fürsten von Baiern und Sachsen, hinreichende Zeit, zum Bei-
stand der bedrängten Kaiserlichen herbeizukommen, und es bil-
dete sich aus 30,000 Polen, 10,000 Baiern, 12,000 Sachsen
und 8000 fränkischen Kriegstruppen ein Befreiungsheer von
65,000 Mann, über welches der Herzog von Lothringen den
Oberbefehl führte. Die durch Krankheit und Gefechte sehr ver-
minderte Armee des Großwessirs begab sich (12. Sept.), auf
allen Seiten angegriffen, so schnell auf die Flucht, daß sie ihr
ganzes Lager, alles Geschütz und Gepäck zurücklaffen mußte.
Sie hatte vor Wien 70,000 Mann verloren. Die Türken schlepp-
ten aber aus Oesterreich 87,000 Menschen von jedem Stand
und Alter, und unter ihnen 200 Gräfinnen und Fräulein, mit
fort. Der Kaiser Leopold, der die Rettung seiner Hauptstadt
dem König von Polen zuschrieb, kränkte die Kurfürsten von
Baiern und Sachsen durch den Stolz, mit welchem er sie behändeste,
und doch schickten sie ihm mcht lange hernach wieder Hülfsvolk.