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Füssli, Johann Rudolf; Füssli, Johann Heinrich [Editor]; Füssli, Johann Rudolf [Contr.]
Allgemeines Künstlerlexikon oder Kurze Nachricht von dem Leben und den Werken der Mahler, Bildhauer, Baumeister, Kupferstecher, Kunstgießer, Stahlschneider ... (2,7, Anhang): welcher das Leben Raphael Sanzio's, und die Litteratur von dessen Werken in sich faßt — Zürich: Orell & Füßli, 1814

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https://doi.org/10.11588/diglit.59570#0067
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8. Chrjsii Gebet im Garten (y" hoch, io br.)
auf Holz. Der Heiland (sehr gemeine Figur)
auf den Knieen; ein Engel bringt ihm den Kelch;
die Jünger schlafen Z12).
9. Die Kreutztragung (9" hoch, 2/ 7-2" br.),
eine Frise, auf Holz. Ein junger Mensch unter-
stützt den heiter aussehnden Erlöser. Vier Scher-
gen; ein Soldat mit einer Hellbarde. Zwey Reu-
ter voran; die H. Mutter, die in Ohnmacht sin-
ken will, von St. Johann und den drey Marien
begleitet (zusammen 14. Figuren) Ziz).
10. Die Grablegung (oder vielmehr eine Pieta),
Nebenbild von Nr. 8. vollkommen von nämlicher
Größe, auf Holz. Landschaft mit drey Baumen.
Auf den Knieen der Mutter liegt der von St.
Joseph gehaltene Leichnam. Magdalena knieend,
küßt ihm den rechten Fuß. Zwey Apostel blicken
mit Schmerzen auf ihn. Madonna tragt eine Art
Nonnen-Schleyer Z14).
Diese drey Bilder (Sr. 8. 9. u. 10.) in San-
zio's frühester Manier, standen über die Stufen
des Altars der Nonnenkirche St. Anton zu Peru-
gia, für welche R auch das Altarblatt selbst
(ebenfalls eine Pieta, mit dem bekleideten Leich-
nam ziz) gemalt hatte. Die Königin Christina
kaufte jene dreye von den besagten Nonnen; als-
dann kamen sie (nach den Emen Nachrichten un-
mittelbar, nach andern aus dem Kabinct Brae-
ciano, mit mehr Anderm) an Orleans. Von Nr.
10. besaß der H. von Corzat eine Zeichnung des
ersten Gedankens.
n. u. 12. Franzisc und St. Anton von Pa-
dua, Nebenbilder auf Holz (jedes 9" hoch uud
10" br.). Der letztere halt in der Rechten eine
Lilie, in der Linken ein Buch; der erstere ein Buch
und ein hölzernes Kreuz. Auch diese beyden Bild-
chen sollen sich, mit obigen, ander nämlichen Stelle
zu Perugia befunden haben 316).
13. Bildniß Julius II. (Z/ hoch, 2/ Z" br.)
auf Tuch. Der Papst mit langem weißem Bart,
in einem Lehnstuhl mit hohem Rücken, die linke
Hand auf dem linken Stuhlarm, an jeder Hand
drey Ringe 3r7>
14. Junger Mann, lebensgroße Halbfigur, halt
ein Buch vor sich. Einige hielten's für das Bild-

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niß Bindo's Allouesi's (wohl Altovtti's?) von Ra-
phael in der Jugend gemalt.
iZ. Bildniß einer alten Frau (11" hoch, 9/2"
br.) auf Holz, in natürlicher Größe, in einer ein-
fachen gelben Haube; das weiße Haar fällt ihr auf
die Stirne. Man sieht ihr den ganzen Hals,
und ein wenig von hxr Brust zig).
16. Das Gesicht Ezechiels 319).
Die Notizzen von oberwähnten 16. Bildern ha-
ben wir, theils aus dem Texte zu dem bekannten
Erozarschen Werke, theils aus Dubois de St.
(öelais sehr genauen: Oeseription kies lableanx
äu kalms Ro^al 8?. Paris 727. geschöpft, welche
sogar bey manchen derselben die Farben der Ge-
wänder, des Grunds u. dgl. angiebt. Wer aber
sagt uns nun, wo die Nr. i. 2. 6. 7. 8. 9. io.
ii. 12. iZ. 14. u. iz. bey der Zersplitterung der
Gallerie Orleans hingerathen sind?
Dann befanden sich einst in Ewzar's Kabintt
selbst, von Sanzio's Original-Bildern ff.:
1. Eine H. Familie, auf Holz (2/ 1/2" hoch,
i/ 8/2" br.): Madonna sitzend, das Kind auf der
Schvoß, das nach ihrer Brust langt, und gegen
Joseph blickt, der es, auf seinen Stock gelehnt,
aufmerksam anschaut. „Dieses B-ld" (heißt es
in dem Werke von Crozat) „scheint zur Zeit der
Disputa gemalt zu sepn. Joseph, ohne Bart, ist
vielleicht ein Bildniß. Dasselbe kam aus dem Haus
Angouleme, und wurde wohlfeil verkauft, weil es
überall, und zwar schlecht, retouchirt war. Ein
(wir glauben holländischer) Künstler, Vandine,
wußte ältern und neuern Unrath, gleich einer Decke,
davon abzunehmen, und ihm so seinen ursprüngli-
chen Werth wieder zu geben. In dieser erneuer-
ten Gestalt kam es an den Herrn von Crozak 320).
2. Derjenige St. Georg, dessen wir schon oben
ausführlich Erwähnung gethan 321), und welcher,
nach Crozat's Tod in die Königliche Sammlung
übergieng. Gegen Felibien s Meinung, ist es
wahrscheinlich das unsrige, wo der Heilige den
Hosenband-Orden tragt, welches Raphael ur-
sprüngliU) für Heinrich VIII. in England malte;
auch tragt es noch den Stempel, welchen späkher-
hin Carl I. allen Bildern der Königlichen Samm-
lung geben ließ. Aus dessen Verlassenschaft kam

