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wandelte, taucht er auf seinem Umbauentwurf UA 623 mit
einfachen Stufen auf. Besondere Beachtung verdient die
Treppe, die Peruzzi in seinem Entwurf UA456 für den Pal.
Orsini in den Agrippathermen plante (T. 183e). Dabei
ordnete er die drei Läufe ohne Podest um einen kleinen
Lichthof und erwog die Abrundung der Ecken. Wie Pe-
ruzzi mit nur 36-37 Stufen allerdings das Piano Nobile zu
erreichen gedachte, bleibt bei einer lichten Weite der Hof-
arkaden von 12-18 p. und einem Säulendurchmesser von
3x/2 p. rätselhaft. Einige zweiläufige Treppen mit insgesamt
etwa 52 Stufen, die nur als Pentimente erkennbar sind, hatte
er offenbar verworfen. Eine ähnliche Halbkreistreppe wie
auf UA 456 findet sich in dem von Peruzzi umgebauten Pal.
Savelli (Marcellustheater) (T. 178e). Der Treppe des Pal. J.
da Brescia folgt die Treppe auf Peruzzis Entwurf UA346
für Belcaro, der Treppe in Raffaels Projekt UA310/311
Peruzzis Entwurf UA 376. Insgesamt wird man feststellen
dürfen, daß Peruzzi sich zwar Raffaels Neuerungen virtuos
anzueignen verstand, daß seinen Treppen jedoch der spe-
zifische Charakter ihrer Vorbilder abgeht.

d) Lichthoftreppe
Als weiterer Typus darf die Lichthoftreppe gelten, deren
Läufe im rechten Winkel um einen zentralen Lichtschacht
geführt sind, der als Hauptbelichtungsquelle dient. Dieser
Typus war in Peruzzis Pal. Savelli (Marcellustheater) offen-
bar ausgeführt (T. 178e). Jedenfalls tauchen eng verwandte
Lichthoftreppen in Peruzzis Projekten UA 506 und 597 auf,
zweifellos Haupt- und nicht Nebentreppen, deren oblonger
Lichtschacht durch die Beischrift „aere“ und „Aria‘ ‘ unmiß-
verständlich gekennzeichnet ist (T. 184b). Ähnliche Trep-
penkehren auf Peruzzis späten Entwürfen UA355,356 für
den Pal. Ricci in Montepulciano oder auf Sangallos Ent-
wurf UA 1015 (als Nebentreppe) wieder (T. 184d). Viel-
leicht sollten auch die Nebentreppe auf Sangallos Entwurf
UA 1303 für den Pal. Cantelli in Parma sowie die podestlose
Treppe auf Peruzzis Entwurf für den Pal. Orsini in den
Agrippathermen durch ihren Schacht zusätzlich belichtet
werden (T. 183e, 187d). Unsicher bleibt hingegen, ob die
mit Balustraden ausgestattete Lichthoftreppe im zerstörten
Hof des Pal. delle Cinque Lune noch der ersten Hälfte des
16. Jahrhunderts angehörte49. Den Ursprung der Lichthof-

49 Let., T. 18.

treppe wird man möglicherweise in den Turm- und Wendel-
treppen zu suchen haben. Die Rundtreppe des Pal. Ducale
in Urbino und Bramantes Rundtreppe beim Belvedere fol-
gen dem gleichen Belichtungsprinzip. Auf Leonardos aus-
geklügeltem Entwurf für zwei konzentrische Treppen ist
sie bereits voll ausgebildet (Cod. B, fol. 47r). Zur vollen
Entfaltung gelangte die Lichthoftreppe erst im Barock mit
denTreppenhäusern der Pal. Borghese, Barberini, Pamphili,
Altieri, Astalli und Muti-Bussi50.

e) einläufige Treppe
Vereinzelt finden sich, wiederum vom Grundstück be-
dingt, Treppen mit einem einzigen langgestreckten Lauf.
Das eigenartigste Beispiel, die Treppe des Pal. Capodiferro,
wurde von Borromini erweitert (T.30dff.). Ihre etwa
37 Stufen stiegen ohne Ruhepodest auf, ihr Lauf war
schlecht belichtet und besaß ein niedriges Gewölbe - all
dies Anlaß zu berechtigter Kritik51. Sie hatte einen Vor-
läufer in der Treppe von Peruzzis Entwurf UA 596 für den
Palast des Erzbischofs von Amalfi, deren 35 Stufen eben-
falls in einem Lauf vereinigt sind (T. 184 a). Dem Vorbild
der Treppe bei den vatikanischen Loggien folgend, plante
Peruzzi jedoch auf halber Höhe ein Ruhepodest.

f) Wendeltreppe
Die Wendeltreppe kam im Palastbau unseres Zeitraums
nur als Dienerschaftstreppe zur Verwendung. Ihre Monu-
mentalisierung und Visualisierung blieb trotz des urbinati-
schen Vorbildes zunächst dem Villenbau vorbehalten (Bra-
mantes Rundtreppe beim Belvedere, Raffaels Entwurf
UA273 für Villa Madama, Villa Giulia, Caprarola). Erst
mit den Treppen der Pal. Borghese und Barberini spielte sie
im römischen Palastbau eine bedeutendere Rolle.
In den gleichen Zusammenhang wie die Wendeltreppe
gehört auch die Dreieckstreppe nach dem Vorbild der
Pantheonsvorhalle, die Sangallo auf seinem Villenentwurf
UA1260 vorgesehen und die Raffael in der Villa Madama
begonnen hatte51a.

50 op.cit., T.40, 67,175,179,182,324,342; vgl. auch A. Cornaro bei
Fiocco 1952.
51 s. Bd. II, 66, Dok. 19.
51a Heemskerck ed. Huelsen-Egger, I, 10, T. 10, 17.

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