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Füssli, Johann Rudolf; Füssli, Johann Heinrich [Editor]; Füssli, Johann Rudolf [Contr.]
Allgemeines Künstlerlexikon oder Kurze Nachricht von dem Leben und den Werken der Mahler, Bildhauer, Baumeister, Kupferstecher, Kunstgießer, Stahlschneider ... (2,7, Anhang): welcher das Leben Raphael Sanzio's, und die Litteratur von dessen Werken in sich faßt — Zürich: Orell & Füßli, 1814

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https://doi.org/10.11588/diglit.59570#0020
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F2

Ionas und Habacuc 56); und die vier Sybillen
(Cumaische, Persische, Phrygrsche, Liburtinische),
was nach vajÄn (merkwürdig genug, wenn es wahr
ist) für das Schönste unter so viel Schönem gehalten
wurde, was Raphael je in seinem Leben gemalt.
Alles war von der größten Lebhaftigkeit, und dem
trefflichsten Kolorite. Allein schon Richardson
sand, bald das Ganze, durch Rittvcciren so gut als
verdorben. (Eine derselben, die erste bey dem
Eingänge, schien in 1763. dem Verfasser gegen-
wärtiger Zusatze noch die erhaltenste zu sepn 57). —
In Oel malte er für die Kirche Ara Coelr, was
späterhin (1565.) nach Foligno kam, die daher

in seiner ganzen Furchtbarkeit, in Oel malte 53).
Dann ein herrliches Silentium, welchem Joseph,
auf seinen Stab gestützt, mit Ehrfurcht zu-chant:
Auf dem Gesichte der Madonna befinde sich die
höchste Schönheit, Munterkeit (aUs^rer^n) und
Frömmigkeit vereint Z4> Hiernachst seinen
Esajas in St. Augustin 55) , von welchem M.
Angelo (sehr charakteristisch für ihn selbst) soll ge-
sagt haben: Das einzelne Knie an demselben sey
so viel werth, als der Besteller sär die ganze Fi-
gur verweigert hatte. Dann, gleich dem Esajas,
in Frescv, für die Kapelle Christi in St. Maria
della Paee die vier Propheten: Daniel, David,
53) Zu Vasari's Zeiten befand sich solches, den ersten Ausgaben seines Werkes zufolge, in St. Maria del
Popolo; nach dem Bologneser-Drucke hingegen im Besitze des Kardinals Sfondratk. Eine ordentliche Kopie
davon (nach Bottari) von A. Neucci in St. Augustin. Ebenfalls nach Bottart sollen in altern Tagen G.
Mantuan u. a. es gestochen haben, Heinecke II. 566. neuntes zwar, aber, wie es scheint, nicht ans eigener
Ansicht. Auch bey Winkler fehlt solches. Zwey Bildnisse Julius II. (ob eines derselben das unsrige?) standen
noch zu Richardsons Zeiten in den Pallasten Giustiniani u. Caffarelli, und (1764.) eines in der Gallerte
Corsini zu Rom. Auch in der Großherzoglichen zu Florenz befand fick ein ähnliches (jetzt in Paris); und in
der Sammlung des Herzogs von Devonshire in England die schöne Zeichnung des Kopfs nach einem dersel-
ben, welche auf eine Halbfigur im Lehnsessel deutete UichÄrcison III. 105.259. u. 526. Von demjenigen zu
Florenz sagt er, es sey von braunlichtem Kolorite. In dem: lVlnnuel cku lVluxeum lssr-Ln^i-i iv. zo. erscheint
es als Kunsteroberung aus dem Pallaste Pitti (.5^ i" hoch, und 2^ 2" breit) ebenfalls als Kmeestück in einem
Lehnseßel. „Ein" (heißt, es dort) „sehr nachdenkender, aber etwas hart gemalter Kopf." In gedachtem
Manuel ist er im Umrisse nachgebildet. Eben so bey Bandon: Vie er Oeuvre cks bilro. 471.
Dort heißt es: Daß Morel und Ehataigner solches auch besonders gestochen haben.

