Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Auch dem Aufriß des Hofes ist das späte Datum seiner
Entstehung nicht sofort anzusehen. Weder die schlanken
Verhältnisse noch die entkörperlichten Pfeiler kehren hier
wieder. Die Disposition lehnt sich enger an den Hof des
Pal. Balami-Galitzin als an irgendein anderes Vorbild an
(T. 170d). Erst das Detail und die Stuckornamente weisen
den Hof als Bau der vierziger Jahre des Jahrhunderts aus.
Wie im Pal. della Valle ist nur das Erdgeschoß in Arkaden
geöffnet und mit einer dorischen Ordnung versehen, wäh-
rend die Obergeschosse Fenstern, Statuennischen und de-
korativem Schmuck vorbehalten bleiben. Die Geschoß-
folge hat sich gegenüber dem Außenbau leicht verschoben.
Fiel dort das Fensterbankgesims mit dem Abschlußgesims
des Erdgeschosses zusammen, so ist hier zwischen das
dorische Gebälk und die Fenster ein stuckierter Sockelfries
eingeschoben. Um die Fenster des Obergeschosses ebenfalls
mit einem Sockelfries auszustatten, wurde das Gesims zum
Piano Nobile entsprechend nach unten gerückt, so daß es,
ohne im Niveau zu korrespondieren, doch die gleiche Aus-
dehnung wie am Außenbau erreicht, das Obergeschoß je-
doch um die Sockelzone erhöht wurde. Das schwach-
schattende Gesims zwischen Piano Nobile und Oberge-
schoß geht im Spiel der Stuckornamentik fast unter. Erst
das vollausgebildete Kranzgesims schafft wieder eine deut-
liche Zäsur. So wachsen die Obergeschosse zu einer über-
mächtigen Einheit zusammen, gegen die sich das Erdge-
schoß noch weniger behaupten kann als im Pal. dell’Aquila.
Noch deutlicher als an der Fassade tritt hier das Unver-
mögen des Baumeisters zutage, die Fläche architektonisch
zu bewältigen. Spannungslos, ohne jede Beziehung zu der
dichten Folge von Ohrenfenstern und bemalten Feldern im
Obergeschoß stehen die konventionellen Ädikulen in der
Fläche. Wie an der Fassade bleibt dem Stukkateur die eigent-
liche Gestaltung überlassen. Zu dem antikisierenden Fen-
sterfries der beiden Obergeschosse mag ihn der Hof des Pal.
della Valle inspiriert haben, zu den Nischenfiguren und

Wappenkartuschen wohl wiederum der Pal. dell’Aquila
(T. 152b,7a). An der Rückwand hielten Jünglinge die
Wappen Julius’ III., des Königs von Frankreich und des
Bauherrn. Uber die Nischen der übrigen Wände verteilten
sich Bilder der olympischen Götter, und in den beiden
Sockelfriesen wechseln Kampf-, Jagd-, Liebesszenen,
Meerthiasoi und andere Sarkophagmotive. Ähnlich wie an
der Fassade wird die Zone zwischen den Ädikulen und dem
Zwischengesims von beschwingten Stuckgrotesken belebt.
An der Rückwand balancieren bacchantische Panisken auf
der äußersten Kante der Ädikulen und reichen sich über das
Mezzaninfenster hinweg Fruchtkörbe und Karaffen. Die
Zwischenräume füllen reiche Festons mit zierlichen Akten,
Masken, Tüchern und flatternden Bändern. An den übrigen
Wänden wiederholt sich ein ähnliches Schema ohne die
virtuose Meisterschaft der Rückwand. Das gleiche Quali-
tätsgefälle ist an den verschiedenen Abschnitten des Akan-
thusfrieses zu beobachten, der sich halb dem Kranzgesims,
halb den freieren Ornamenten des Piano Nobile zuordnet.
Schließlich brachten die großfigurigen Szenen in den Fel-
dern des Obergeschosses auch einen farbigen Akzent in das
Gesamtbild, das man sich im übrigen in heller Tönung wird
vorstellen dürfen. Gegenüber der spielerischen Lockerheit
des Piano Nobile ist im Obergeschoß eine zunehmende Ver-
dichtung des Flächenreliefs zu beobachten, eine eigenartige
Schwere, die sich schlecht mit dem dekorativen Charakter
des Piano Nobile verträgt.
In den ungestelzten Arkadenbögen, die am Kämpfer zu
divergieren scheinen, offenbart sich wiederum die Schwäche
des Architekten. Das leichte dorische Gebälk und die ver-
einfachten, wenn auch nicht abstrahierten Profile stehen
etwa auf der Stufe des Pal. A. Massimo.
So greift der Hof des Pal. Capodiferro noch einmal ver-
schiedenste Motive der vergangenen Jahrzehnte auf, ohne
jedoch den Übergang zur zweiten Jahrhunderthälfte anzu-
bahnen.

170
 
Annotationen