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Friedländer, Max J.; Leyden, Lucas van [Ill.]
Lucas van Leyden — Berlin: de Gruyter, 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.75274#0009
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VORWORT

Jahrzehnte hindurch hat mich Lucas van Leyden beschäftigt, gereizt wie ein
Geheimnis, gelockt wie ein Rätsel, dessen Lösung sich verlohnte.
Mehr als einmal habe ich mich daran gemacht, Beobachtungen in Worte zu
fassen, die ich aus seinem „Werke" gewonnen hatte, so in einem Band, in dem ich
seinen Bilddruck publiziert und erläutert habe — „Meister der Graphik, XIII"
(Leipzig; Klinkhardt & Biermann 1924) —, dann im Band X meiner „Altnieder-
ländischen Malerei" (1932), wo ich auf die Verpflichtung stieß, mein Urteil über
seine Gemälde festzulegen. Befriedigt haben mich jene Bemühungen nicht; ab-
schließend kamen sie mir keineswegs vor.
Wenn ich es nun versuche, die Ergebnisse oft kontrollierter und revidierter Be-
trachtungen zu veröffentlichen, so ermutigt mich dazu die Überzeugung, daß
Lucas über eine kritische Periode des niederländischen Kunstschaffens beispielhaft
belehrend aussagt, daß ich hoffen kann, selbst denjenigen Fachgenossen etwas zu
bieten, die sich nach einer „Kunstgeschichte ohne Namen" sehnen.
Die Hinterlassenschaft des Meisters in ihrer Besonderheit bestimmt den Weg
meiner Darstellung. Da signierte und in großer Zahl auch datierte Kupferstiche
die Grundlage der Erkenntnis bilden, verweile ich auf diesem festen Boden, mache
mich hier heimisch, bevor ich mich an die Gemälde, Holzschnitte und Zeichnungen
wage, die anzuerkennen und zeitlich zu ordnen, eine Aufgabe der fehlbaren Stil-
kritik wird. Unter den Gemälden gibt es Fragwürdiges genug, sowohl was die
Autorschaft, wie, was die Entstehungszeit betrifft. Etwa von Gemälden her ein-
dringende Irrtümer können die Anschauung nicht erheblich verwirren, die, aus
den Stichen gewonnen, vorangestellt und ausführlich dargelegt wird.
Am eifrigsten haben sich Fr. Dülberg und N. Beets mit dem Leben und den
Werken des Leidener Meisters beschäftigt. Das Ergebnis ihrer Ermittlungen findet
man am bequemsten beieinander in dem französischen Bande von Beets in der
„collection des grands artistes des Pays-Bas" (Bruxelles / Paris; van Oest 1913).
Eingehendes Studium hat Rosy Kahn den Stichen und Holzschnitten des Meisters
gewidmet und 1918 veröffentlicht in dem Buche „Die Graphik des Lucas van
Leyden" (Straßburg). Vollständig verbucht ist die Literatur von van Hall im
„Repertorium voor de geschiedenis d. nederl. schilderkunst . . ." (1936).
Am längsten halte ich mich bei des Meisters Frühzeit auf, da sich mir der Ein-
druck vertieft hat, daß der Kern seines Wesens vornehmlich in seinen ersten Äuße-
rungen faßbar werde, was freilich um so seltsamer anmutet, wie es sich hier um
Jugend im engsten Sinne handelt. Auf das „glückliche Ende", mit dem die Bio-
graphen von den Lesern Abschied zu nehmen lieben, muß ich freilich verzichten.

MAX J. FRIEDLÄNDER
 
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