dem, daß schon LanzL u. a. von ihm nicht verächtliche
des Sohns für die Kunst bemerkte, ihn sehr frühe
dazu anführte, und zwar mit solchem Erfolge, daff
der Knabe in Kurzem, bey mancherlei) Arbeiten z.)
im Staat von Urbino, ihm beholfen seyn konnte.
Bald aber mußte der erstere finden, und (unbe-
fangener, als so manche Vater von Künstlern vor
und nach ihm) fand er wirklich- daß sein Sohn
noch eines ganz andern Meisters bedürft, als Er
war 4.). In der Auswahl eines solchen k-nnt' er
nicht lange zweifelhaft seyn, als man ihm sagte:
Der berühmteste Maler von damals, weit und breit,
sey Pietro Vanucei in Perugia. Er eilt dahin.
Peter befand sich eben abwesend in Rom. Johann
wartet dessen Rückkehr ab. Beyde waren gesittete
Manner, und wurden bald Freunde. Jetzt eröff-
net der Urbinate dem Peruginer seinen angelegen-
sten Wunsch, rühmt ihm bescheiden die schöne»
Sanzis (Raphael). Mögen vasan, und,
nach ihm, so Viele, mit einem gewissen Heilig-
thun bemerken: Daß Raphael am Charfreytage,
y. Uhr Abends geboren ward. — Uns scheint aus
der Geschichte des ersten Mvnathe eines solches
Lebens wichtiger, zu erwähnen, wie Johann, sein
Vater, es für gerathener hielt, diesen seinen ein-
zigen Sohn — nicht an die Brust einer Amme,
sondern an die seiner eigenen Mutter zu legen.
Mit ihrer Milch sollten ihm von Geburt an die
mildern Sitten und Gefühle seines väterlichen Hau-
ses, statt der rohern einer Bauernhütte, und des
manigfachen Pöbelwahns ihrer Bewohner eingefiößt
werden 1.). Ueberhaupt mochte sein Vater, wenn
auch, nach gemeiner Meinung 2) kein besonderes
Kunstlicht, übrigens ein trestich guter und ver-
nünftiger Mann seyn, der, sobald er die Neigung
1. ) VasarL ausdrücklich.
2. ) Wir sagen nach gemeiner Meinung. Allein, neben . ...
Werke nennen, kennt man noch ein großes Altarblatt von seiner Hand, das, wenigstens nach den Bruchstücken der
Kopie eines geschickten jungen Schweitzerkünstlers zu urtheilen, wirklich etwas Ungemeines seyn muß, und beson-
ders auch das Uttheil vollkommen rechtfertigt, welches wir schon oben (s. den Art. Johann Sanzio) von
ihm gefällt haben: „Daß er feinen großen Sohn wenigstens auf jene einfache Bahn leiten konnte, die noch
von keinen Vorurtbeilen dss Manierismus verdorben war". Dieses Bild hängt in St. Francesko zu Urbino
(welches jLanzi nicht kennt, oder vielmehr ein ganz anderes damit zu verwechseln scheint) und stellt in feistem ober»
Theil die H. Jungfrau mit dem Kinde auf einem Throne sitzend, über ihr Gott den Vater in güldner Glorie
und von Engelchen umzingelt vor. Maria zur Seite links steht Johann Baptist' hinter ihm St. Fraucisc;
zur Rechten St. Sebastian, und hinter diesem der erste Nachfolger Petri (St. Linus) mit Buch und Feder in
der Hand. Im untern Theil daun, ganz im Vorgrunde, malte sich Giovanni selbst, mit seiner Hausfrau
knieend, und vor ihnen eben so ihr Söhnchen Raphael, als kleines Kind, mit gefalteten Händchen. Auffallend
ist die vollkommene Aehnlichkeit der Mutter in Form und Ausdruck mit dem Bildniß ihres Sohns , so wie sol-
ches in der Schule von Athen erscheint. Die Figuren alle sind lebensgroß; ihre Behandlung uud Kolorit kom-
men freylich dem Peruginer nicht gleich; aber im Styl der Zeichnung dürfte dieselbe eher grandioser, als ge-
wöhnlich die dieses letztem seyn.
Z.) Zwar nicht Töpferarbeiten (doch was wär's?) wie, ohne Anführung einer einzigen lautern Quelle, bis auf
uns hinab, es von Mund zu Mund ging.
4.) Eine Madonna mit dem Kind im Arm, von dem jungen Raphael, ohne Anleitung, auf die Hofwänd im
väterlichen Hause, in einem Styl gemalt, der des Vaters Sphäre weit überflog , soll diesen von der Unzu-
länglichkeit seiner Kräfte zur weitern Ausbildung des Sohns, vornäml-ch überzeugt haben. »us
llom igio. 8. loo. An einer steilen Gaffe nämlich zu Urbino, wenige Schritte von der Locanda della Stella,
links bergauf liegt das kleine von Backsteinen erbaute Haus, worin Raphael geboren und erzogen ist. Ueder
dem Eingänge steht auf einer Marmortafel:
Xungurrm moriturus exi^uis ttt^cs lu seäibus eximius ills xictor 7k^b«eZ nutuz est oct. lä.
