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Fuchs, Hans [Bearb.]; Marini, Marino [Ill.]
Marino Marini - Il Miracolo 1953 — Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek, Band 70: Stuttgart: Reclam, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.72983#0005
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Keine fotografische Reproduktion kann nur an-
nähernd die Form- und Raumspannungen und die
Dramatik der von Marino Marini 1953 geschaffenen,
über 2,55 Meter hohen Bronzefigur eines mit seinem
Reiter hochaufgerichteten Pferdes wiedergeben, der er
den Titel „II Miracolo" gab. Diese Figur ist schließlich
das Ergebnis einer langen, schier kaum noch überseh-
baren Reihe schöpferischer Variationen des Reiter-
themas — in Plastik wie Malerei und Zeichnung — von
einer geradezu morphologischen künstlerischen Folge-
richtigkeit der Entwicklung. Gleichzeitig markieren
diese in ihren Stufen deutlich die Wandlung der Raum-
und Weltanschauung des Plastikers Marino Marini bis
hin zu jener visionären Plastik des Miracolo, die eine
krisenhafte, fast völlige Umkehr anzeigt.
Das plastische Schaffen Marinis wurzelt im Erbe me-
diterraner Körperkunst, das in immer neuen Wieder-
geburten jener stets latent vorhandenen, bodenständi-
gen Elemente des Italisch-Etruskischen und des Italisch-
Hellenistischen die eigentümliche Entwicklung der Pla-
stik in Italien bestimmt. Mit dem in der Toscana gebo-
renen Marino Marini gewinnt die „tuskische" Kompo-
nente nicht nur für Italien Bedeutung.
Die ersten Reiterfiguren Marinis (1936) stehen so in
der italischen Tradition statischer Monumentalität wie
der kapitolinische Marc Aurel oder der Gattamelata auf
dem Platz vor San Antonio in Padua. Aber diese monu-
mentalen Male imperialer Macht waren für Marini keine
Leitbilder. Er befürchtete, in den Sog der offiziellen
Kunst jener dreißiger Jahre mit ihrem hohlen Pathos zu
geraten. Sorgfältiges Studium der Körperanatomie gab
ihm die Möglichkeit realistischer Ernüchterung. Der

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