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großer Beliebtheit, da er in der Umgebung Roms reichlich
vorhanden war, weniger wog und in größeren Blöcken ver-
arbeitet werden konnte als der Backstein. So sind in der
Farnesina und im benachbarten Marstall nur die Pfeiler und
die Glieder der Ordnung aus Backstein, die übrigen Teile
aus Tuff gemauert; so ist das „Nymphaeum“ in Genazzano
aus groben Tuffblöcken aufgeschichtet, und so griff man in
der Villa Madama auf den spätantik-byzantinischen Wech-
sel von großen Tuff- und kleinen Backsteinschichten zurück.
Tuffmauerwerk ist auch hinter den meisten verputzten Fas-
saden anzunehmen. Selbst Gewölbe wurden häufig aus Tuff
gemauert oder mit Tuffbrocken gegossen (Genazzano,
Farnesina, Villa Madama). Für unverputzte und unver-
kleidete Fassaden eignete sich nur die Ziegeltechnik, die in
Rom ihren Ursprung hatte und während des Mittelalters
beim Bau der Basiliken und Kirchtürme mit großer Meister-
schaft gehandhabt wurde. Im Hof und an den Seitenfronten
der Cancelleria, an der Fassade des Pal. Turci und im Cortile
del Belvedere taucht sie bereits auf und bleibt die ganze
Renaissance hindurch in höchster Schätzung, nicht zuletzt
als Attribut antikischen Bauens. Zahllose Maurer aus der
Lombardei, vor allem aus der Gegend von Caravaggio,
stellten ihre Kenntnisse in den Dienst der anspruchsvollen
Architekten. Ein Höhepunkt der Technik wurde um
1515—1525 in den feinen, farblich lebendigen Ziegellagen
der Pal. Baldassini, Alberini und Regis erreicht. Als schön-
stes Beispiel darf wohl die rechte Hälfte des Erdgeschosses
des Pal. Salviati-Adimari alla Lungara mit ihrem Wechsel
von Flachziegeln und „opus reticulatum“ gelten (T. 126 a-c).
Das Ziegelmauerwerk trat niemals allein auf wie in Siena
oder in der Lombardei: Fenster und Türrahmen, Gesimse
und Friese, Basen und Kapitelle, Wappenkartuschen und
Inschrifttafeln aus Haustein oder Stuck sorgten für eine
chromatische Belebung des Außenbaus, besonders reizvoll
im Kontrast des ockerfarbenen und blaßroten Backsteins
zum hellen Travertin. Der von Vasari gepriesene Travertin
wurde im Umkreis von Tivoli gebrochen und hatte als
Material der antiken Theater und Triumphbögen gedient.
So wurde er nicht nur für isolierte Zierstücke, sondern an
der Cancelleria oder am Pal.Giraud auch zur Verkleidung
ganzer Fassaden oder in den Pal. Venezia und Farnese zum
Bau ganzer Höfe verwendet. An der Fassade des Pal. Mas-
simo gelang es Peruzzi, die Travertinverkleidung auf das
Erdgeschoß zu beschränken und an den Obergeschossen
durch Stuckquadern täuschend zu imitieren. Auch die
dorischen Säulen des Pal. Massimo sind aus Travertin ge-
arbeitet, nachdem man schon im Quattrocento mit Traver-
tinpfeilern und Travertinsäulen(Pal. SS. Apostoli) gearbeitet
und im Hof des Pal. Doria nur die Ecksäulen mit antiken
Schäften, die übrigen mit Travertinschäften ausgestattet

hatte. Im allgemeinen griff man bei Säulenhöfen meist auf
antike Schäfte, bei Pfeilerhöfen meist auf Travertin zurück.
Selbst die feinen Bauornamente am Tempietto des Jean de
Chenevieres vor S. Luigi dei Francesi oder im jonischen
Fries des Pal. Farnese konnten dem spröden Material abge-
rungen werden52.
Kostbarer war der Marmor, der in allen Farben und
Sorten für die Säulenschäfte der Innenhöfe, für Kamine und
Türrahmen des Inneren, seltener für die Zierstücke des
Außenbaus (Cancelleria, Pal.Giraud, Pal.della Valle, Pal.
Lante-Medici) herangezogen wurde. Am Pal. Massimo
sind die Bänke und der Portalrahmen des Portikus sowie die
Ädikulen des Piano Nobile aus weißem Marmor, die Rah-
men der Mezzaninfenster dagegen aus Travertin gearbeitet.
Am Außenbau des Pal. Farnese bleibt der Marmor auf die
eingestellten Säulen der Balkonloggia beschränkt.
Als Steinbruch für Marmor und Travertin dienten häufig
die antiken Monumente. So hatten Raffaele Riario und
Adriano Castellesi ihren Travertin vom Kolosseum, vom
Gordianusbogen, vom Hekatonstylon, vom Forum und
von der Porta Maggiore bezogen53. Trotz aller Proteste von
Künstlern und Humanisten und trotz der Wachsamkeit der
römischen Behörden wurde dem Treiben der Plünderer
auch während der folgenden Pontifikate kaum Einhalt
geboten54. Ihre Auftraggeber waren häufig die gebildeten
Bauherrn selbst; ja, Paul III. ließ 1547 seinen Camerlengo
Giulio Ascanio Sforza ein Breve ausstellen, das dem Bau-
führer Maccarone die Erlaubnis erteilte, „in quibuscumque
alme urbis et illius districti publicis subterraneis locis
tyburtinos marmoreos et alios lapides dicte fabrice opor-
tunos necnon lapides figuras quaslibet“ für den Pal. Farnese
zu beschaffen.
Neben Travertin und Marmor erfreute sich der weichere
Peperin besonderer Beliebtheit. Auch er war durch antike
Vorbilder vor allem der republikanischen Epoche legiti-
miert. Im Quattrocento relativ selten, wurde er von Bra-
mante für das jonische Geschoß des Cortile de] Belvedere
und für das Altarhaus von St. Peter, von Peruzzi für sämt-
liche Zierstücke des Außenbaus der Farnesina und von Raf-
fael für den Pal. J. da Brescia herangezogen. Nach 1520 trat
er hinter dem Travertin zurück und tauchte nur noch an ver-
einzelten Beispielen wie den Fassaden des Pal. Ossoli und
des Palazzetto Spada oder den kapitolinischen Loggien auf.
52 VasMil, I, 122; Lesellier 1931.
53 Lavagnino, Cancelleria, 28; in einem Rechnungsbuch der Straßen-
meister von 1499 (ASR, Presidenza d. Strade, vol.3, fol.24rss.)
werden Steinbrüche beim Kolosseum, bei S. Maria Nuova und bei
SS.Cosma e Damiano aufgeführt („cava de coloseo“, „cava de
santa maria nova“ usf.); s. auch Lanciani 1883, 227 f.
54 J. Vogel, Bramante und Raffael..., Leipzig 1910, 82ff.

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