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0.5
1 cm

che Schönheit. Mehr natürliche Grazie — und
eine andere giebt es ja nicht! — als diese Ma-
donna, haben wenige Gebilde der Kunst. Elisa-
beth blickt aus zu St. Joseph, der, an seinem
Stabe gleichsam hangend, mit seinem gutmüthigen
Gesichte gleichsam drein lächelt. Die Köpfe sind
schön, und bey allem, selbst Identischen, dennoch
mit Nationalzügen und mit lieblicher Individuali-
tät verwebt; und dies ist es, was sie so reich an
Charackter, und in ihrer geistigen Fälle so anzie-
hend macht. Das Costnme ist einfach, ohne die
mindeste Anmaßung, vermuthlich geradezu von der
damaligen Volkstracht entlehnt 574).
2. Das zweyte, ganz anders merkwürdige Ra
phaelifthe Bild, welches einst die Gallerie zu
Düsseldorf, jetzt diejenige von München ziert,
ist der Johannes in der Wüste (6^ 6" hoch, 4>
4" br.). „Die Stellung desselben" (sagt Hein-
fe 375) „ist schwer zu beschreiben"; und er be-
schreib! solche in der Thal so unverständlich wie
möglich. Und doch könnte sie kaum natürlicher
ftyu. Die herrliche, ganz nackte, nur um die
Hüften mit einer Schürze von Tygerfell bedeckte
Figur sitzt auf dem erhöheten Vorgrunde einer
dunkelen Waldgegend, womit seine schöne Beleuch-
tung nichts minder als unverträglich ist. Der
nachdenkende Blick seines mit krausen, lichtbrauncn
Locken bedeckten Hauptes ist auf eine neben ihm
sprudelnde Quelle gerichtet, aus welcher er mit
einer Schaale in seiner Rechten einen labenden
Trunk geschöpft hat; in der Linken hält er ein
neben ihm aus dem Rasen ruhendes kleines Kreuz.
Außer dem Gehölze in geringer Entfernung ruht
ein kleiner Tempel; im Hintergrund eine Stadt
am Fuß eines hohen Gebirges. Von dem Ganzen
spricht Hemse allerlei) schönes — Helldunkeles Z76).
Das Beste ist: „Erscheinung eines himmlischen
Geistes, dessen Heimath nicht auf dieser Erde ist,
so eben nur sichtbar in seiner irrdischen Schönheit;
ein reizender Jüngling, den, bey aller Huld, ein
Schein edler Wildheit und Mißmnths gegen das
Getümmel der Menschen umschwebt; der nun ab-
lassem will, von seiner düstern Betrachtung, wie
die sich neigende Sonne, und von der aus dem
Felsen quellenden Fluth sich willig kühlen laßt".
Weit besser hingegen spricht von diesem wahren
Wunderwerke der Kunst (das vielleicht besser wie
Raphaels
rcer Z77), U'm
iichen Bild ^27
Eine Wahre-
seiner Ver ->i
( doch nur
Iluieik , de
Utti's
( UNM <D
nischei^
375) c.
.376) !. c.
378) Hiess
. 379) Desse^-
38«) Hier
58 l) Attch^-
evenfa-
in der —
Rbeii^
— m
—
wicht — dies ist hier das so schwierig zu lösende,
und doch so vollkommen aufgelöste Problem. W:x
sehen einen Mann in Jünglingsschöne sitzen; der
Körper ruhet, doch nur vermittelst wirkender Mus-
keln, und der rechte Arm schwebt frey mit der
gefüllten Schaale. Indem er sie zum Munde füh-
ren will , verliert sich sein Geist in seiner mnern
Gedankenwelt, und seine Hand bleibt, lhm unbe-
wußt , schweben. Mildelächelnd belohnen seine
Lippen, von unentweihter Reinheit, den, der ih-
rer Stimme horcht. Ist es vielleicht die stille
Freude einer bessern Zukunft? Wenigstens um-
schweben in diesem Augenblick frohe Gedanken 378)
den geschloffenen Mund, und scheinen gleichsam
zu buhlen um die Hülle des Lautes« Niedergesenkt
ist der Blick; theilnehmende Bewunderung einer
geahndeten Größe 37y) drückt die Augenlieder;
Unter ihrer großen schwärmerischen Wölbung steht
ein Göttergesichk vor der innern Sehe, wogegen
ihm die mit Reiz geschmückte Erde nur Staub ist.