Zis) Sehr gemein gestochen findet es fick, in der Größe des Urbilds, bey Crozat, Nr. 2z. von I. CH. Flipart,
und im Umrisse bey Landon 1. c. Nr. -26.
Z>3) Gestochen in natürlicher Größe für Crozat Nr. 26. und im Umrisse bey Landon l. c. Nr. 216.
Zl4) Gestochen ist solches (gut) von Cl. Duflos für Crozat Nr. 27. in der Größe des Urbilds. Landon l. c.
giebt es nicht.
Ziz) S. oben S. 6. u. Anm. 20.
z,6) Stiche davon kennen wir keine. Auch Landon hat sie nicht.
Zl7) Somit für Größe, Stellung und Staffirung demjenigen aus Pitti fast vollkommen gleich, etwa den hohen
Rücken des Lehnstuhls ausgenommen. Auch die Ringe haben beyde, doch der aus Pitti nur fünfe. Immer-
hin bleibt es übrigens unausgemacht, welches das Bild des H. Vaters sey, dessen schon yasari gedenkt.
Einen Stich, namentlich nach dem Uusrigen aus Orleans, kennen wir keinen.
Zi8) Von diesem, so wie von Nr. 14. kennen wir keinen Stich. >
Zrg) Alles von diesem Bilde, das mit demjenigen ans Pitti (jetzt im Französischen Museum) so viele Aehn-
lichkeit hat, und sich gegenwärtig m England (in wessen Besitze?) befindet, haben wir schon oben S. »7.
u. 18. in Tert und Anmerkungen beygebxacht. Hier nur noch Folgendes. Crozat hält nämlich-(wahr-
scheinlich irrig) das unsrige für dasjenige, welches der H. von Chanteloup von dem Hause Ercvlani zu
Bologna erkauft, und erzählt dann ferner: Der große N. Poußin habe gedachtem H. von Chanteloup die Ent-
rückung St. Pauls, als Pendant des Ezechiels, malen müßen, was aber der Künstler nur unter dem
bescheidenen Bedinge leisten wollte, daß sein Bild dem Raphaelischen zum — Deckel dienen sollte. Beyde
seyen sodann in die Gallerie Orleans gelangt. Gestochen findet sich dasjenige von Poußin vielfältig; be-
sonders schön von I. Pesue, I. Duqey (Dughet), M. Natalis und G. Chasteau, letzteres mit einigen
Veränderungen. Winkler, uebrigens spricht Crozat auch von demjenigen aus pitti, wesentlich, wie
folgt: „ Ein ähnliches größeres Bild besitzt der Großherzog von Florenz, wo die Glorie anders behandelt,
der Kopf des Engels, der die Rechte der Gottheit unterstützt, anders gestellt, uud die Landschaft, unten,
ganz verschieden ist. Ueber alle dies dürfte die Vergleichung des schönen Blattes bey Crozat (Nr. 28.)
von N. de Larmeffin, und eines andern von F. Poilly, nach der Zeichnung von Errard (wovon das erstere
wenigstens zuverläßig das Bild von Orleans darstellt) einer - und hinwieder dasjenige von Mogalli und das
neuere von Longhi, die nach dem Raub aus Pitti genommen sind, anderseits, das beßte Licht verbreiten.
Im Umrisse findet sich letzteres auch bey Landon l. c. Nr. 434.
Z20) Gestochen ist dasselbe (gut) von I. Chereau, für das Werk von Crozat Nr. 30. Josephs beyde Hände
darin sind sehr schön; dagegen sein Aussehn (ob auch im Urbilde?) mürrisch. Landon giebt es nicht.
321) S. oben S. 5—6. und hauptsächlich die Aumerk. Nr. »8.
 
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