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Weiditz, Hans [Hrsg.]; Friedländer, Max J. <Dr.> [Bearb.]
Holzschnitte von Hans Weiditz — Berlin, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.29815#0011
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n Hirths »Kulturgeschichtlichem Bilderbuch« findet man in Menge,
was nicht in ein kulturgeschichtliches Bilderbuch gehört; was aber hin?
eingehört, soweit die Periode von 1520 illustriert wird, ist zumeist unter
Burgkmairs Namen verzeichnet und stammt nicht von ihm her, son?
dern von Hans Weiditz. Hirth hätte sich für seinen Zweck beinah auf
diesen einen Meister beschränken können. Trotzdem sich Weiditz als
ein reiner Spiegel seiner Zeit vor allen Landsleuten und Generations?
genossen auszeichnet, ist er keineswegs populär. Sein Name hat außer?
halb des engen Kreises der Fachgelehrten wenig Klang. Er hat ausschließ?
lieh für den Holzschnitt gearbeitet. Seine Kunst steht nicht in Gemäldegalerien zur Schau und ist
kaum in den Mappen der Kupferstichkabinette zu finden. Er hat ganz wenige Einzelblätter ge?
schaffen, fast nur Buchillustrationen, so daß er in Bibliotheken gesucht werden muß. Dieser
Verborgenheit des »Werkes« entspricht die durch Jahrhunderte währende Vergessenheit, in die der
deutsche Zeichner gesunken war. Seine Persönlichkeit trat vor etwa 30 Jahren in Umrissen hervor,
sein Name aber ward erst vor 15 Jahren entdeckt. Zu Anfang, als seine Buchillustrationen einige
Beachtung auf sich zogen, wurden sie als Augsburger Arbeiten aus der Zeit zwischen 1520 und
1530 unter dem berühmten Augsburger Namen dieser Periode, unter Hans Burgkmairs Namen
katalogisiert. Nachdem man mit wachsender Erkenntnis den Gegensatz zwischen der Stil weise
Burgkmairs und der Gestaltungsart dieses Zeichners wahrgenommen hatte, sprach man von
einem Pseudo?Burgkmair oder von dem Petrarca?Meister, hinweisend auf seine umfangreichste
und glücklichste Illustrationsfolge. Wilhelm Schmidt1 war der Erste, dem die Persönlichkeit auf?
ging, W. v. Seidlitz machte den ersten Versuch, ihr »Werk« auszusondern.2

Ein Holzschnitt in Ciceros »officia« (abg. S. 8) ist mit den Initialen: H W und H b b sig?
niert. Mit H W ist auch das Martyrium des hl. Laurentius bezeichnet, ein Holzschnitt, der erst
1551 in Egenolffs Ausgabe der »Sanctorum et Martyrum Christi Icones . . . « erschienen ist
(dort S.32). Röttinger3 löste das Rätsel dieser Buchstaben, indem er den aus Augsburger Büchern
vertrauten Stil in Straßburger Drucken wiederfand, auch in dem »Kräuterbuch«, das 1530—37 bei
Schott erschienen, in der Vorrede der deutschen Ausgabe den Satz enthält, die Formen seien
von dem hochberühmten Meyster Hans Weiditz von Straßburg gerissen und contrafayt (fol.c5).
Die Identität des Augsburger Monogrammisten HW mit dem Straßburger Hans Weiditz war
offenbar. Der Fund des Namens regte das Studium erheblich an. Die Persönlichkeit schien mit
dem richtigen Namen schärfere Züge anzunehmen. Die Möglichkeit, in den Archiven nachzu?
suchen und das Gerüst einer Biographie zu bauen, war gegeben. Mit gesteigertem Eifer wurde
von Röttinger, Campbell Dodgson u. a. das »Werk« bereichert und geordnet. Durch das Stu?
dium der Augsburger und der Straßburger Drucke läßt sich feststellen, daß Weiditz zwischen
1518 und 1522 in Augsburg eine ungemein fruchtbare Tätigkeit entfaltete, daß er 1522 nach
Straßburg übersiedelte und für die dortigen Drucker bis 1536 ungefähr arbeitete.

Der Name ist bis jetzt weder in Straßburger noch in Augsburger Urkunden mit Sicherheit
festgestellt worden. Das Schweigen der Augsburger Archive hat man zu erklären versucht.
Weiditz wäre, im Dienste des Kaisers verpflichtet, der städtischen Gilde nicht als Mitglied bei?
getreten. Und deshalb, so hat man gesagt, stünde sein Name nicht in dem Verzeichnis der Augs?
burger Meister. Diese Vermutung befriedigt nicht recht, da ja Weiditz, wenn überhaupt, nur
in bescheidenem Umfang an den kaiserlichen Unternehmungen Teil nahm und nach dem Tode
Maximilians in der Stadt tätig blieb. Eher glaubhaft ist die Vorstellung, er habe als Gehilfe in
der Werkstatt eines Meisters, etwa Hans Burgkmairs gelebt.

1 Allgemeine Augsburger Zeitung, 1884, Nr. 207, Beilage.

2 Jahrbuch d. pr. Ksts. XII (1891) 158ff.

8 Der Petrarca»Meister, Heitz, 1904.

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