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rinth mehr oder minder korrekter Notizen bietet bis heute
vielfach den einzigen Ausgangspunkt für weitere Archiv-
studien. Auch das Verdienst der Studien Redtenbachers
(1886), Durms (1903) und Hofmanns (1900-1911) lag mehr
im neuen Stoff als in seiner Durchdringung. Erst Wölfflin
griff Burckhardts analytische Betrachtungsweise in seiner
frühen Studie „Renaissance und Barock“ (1888) wieder
auf. Seinem Versuch einer Bestimmung des Barock dienen
die römischen Paläste der ersten Jahrhunderthälfte aller-
dings primär als Hintergrund für die neuen Stilphänomene.
Wie problematisch seine Periodisierung für uns geworden
ist, mag allein die Charakterisierung A. da Sangallos d. J. als
„Hauptträgers der Barockentwicklung“ vor Augen führen3.
Danach trat die römische Hochrenaissancearchitektur
und zumal ihr Palastbau hinter der neuentdeckten Stilphase
des Manierismus zurück (Michalski, Gombrich, Hager).
Nur die Bauten Michelangelos, Giulios und allenfalls
Peruzzis Pal. Massimo ließen sich als manieristisch ver-
stehen. Doch sie wurden aus ihrem Zusammenhang gelöst
und nur auf gewisse Eigenschaften hin untersucht, kaum
als Ganzheit verstanden. Unter den zahlreichen Einzel-
untersuchungen ragen vor allem die Schriften Giovannonis
hervor, der die Tradition Gnolis unmittelbar weiterführte,
auch wenn er den Schwerpunkt vom Historischen zum
Architektonischen verschob. Der Wachsamkeit Gnolis und
Giovannonis ist es auch zu danken, daß zahlreiche Paläste
und Straßen von den urbanistischen Maßnahmen der rasch
wachsenden Metropole verschont blieben. Giovannonis
posthume Sangallomonographie (1959) hat wohl niemals
ihre endgültige Redaktion erhalten. Doch allein die Fülle
neuen Materials, die Erfassung und Bestimmung hunderter
meist unbeachteter Entwürfe in den Uffizien bedeutet eine
unersetzliche Hilfe für das Studium der Epoche. In jüngster
Zeit ist der Palastbau der Hochrenaissance durch die mono-
graphischen Studien von Lotz, Siebenhüner, Ackerman,
Schiavo und Wurm wieder aktueller geworden. Trotz
zahlreicher und wertvoller Beiträge über die einzelnen
Paläste, insbesondere die Pal. Farnese und Massimo, be-
handelt keine dieser Arbeiten den Palastbau als Gesamt-
phänomen. Und die Werke von Callari, Chierici und Torselli
begnügen sich mit flüchtigen Überblicken über die Bau-
geschichte der einzelnen Monumente. Lediglich der Palast-
bau des Quattrocento hat durch Tomei und Magnuson eine
wesentliche Klärung erfahren.
Diese Lücke versucht die vorliegende Arbeit zu schließen.
Ihr Ziel ist einmal die Sichtung und Sicherung des Bestan-
des, zum anderen dessen Verständnis und Deutung. Die
3 s. auch H. Hibbards Rezension der englischen Übersetzung von
Wölfflins Renaissance und Barock, in JSAH 25 (1966), 2, 141 ff.

zeitliche Abgrenzung der Epoche ergibt sich aus den Daten
der Hauptmeister und ihrer Werke und soll im folgenden
ausführlicher begründetwerden. Diese umfaßt die Jahre von
Bramantes erstem römischen Palast bis zum Tode Pauls III.,
als die Gestalt des Pal. Farnese in ihren wesentlichen Zügen
festlag. Mit Ausnahme weniger außerrömischer Bauten
römischer Meister ließ sich der topographische Radius der
Arbeit auf Rom einschränken. Bei der regen Bautätigkeit
dieser Jahrzehnte war die Behandlung sämtlicher Paläste
und Palastprojekte ausgeschlossen. So wurde versucht, alle
Paläste von Hauptmeistern wie Bramante, G. da Sangallo,
Raffael, Peruzzi, J. Sansovino, Giulio Romano, die wichtig-
sten Paläste A. da Sangallos d. J. sowie einige charakteristi-
sche Beispiele kleinerer Meister einzubeziehen.
Die Arbeit gliedert sich in zwei Teile, deren erster die
Ergebnisse des zweiten voraussetzt und verwertet. Der
zweite umfaßt die Monographien der sechsunddreißig be-
deutendsten Paläste. Jede Monographie enthält zunächst
eine chronologische Zusammenstellung der Quellen oder
ihrer Regesten sowie der wichtigeren bildlichen Doku-
mente. Der oft verwirrende Reichtum an Quellen, Notizen,
Entwürfen, Aufnahmen und Veduten ließ diese Form ge-
raten erscheinen. Die umfangreiche Dokumentation etwa
des Pal. Farnese mag veranschaulichen, wie mühsam es ohne
einen solchen Überblick wäre, eine Vorstellung von der
komplexen Baugeschichte zu gewinnen. Daß es unmöglich
war, eine lückenlose Dokumentation vorzulegen, versteht
sich von selbst. Ein drittes Kapitel versucht, die Person des
Bauherrn zu ermitteln, ihn, soweit es die Quellen erlauben,
in seiner Eigenart und in seinem Verhältnis zu dem Neubau
darzustellen. Abschließend werden die Besitzer und Be-
wohner der folgenden Jahrhunderte aufgeführt. Auf den
Quellen und dem Baubestand basierend, behandelt das
vierte Kapitel die Baugeschichte, das fünfte die Rekonstruk-
tion des ursprünglichen Projektes. Bei einigen Palästen
mußte die zeitliche Grenze überschritten und die Bauge-
schichte bis in die zweite Jahrhunderthälfte oder sogar bis
in die folgenden Jahrhunderte weitergeführt werden. Die
Zuschreibungsfragen der anonymen oder strittigen Bauten
behandelt ein sechstes Kapitel.
Diesem katalogartigen Teil ist ein mehr analytischer vor-
angestellt, der das Phänomen des Hochrenaissancepalastes
in seinen wesentlichen Aspekten zu erfassen sucht. Ein erstes
Kapitel über die Voraussetzungen des Palastbaus geht dem
Begriff „Palast“, den soziologischen Hintergründen, den
Motiven des Bauherrn sowie dem Planungs- und Bauprozeß
nach. Ein zweites stellt die Einzelmonumente in den über-
greifenden Zusammenhang der römischen Urbanistik und
geht den Gestaltungsprinzipien römischer Städteplanung
während der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts nach. Das

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