Zwei einzelne Holzschnitte, weibliche Heilige, die C. Dodgson in der mir ge-
widmeten Festschrift 1927 S. 109 publiziert hat, können dem Stile nach kaum
vor 1525 entstanden sein. Eine Reihe von Sibyllen in Halbfigur, die Lucas gegen
1530 gezeichnet hat, ist stilwidrig mit Holzschnitten Jacobs gekoppelt worden. Die
so spät entstandenen Schnitte sind hell gehalten, detailarm, mit sparsamer Binnen-
zeichnung. Der üppig schwellende Umriß gibt das Wesentliche.
Die Einzelholzschnitte von Lucas sind überaus selten geworden. Aufgetaucht
sind noch die folgenden: Aristoteles und Phyllis — Paris, Bibl. Nat. im Stile der 77
größeren Folge der „Weibermacht" — um 151247.
Abraham mit Isaac zur Opferung wandelnd — um 1514 (B. 3).
Eine Frau am Spinnrad— Paris, Sammlung Edm. de Rothschild — um 151448.
Der Verlorene Sohn beim Gastmahl — Paris, Bibliotheque Nat. Besonders
sorgfältig geschnitten — um 1520.
Der hl. Rochus, mit ornamentaler Rahmung — Undeutliche Jahreszahl in der
Rahmung — 1520 (?).
Halbfigur des hl. Petrus49 — um 1523.
Der blutige Rock — um 1512.
Anbetung der Könige, in Halbfiguren — um 1515. Recht roh50.
Christus von der Mutter Abschied nehmend. Unicum in Wien. Von besonderer
Feinheit — um 151751.
Viel tragen die Holzschnitte nicht dazu bei, unsere Anschauung aufzufüllen.
Immerhin: die mühsame Grabstichelarbeit bringt eine verzögernde, hemmende
aber auch die Kräfte sammelnde Wirkung mit sich. Wer auf dem Holzstocke zeich-
net, fühlt sich vergleichsweise frei. Wenn auch der handschriftliche Duktus in der
Schnittausführung erstarrt, ja schon mit Rücksicht auf den Schnitt schematisiert
wird, bleibt dem Holzschnitte gegenüber dem Kupferstiche eine offene Entschlos-
senheit eigen, was offenkundig wird, wenn wir Dürers Apokalypse mit seinen zur
selben Zeit geschaffenen Stichen vergleichen. Im Werke des Leideners erscheint
der von den handwerklichen Mitteln ausgehende Stilzwang in geringerem Grade
wirksam, wenn auch beachtlich genug. Etwas wie Schaubuden-Sensation wird in
den Holzschnitten fühlbar. Der Meister spricht anders zum Volk im Holzschnitt
als zu dem engeren Kreise der Aufgeklärten im Kupferstiche.
47 Abgebildet im Jahrbuch der preußischen Kunstsammlungen 1897.
48 Abgebildet bei Dülberg, Revue de l'art ancien et mod. Tafel 18.
49 Steinbart, a. a. O. Abb. S. 117.
50 Rosy Kahn, Die Graphik des Lucas van Leiden, Tafel X. Straßburg, Heitz 1918.
51 Rosy Kahn, Die Graphik des Lucas van Leiden, Tafel XV. Straßburg, Heitz 1918.
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widmeten Festschrift 1927 S. 109 publiziert hat, können dem Stile nach kaum
vor 1525 entstanden sein. Eine Reihe von Sibyllen in Halbfigur, die Lucas gegen
1530 gezeichnet hat, ist stilwidrig mit Holzschnitten Jacobs gekoppelt worden. Die
so spät entstandenen Schnitte sind hell gehalten, detailarm, mit sparsamer Binnen-
zeichnung. Der üppig schwellende Umriß gibt das Wesentliche.
Die Einzelholzschnitte von Lucas sind überaus selten geworden. Aufgetaucht
sind noch die folgenden: Aristoteles und Phyllis — Paris, Bibl. Nat. im Stile der 77
größeren Folge der „Weibermacht" — um 151247.
Abraham mit Isaac zur Opferung wandelnd — um 1514 (B. 3).
Eine Frau am Spinnrad— Paris, Sammlung Edm. de Rothschild — um 151448.
Der Verlorene Sohn beim Gastmahl — Paris, Bibliotheque Nat. Besonders
sorgfältig geschnitten — um 1520.
Der hl. Rochus, mit ornamentaler Rahmung — Undeutliche Jahreszahl in der
Rahmung — 1520 (?).
Halbfigur des hl. Petrus49 — um 1523.
Der blutige Rock — um 1512.
Anbetung der Könige, in Halbfiguren — um 1515. Recht roh50.
Christus von der Mutter Abschied nehmend. Unicum in Wien. Von besonderer
Feinheit — um 151751.
Viel tragen die Holzschnitte nicht dazu bei, unsere Anschauung aufzufüllen.
Immerhin: die mühsame Grabstichelarbeit bringt eine verzögernde, hemmende
aber auch die Kräfte sammelnde Wirkung mit sich. Wer auf dem Holzstocke zeich-
net, fühlt sich vergleichsweise frei. Wenn auch der handschriftliche Duktus in der
Schnittausführung erstarrt, ja schon mit Rücksicht auf den Schnitt schematisiert
wird, bleibt dem Holzschnitte gegenüber dem Kupferstiche eine offene Entschlos-
senheit eigen, was offenkundig wird, wenn wir Dürers Apokalypse mit seinen zur
selben Zeit geschaffenen Stichen vergleichen. Im Werke des Leideners erscheint
der von den handwerklichen Mitteln ausgehende Stilzwang in geringerem Grade
wirksam, wenn auch beachtlich genug. Etwas wie Schaubuden-Sensation wird in
den Holzschnitten fühlbar. Der Meister spricht anders zum Volk im Holzschnitt
als zu dem engeren Kreise der Aufgeklärten im Kupferstiche.
47 Abgebildet im Jahrbuch der preußischen Kunstsammlungen 1897.
48 Abgebildet bei Dülberg, Revue de l'art ancien et mod. Tafel 18.
49 Steinbart, a. a. O. Abb. S. 117.
50 Rosy Kahn, Die Graphik des Lucas van Leiden, Tafel X. Straßburg, Heitz 1918.
51 Rosy Kahn, Die Graphik des Lucas van Leiden, Tafel XV. Straßburg, Heitz 1918.
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