Ein Oeean von Begriffen liegt klar auf seiner Stirn
entfaltet. Wie heiter ist diese Stirne! Keine stür-
mische Leidenschaft stört den heiligen Frieden dieser
Seele, deren Kräfte doch im gegenwärtigen Au-
genblick so rege sind! Vom runden, festen Kinn bis
zur braun gelockten Scheitel, wie wnnderschvn ist
jeder Zug! und dennoch, wie versinkt diese Sin, es-
schönheit in der erhabenen Schönheit der Seele!
Das Buch des Schicksals einer verdorbenen Welt
liegt auseinander gerollt vor den Augen dieses ho-
hen Jünglings Z80). Durch Enthaltsamkeit und
Veriaugnung geschärft und gelautert, ergründete
sein reiner Sinn die Zukunft. In einsamen Wü-
steneien denkt er dem großen Bedürfnisse des Zeit-
alters nach. Zu edel für sein gesunkenes Volk hatte
er sich von ihm abgesondert, hatte es gestraft durch
das Beyspiel seiner strengen Lebensvrdnnng, und
kühn gezüchtigt, mit brennenden Schmachrcden.
Jetzt suhlt der ernste Sittenrichter tief, daß diese
Mittel nichts fruchten; in die eckelhafte Masse selbst
muß sich der bessere Gahrnngsstoff mischen, der je-
ner ihre Auflösung und Scheidung bewirken soll.
Aufopferung, Langmuth, Liebe — und zwar — in
welchem den Geschlechtern der Erde, ja seiner rau-
hen Tugend selbst noch unbegreiflichen Grade! fo-
dert diese allgemeine Zerrüttung des sittlichen Ge-
fühls seines Volkes. Hier wagt er es, diese Ei-
genschaften vereinigt zu denken, nnd im Geiste das
Ideal zu entwerfen, das solche bis zur Vollkom-
menheit besitzt. Bald aber dünkt es ihn, dieses
Bild scy nicht ein bloßes Werk der Phantasie; es
verwebe sich mit ihm schon bekannten Zügen jenes
jugendlichen Gvttmenschen, in dem die Rettung
der Erdbewohner schon beschlossen liege! D'csee
Ueberzengung frohe Schauer sind es, die der ge-
senkte Blick, im inner» Anschau'n verloren, uns
verkündet 381)." —
In E7al?thalum sah man einst:
was ein gewisser I. V. Fvedou de la Bretonnieie,
rille Itz8 tgliiesux Ns la (lgjleriv 6t- !-
Sprache über dieses Bild faselt. Gestochen ist dasselbe
werte, und späterhin, schlecht genug, im Niederrhess
d — wer weiß, vielleicht nicht ohne Grund) solches für
gesehen hat.
lenken.
?ch der öden angeführte la Breto innere l- c. .sn— sfl,
nds geglichen , als in dem Düsseldorfer-Galleu'eiveN,
oahrscheinlich eine (gute) .Kopie davon, von Hesse, im
Heu wir auf dem Kürcher-Salon nn j. eine ganz vor-
?rn H. Lips in München, welche für Len Stich durch
gen Erwartungen erregen muß. Möge es nur diesem
emrg zur nahen Ausführung seines schönen Entschlusses
17
eine andere giebt es ja nicht! — als diese Ma-
donna, haben wenige Gebilde der Kunst. Elisa-
beth blickt aus zu St. Joseph, der, an seinem
Stabe gleichsam hangend, mit seinem gutmüthigen
Gesichte gleichsam drein lächelt. Die Köpfe sind
schön, und bey allem, selbst Identischen, dennoch
mit Nationalzügen und mit lieblicher Individuali-
tät verwebt; und dies ist es, was sie so reich an
Charackter, und in ihrer geistigen Fälle so anzie-
hend macht. Das Costnme ist einfach, ohne die
mindeste Anmaßung, vermuthlich geradezu von der
damaligen Volkstracht entlehnt 574).