NLVXXLill.
Und weiter, in hoher Einfalt, wie es sich geziemt:
Venersns i§itur stoppe« nomv» et Asniam loci. Xe rnirers: luäit in humsnis äivina potentta rebuL,
et 5oep6 in parvi-8 cluuflers Magnx r><cket. .
Das erwähnte kleine Bild nun wurde von seiner ersten Stelle ausgefägt, und ist oben im Wohnzimmer kn
die Mauer eingelassen. Maria hält auf dem Schoost das Kind, welches sich sanft schlummernd an ihre Brust
schmiegt; sie liest in einem kleiuen, neben ihr liegenden Buche; ihr Kopf im Profil ist äußerst jungfräulich
zart, doch mütterlich; das Ganze ist voll stiller Heiligkeit; dann aber zeigt die Unbehülflicbkeit kn der Ausfüh-
rung, besonders auch der Faltenwurf am Mantel, daß es einer von des Künstlers ersten Versuchen kn eigener
Erfindung mag gewesen seyn. Noch ein anderes kleines Bildchen, das sich in diesem Hause von ihm befand,
soll (Gott sey bey uns!) von einem französischen Militär wegstipktzt worden seyn. Was andere Einwohner
zu Urbino etwa noch von ihrem berühmten Mitbürger mögen besessen haben, soll (heißt es dort) Alles verkauft wor-
den seyn. All' Obiges haben wir aus einer Notizz des vorhin (Anm. 1.) genannten Schweitzerkünstlers ver-
nommen, der dan« hinzusetzt: „Noch ist in Urbino eine sehr merkwürdige Kapelle, St. Giovanni, mit einem
Plafond von wunderbar gefügtem rohen Balkenwerk, die Wände aus Giotto's Zeit mit heiligen Geschichten
ganz übermalt. Wie oft mag der junge Raphael in dieser alterthümlichen Kapelle verweilt und studkrt haben!"
Auch Ü. Lrespi fand 1760. während seines Aufenthalts zu Urbrno noch eine einzige Arbeit von ihm — aber
freylich eine treffliche, fein eigenes Bildniß in dem dortigen Hanse Albani, und zwar auf die Mauer gemalt,
uud mit Glas bedeckt. Des Bildes im väterlichen Hause hingegen gedenkt Lrespi nicht; wohl aber deckte er
jene Jnnschrist über der Thüre mit feinen Küssen. L.ett. pirwr. iv. 292 — 93-
Änh. zum VII. Heft. . 7
des Sohns für die Kunst bemerkte, ihn sehr frühe
dazu anführte, und zwar mit solchem Erfolge, daff
der Knabe in Kurzem, bey mancherlei) Arbeiten z.)
im Staat von Urbino, ihm beholfen seyn konnte.
Bald aber mußte der erstere finden, und (unbe-
fangener, als so manche Vater von Künstlern vor
und nach ihm) fand er wirklich- daß sein Sohn
noch eines ganz andern Meisters bedürft, als Er
war 4.). In der Auswahl eines solchen k-nnt' er
nicht lange zweifelhaft seyn, als man ihm sagte:
Der berühmteste Maler von damals, weit und breit,
sey Pietro Vanucei in Perugia. Er eilt dahin.
Peter befand sich eben abwesend in Rom. Johann
wartet dessen Rückkehr ab. Beyde waren gesittete
Manner, und wurden bald Freunde. Jetzt eröff-
net der Urbinate dem Peruginer seinen angelegen-
sten Wunsch, rühmt ihm bescheiden die schöne»
Sanzis (Raphael). Mögen vasan, und,
nach ihm, so Viele, mit einem gewissen Heilig-
thun bemerken: Daß Raphael am Charfreytage,
y. Uhr Abends geboren ward. — Uns scheint aus
der Geschichte des ersten Mvnathe eines solches
Lebens wichtiger, zu erwähnen, wie Johann, sein
Vater, es für gerathener hielt, diesen seinen ein-
zigen Sohn — nicht an die Brust einer Amme,
sondern an die seiner eigenen Mutter zu legen.
Mit ihrer Milch sollten ihm von Geburt an die
mildern Sitten und Gefühle seines väterlichen Hau-
ses, statt der rohern einer Bauernhütte, und des
manigfachen Pöbelwahns ihrer Bewohner eingefiößt
werden 1.). Ueberhaupt mochte sein Vater, wenn
auch, nach gemeiner Meinung 2) kein besonderes
Kunstlicht, übrigens ein trestich guter und ver-
nünftiger Mann seyn, der, sobald er die Neigung
1. ) VasarL ausdrücklich.
2. ) Wir sagen nach gemeiner Meinung. Allein, neben . ...
