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Friedländer, Max J.
Die niederländischen Manieristen — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 3: Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.61071#0007
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„Auch der Begabteste bringt es nur zu
einem fortwährenden Experimentieren,
wenn der Faden der Entwicklung ein-
mal abgerissen ist.“ Nietzsche.
Die niederländische Malerei des 16. Jahrhunderts
bietet ein wirres Gesamtbild, da die Willensrich-
tungen der stärksten Begabungen auseinanderstre-
ben. Die Einheitlichkeit der Gesinnung aus Glau-
bensgemeinschaft und nationalem Instinkte mangelt
diesem Volk in dieser Zeit. Im allgemeinen über-
wiegt die „Manier“ in vielen Spielarten. Unter
Manier verstehe ich unnaives Gestalten im Gegen-
sätze zu gesundem, organischem und originalem
Schaffen. Die Manier, die sich epidemisch verbrei-
tet, greift zumal geschwächte Körper an. Wider-
standlosigkeit und innere Leere sind die Vorbe-
dingungen für willkürliche und formelhafte Aus-
drucksweise. Pieter Bruegel ist als der Einzige um
die Mitte des Jahrhunderts immun gegen die Er-
krankung, Rubens überwindet sie gegen Ende des
Jahrhunderts.
Von den im 16. Jahrhundert erfolgreichen Nieder-
ländern sucht ein jeder in seiner Weise, neuerungs-
süchtig und ehrgeizig, Aufgaben in der Landschafts-
darstellung und im Sittenbilde zu lösen und das
alte Thema des Bibelbildes modern umzugestalten.
Antwerpen trat an die Stelle von Brügge. Das
kosmopolitische Treiben in der reichen Handels-
stadt steigerte das Tempo der Entwicklung und
machte die Maler geneigt, fremde Muster nachzu-

B.D.K.3

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