54) Auch dieses Bild hatte sich einst in Maria del Popolo befunden. Niemand weiß, wo dasselbe, so wenig, als'
wo das Bildniß Julins II. hingerathen sey. Von den Sticken nach so zahllosen H. Familien nach Raphael
scheint einzig das schone Blatt von Franz Poilly (Heinecke II. 427. und Winkler Nro. 1708 u. 59.) und
ausgestocheu von C. Simonneau für Crozat, nach einem kleinen 25" hohen und »7" breiten Bilde zu passen,
das sich einst im Kabinet Carr'gnan befand.
55) In Fresco (sagen einige), nickt in Oel, wie es bey Richardson m. --55. heißt. Bekanntlich wird, bep
Gelegenheit dieses Bildes, von Vasari u. a. behauptet, daß Raphael nm diese Zeit, durch das Studium
von Buonarotti's Arbeiten in der Päpstlichen Kapelle, in welche Bramante ihn heimlich eingeführt habe, eine
größere Manier angenommen, und daß namentlich dieser Esajas als die erste Frucht seines neuen höher» Be-
strebens zu betrachten sey. Allein mehrere, Lanzi besonders vortrefflich (Lä,?. wr?. n. 60—62) haben sieg-
reich genug gezeigt, daß unser Künstler früher, wie von jedem seiner berühmten Vorgänger, also auch von
M. Angelo, sicher manchen Vortheil — und wohl namentlich den einer größern Kühnheit der Zeichnung gezo-
gen — ja selbst, daß es immerhin wahr seyn dürfte, was B. Varchi in der Leichenrede dieses letztem erzählt:
„Daß Raphael Gott gedankt, einen Mann wie Michael erweckt zu haben" (kicllarllr>on III. -56.); aber
dann, fragt Lanzi: Nachdem Sanzio die Stanza della Segnatura bereits vollendet hatte, laßt sich kaum
Mehreres sagen, als daß, wenn derselbe Buonarotti's Manier in einigen seiner Werke nachgeahmt, er solche
noch schöner und majestätischer gemacht. Wer daher bemerken will , woran es M. Angelo's Sibyllen gebreche,
der sehe Raphaels seine, oder, was den Propheten des erstem mangle, der betrachte eben den Esajas des
letztem. Indessen wird auch dieser, wie bald Alles unter der Sonne, ungleich beurcheilt, und z. B. in hand-
schriftlichen Notizzen eines Kenners, neben dem schleckten Kolorite, ein dürftiger Faltenbruch gerüget. Leider
steht auch (wie schon Richardson Hl. 155. bemerkt) dieses immerhin merkwürdige Bild) in einem ungünstigen
Lichts. Sonst fand er es noch ziemlich gut erhalten. Dagegen sagt uns Ranrdohr lll. 248.: „Man kann
das Bild nicht mehr recht beurtheilen , da es äußerst gelitten hat. Der Kopf scheint von großem Charakter,
und im Styl der Antiken gedacht zu sepn. Der Stellung und den Gewändern merkt man des Künstlers Be-
kanntschaft mit Fra Bartholomeo an; diese sind in große Falten geschlagen, die das Nackende gut bezeichnen.
Das einst so berühmte Knies hat am meisten gelitten. Gestochen ist dieses Bild unsers Wissens, einzig (meister-
haft) von H. Golzius (1592.), und auf dem Titelblatts zu Raphaels Bibel, von Chapron, so wie es auck
derjenigen von Aquila und Fantetti beygesügr ist. Bey Füssli I. 164. findet fick eine Anmerk, von Füger,
welche (einer Biographie der alten Neapolitanischen Meister zufolge) behaupten will, dieser Esajas sey nicht
von Raphael selbst, wohl aber nach deßen Carton von seinem Schüler A. de Salerno gemalt.
56) Woher Bottart solche nicht Raphael, sondern Rosso Rossi zueignen will, ist uns unbekannt. Auch scheint
Mariette (Oeu. pitmr. IV. 385.) dieser Behauptung nicht viel Glauben beygemessen zu haben. Gestochen
sind sie in zwey großen Blättern, nach W. Courters Zeichnung, von W. Chateau (1660.). Zwey derselben
giebt auch Landon im Umrisse Nro. -Zi.