Werke nennen, kennt man noch ein großes Altarblatt von seiner Hand, das, wenigstens nach den Bruchstücken der
Kopie eines geschickten jungen Schweitzerkünstlers zu urtheilen, wirklich etwas Ungemeines seyn muß, und beson-
ders auch das Uttheil vollkommen rechtfertigt, welches wir schon oben (s. den Art. Johann Sanzio) von
ihm gefällt haben: „Daß er feinen großen Sohn wenigstens auf jene einfache Bahn leiten konnte, die noch
von keinen Vorurtbeilen dss Manierismus verdorben war". Dieses Bild hängt in St. Francesko zu Urbino
(welches jLanzi nicht kennt, oder vielmehr ein ganz anderes damit zu verwechseln scheint) und stellt in feistem ober»
Theil die H. Jungfrau mit dem Kinde auf einem Throne sitzend, über ihr Gott den Vater in güldner Glorie
und von Engelchen umzingelt vor. Maria zur Seite links steht Johann Baptist' hinter ihm St. Fraucisc;
zur Rechten St. Sebastian, und hinter diesem der erste Nachfolger Petri (St. Linus) mit Buch und Feder in
der Hand. Im untern Theil daun, ganz im Vorgrunde, malte sich Giovanni selbst, mit seiner Hausfrau
knieend, und vor ihnen eben so ihr Söhnchen Raphael, als kleines Kind, mit gefalteten Händchen. Auffallend
ist die vollkommene Aehnlichkeit der Mutter in Form und Ausdruck mit dem Bildniß ihres Sohns , so wie sol-
ches in der Schule von Athen erscheint. Die Figuren alle sind lebensgroß; ihre Behandlung uud Kolorit kom-
men freylich dem Peruginer nicht gleich; aber im Styl der Zeichnung dürfte dieselbe eher grandioser, als ge-
wöhnlich die dieses letztem seyn.
Z.) Zwar nicht Töpferarbeiten (doch was wär's?) wie, ohne Anführung einer einzigen lautern Quelle, bis auf
uns hinab, es von Mund zu Mund ging.
4.) Eine Madonna mit dem Kind im Arm, von dem jungen Raphael, ohne Anleitung, auf die Hofwänd im
väterlichen Hause, in einem Styl gemalt, der des Vaters Sphäre weit überflog , soll diesen von der Unzu-
länglichkeit seiner Kräfte zur weitern Ausbildung des Sohns, vornäml-ch überzeugt haben. »us
llom igio. 8. loo. An einer steilen Gaffe nämlich zu Urbino, wenige Schritte von der Locanda della Stella,
links bergauf liegt das kleine von Backsteinen erbaute Haus, worin Raphael geboren und erzogen ist. Ueder
dem Eingänge steht auf einer Marmortafel:
Xungurrm moriturus exi^uis ttt^cs lu seäibus eximius ills xictor 7k^b«eZ nutuz est oct. lä.
NLVXXLill.
Und weiter, in hoher Einfalt, wie es sich geziemt:
Venersns i§itur stoppe« nomv» et Asniam loci. Xe rnirers: luäit in humsnis äivina potentta rebuL,
et 5oep6 in parvi-8 cluuflers Magnx r><cket. .
Das erwähnte kleine Bild nun wurde von seiner ersten Stelle ausgefägt, und ist oben im Wohnzimmer kn
die Mauer eingelassen. Maria hält auf dem Schoost das Kind, welches sich sanft schlummernd an ihre Brust
schmiegt; sie liest in einem kleiuen, neben ihr liegenden Buche; ihr Kopf im Profil ist äußerst jungfräulich
zart, doch mütterlich; das Ganze ist voll stiller Heiligkeit; dann aber zeigt die Unbehülflicbkeit kn der Ausfüh-
rung, besonders auch der Faltenwurf am Mantel, daß es einer von des Künstlers ersten Versuchen kn eigener
Erfindung mag gewesen seyn. Noch ein anderes kleines Bildchen, das sich in diesem Hause von ihm befand,
soll (Gott sey bey uns!) von einem französischen Militär wegstipktzt worden seyn. Was andere Einwohner
zu Urbino etwa noch von ihrem berühmten Mitbürger mögen besessen haben, soll (heißt es dort) Alles verkauft wor-
den seyn. All' Obiges haben wir aus einer Notizz des vorhin (Anm. 1.) genannten Schweitzerkünstlers ver-
nommen, der dan« hinzusetzt: „Noch ist in Urbino eine sehr merkwürdige Kapelle, St. Giovanni, mit einem
Plafond von wunderbar gefügtem rohen Balkenwerk, die Wände aus Giotto's Zeit mit heiligen Geschichten
ganz übermalt. Wie oft mag der junge Raphael in dieser alterthümlichen Kapelle verweilt und studkrt haben!"
Auch Ü. Lrespi fand 1760. während seines Aufenthalts zu Urbrno noch eine einzige Arbeit von ihm — aber
freylich eine treffliche, fein eigenes Bildniß in dem dortigen Hanse Albani, und zwar auf die Mauer gemalt,
uud mit Glas bedeckt. Des Bildes im väterlichen Hause hingegen gedenkt Lrespi nicht; wohl aber deckte er
jene Jnnschrist über der Thüre mit feinen Küssen. L.ett. pirwr. iv. 292 — 93-
Änh. zum VII. Heft. . 7