2. Das zweyte, ganz anders merkwürdige Ra
phaelifthe Bild, welches einst die Gallerie zu
Düsseldorf, jetzt diejenige von München ziert,
ist der Johannes in der Wüste (6^ 6" hoch, 4>
4" br.). „Die Stellung desselben" (sagt Hein-
fe 375) „ist schwer zu beschreiben"; und er be-
schreib! solche in der Thal so unverständlich wie
möglich. Und doch könnte sie kaum natürlicher
ftyu. Die herrliche, ganz nackte, nur um die
Hüften mit einer Schürze von Tygerfell bedeckte
Figur sitzt auf dem erhöheten Vorgrunde einer
dunkelen Waldgegend, womit seine schöne Beleuch-
tung nichts minder als unverträglich ist. Der
nachdenkende Blick seines mit krausen, lichtbrauncn
Locken bedeckten Hauptes ist auf eine neben ihm
sprudelnde Quelle gerichtet, aus welcher er mit
einer Schaale in seiner Rechten einen labenden
Trunk geschöpft hat; in der Linken hält er ein
neben ihm aus dem Rasen ruhendes kleines Kreuz.
Außer dem Gehölze in geringer Entfernung ruht
ein kleiner Tempel; im Hintergrund eine Stadt
am Fuß eines hohen Gebirges. Von dem Ganzen
spricht Hemse allerlei) schönes — Helldunkeles Z76).
Das Beste ist: „Erscheinung eines himmlischen
Geistes, dessen Heimath nicht auf dieser Erde ist,
so eben nur sichtbar in seiner irrdischen Schönheit;
ein reizender Jüngling, den, bey aller Huld, ein
Schein edler Wildheit und Mißmnths gegen das
Getümmel der Menschen umschwebt; der nun ab-
lassem will, von seiner düstern Betrachtung, wie
die sich neigende Sonne, und von der aus dem
Felsen quellenden Fluth sich willig kühlen laßt".
Weit besser hingegen spricht von diesem wahren
Wunderwerke der Kunst (das vielleicht besser wie
Raphaels
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Eine Wahre-
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und doch so vollkommen aufgelöste Problem. W:x
sehen einen Mann in Jünglingsschöne sitzen; der
Körper ruhet, doch nur vermittelst wirkender Mus-
keln, und der rechte Arm schwebt frey mit der
gefüllten Schaale. Indem er sie zum Munde füh-
ren will , verliert sich sein Geist in seiner mnern
Gedankenwelt, und seine Hand bleibt, lhm unbe-
wußt , schweben. Mildelächelnd belohnen seine
Lippen, von unentweihter Reinheit, den, der ih-
rer Stimme horcht. Ist es vielleicht die stille
Freude einer bessern Zukunft? Wenigstens um-
schweben in diesem Augenblick frohe Gedanken 378)
den geschloffenen Mund, und scheinen gleichsam
zu buhlen um die Hülle des Lautes« Niedergesenkt
ist der Blick; theilnehmende Bewunderung einer
geahndeten Größe 37y) drückt die Augenlieder;
Unter ihrer großen schwärmerischen Wölbung steht
ein Göttergesichk vor der innern Sehe, wogegen
ihm die mit Reiz geschmückte Erde nur Staub ist.
Ein Oeean von Begriffen liegt klar auf seiner Stirn
entfaltet. Wie heiter ist diese Stirne! Keine stür-
mische Leidenschaft stört den heiligen Frieden dieser
Seele, deren Kräfte doch im gegenwärtigen Au-
genblick so rege sind! Vom runden, festen Kinn bis
zur braun gelockten Scheitel, wie wnnderschvn ist
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Das Buch des Schicksals einer verdorbenen Welt
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sein reiner Sinn die Zukunft. In einsamen Wü-
steneien denkt er dem großen Bedürfnisse des Zeit-
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das Beyspiel seiner strengen Lebensvrdnnng, und
kühn gezüchtigt, mit brennenden Schmachrcden.
Jetzt suhlt der ernste Sittenrichter tief, daß diese
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muß sich der bessere Gahrnngsstoff mischen, der je-
ner ihre Auflösung und Scheidung bewirken soll.
Aufopferung, Langmuth, Liebe — und zwar — in
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dert diese allgemeine Zerrüttung des sittlichen Ge-
fühls seines Volkes. Hier wagt er es, diese Ei-
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jugendlichen Gvttmenschen, in dem die Rettung
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senkte Blick, im inner» Anschau'n verloren, uns
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