57) »Daß die Zeichnung richtig, die Zusammensetzung aber — schwach, und solches vermutlich dem unbequemen
Platz beyzumeffen sey ", gehört zu den dürftigen Urtheklen von Volkmmm (II 405.). Gestochen wurden solche
(Alle auf Einem Blatt, so wie sie auch im Urbklde Ein Ganzes ausmachen) vor 40. Jahren (man kann sich
denken wie genau!) von I. Volpato. Lange vorher wollt' es der Schweitzer I. Frey thun. Allein (gewis-
senhafter als der Welsche) stand er, beym Anblick ihrer Verwüstung, von dem Vorhaben ab. Die Litteratur
dann von altern Blättern, findet fick, etwas verworren, bey Heinecke II. 499—501. und bey Winklev
Nro. 5975—85. Nur ein einziges seltenes Blatt von einem unbekannten Meister wird so bezeichnet: „Zwey
sitzende Sibyllen, eine junge zur Reckten, und eine alte zur Linken, und ein Engel in der Mitte, der sich aus
eine lange Maschiene (sagt Heinecke) lehnt, und: sur uns bass (heißt es bey Winkler). Ein
zweyter Engel fliegt über ihnen, und hält.einen großen Zettel; nach Raphael in della Pace zu Rom". Eine
andere, theils von M. Anron, theils von Hugo da Carpi und von Roßigliani in Helldunkel gearbeitet, sitzt
und liest in einem Buche, das ein Kind mit einer großen Fackel beleuchtet. Nachgebildet findet sich diese
(junge) Sibylle im Umrisse bev Landon Nro. 455. und auf demselben Blatt eine alte; diese hält ebenfalls
ein Buch in der Hand; ein kleiner Engel spricht bedeutend mit ihr; ein — Dintenfaß, wie es scheint, steht zur
Seite. Diese soll dem Stiche eines Unbekannten nachgebildet seyn. Beyde aber sind nicht die in Pace be-
findlichen. Eine dann von diesen letzter« befindet sick in: knrsälgm. Nro. 22., wo solche irrig für
M. Angelo's Arbeit gegeben wird. „Diese" (sagt Richardson Ilft r58-) »stützt sich auf beyde Hände, und
betrachtet aufmerksam, mit gestrecktem Hals, eine junge Frau, ohne Zweifel die Mutter des von allen Völ-
kern verlangfen Sohnes" (wahrhaftig aber keine andere, als ihre jüngere Schwester-Sibylle). Wieder ein
ganz anderes Bild dann (wir wissen nicht, ob aus einem Gemälde, oder aus einer Zeichnung von Raphael
geschöpft) ist die Darstellung zweyer Sibyllen auf Einem Blatte, beyde jugendliche sehr schöne Gestalten,
unter dem Namen der Tibmtinischen und Cumäischen. Die eine, zur Rechten, ruht mit dem linken Fuß auf
einem Piedestal, und schreibt in ein Buch; die andere zur Linken hält ein solches im Arm, und richtet ihr
Äug zum Himmel. Dieses Bild ist theils ebenfalls von M. Anton, theils von ein Paar Unbekannten gestochen,
und im Umrisse nachgebildet bey Landon Nro. >6o. Richardson (l. c. u. 160.) behauptet: Sein Vater
habe eine mit Silberstift gefertigte Raphaelische Handzeichnung der bepden bey Episcopius befindlichen Fi-
guren sowohl, als eine andere von einem der Propheten besessen. Noch wissen wir nicht, ist es der Such von
Volpato, welcher in neuern Tagen bey Paul Momagnini zu Nom, für 20. Zecchini, colorirt zu finden war?
 
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