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TAFEL 63

SOG. PSYKTER DES EUPHRONIOS IN DER

ERMITAGE ZU ST. PETERSBURG

Auf einem Gefässe der uns schon von den Tafeln 15. 16 und 48 bekannten
Form, in der man einen Psykter, ein Kühlgefäss, vermutet, hat Euphronios, wie
seine Signatur E'ixppovioc; ä^pacpoev angiebt, einen ringsumlaufenden' Fries, ein
Gelage von nackten Frauen, gemalt.r) Das einfache Stabornament am Schulter-
ansatze der Vase ist die einzige Verzierung, die ausser den Figuren angebracht
ist. Hierin ist dies Gefäss altertümlicher als die anderen der gleichen Form auf
den angeführten Tafeln; denn auf jenen ist das Bild unten mit einem Mäander-
bande abgeschlossen. Dagegen wir auf den älteren Exemplaren dieser Form2)
dieselbe Schlichtheit finden wie hier.

Die Vase ist eine der- drei von Euphronios als Maler signierten Arbeiten,
die alle derselben frühen Epoche angehören und den Werken des Malers Euthy-
mides gleichzeitig sind (vgl. I, S. 102 f.). Indem der Maler hier nicht stehende,
sondern liegende Figuren zum Schmucke des ihm zur Verfügung stehenden Raumes
wählte, erhielten diese eine beträchtliche Grösse und der Platz reichte nur für vier
Figuren. Diese sind nach einem Prinzipe angeordnet, das in archaischer Kunst
bei fortlaufenden Figuren friesen, wie z. B. den alten korinthischen und diesen ähn-
lichen Tierstreifen, sehr häufig zu beobachten ist: es wird eine Gruppe von drei
Figuren mit einer Mitte gebildet; solche Gruppenbildung kann fortgesetzt werden;
wenn der Raum aber nicht mehr erlaubt, wie hier, so wird eine einzelne Figur zugefügt.

Die Mitte der Dreifigurengruppe, die Hauptfigur des Bildes, neben welche
denn der Maler auch seine Signatur gesetzt hat, ist die Palaisto (naXcuOTo), deren
Kopf in Vorderansicht erscheint. Als Hauptfigur ist sie auch dadurch ausgezeichnet,
dass bei ihr allein das Auge sorgfältiger durch einen die Iris bezeichnenden feinen
Kreis und einen Punkt als Pupille wiedergegeben ist; ferner, dass sie ein Diadem
trägt. Sie hält eine Schale auf der Linken und führt einen tiefen Napf mit der
Rechten zum Munde. Rechts davon spielt Sekline (2ex\ive)3) die Doppelflöte;
hinter ihr (auf unserer Tafel links)'hängt das Futteral der Flöte; links liegt Smtkra
(Zuixpct) und wendet sich nach der Mitte um, wodurch die Gruppe geschlossen
wird. Diese Kopfwendung hat nur den künstlerischen Zweck, dadurch eine Drei-
figuren gruppe zu bilden. Sie steht durchaus nicht etwa im Zusammenhange mit
der Bewegung des rechten Annes der Figur; sie erscheint nicht wegen dieser,
.sondern trotz dieser Bewegung.

*) In Caere gefunden. Kam aus Samml. Campana nach Petersburg; Stephani, Vasensammlimg
der k. Ermitage Nr. 1670. Vgl. Bnum im Bull. d. Inst. 1859, 126 ff. O. Jahn im Philologus Bd. 26,
1867, S. 221 ff. mit Abbildung auf Tnf. I, die das Bild im Gegensinne gezeichnet darstellt. Sttphani,
Compte rendu 1S69, Taf. 5; S. 220 ff. Danach Wiener Vorlcgebläiter V, 2. Klein, Euphronios1
S. 105. Vgl, Hartwig, Mcisierschalcn, S. 149. Dartmbcrg ei Sug/io, dict. d'antiqu. III, I, p. 866.

3) Vgi. die schwarzfigurigen im Louvre, Pottier, vases du L. II, pl. 85, F 319, und British Mus.,
calat. II, B. 299.

3) Wahrscheinlich scherzhafter Hctitren-Spitzname, vgl. Krttsckmcr, Vnseninschr., S. 209.
 
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