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Tafel 111 Amphora des Andokides. Lo

An unserer Amphora bevorzugt der Meister die Seite mit der Szene des
Zweikampfes, denn hier hat er die senkrechte Umrahmung in mühsamer Weise
ornamentiert. Ein Palmetten- und Lotos-Band in dieser Ausgestaltung, mit aus dem
Lotoskelch entspringenden Voluten, kennen die Konkurrenten des Andokides in
Athen noch nicht. Dagegen begegnet dieses Ornament häufig auf Caretaner Hy-
drien1) und Sarkophagen von Klazomenai,2) wie überhaupt auf Monumenten, die
nach dem Osten weisen. Zu diesem Befunde stimmt vortrefflich der von einem
Kenner geäusserte Gedanke, dass Andokides aus Klazomenai nach Athen einge-
wandert sei.

Wen der Meister mit den beiden Hopliten meinte, deren unter Athenas Assi-
stenz schwebenden Zweikampf Hermes durch Dazwischenschieben seines Herold-
stabes trennt; welche unter den Dutzenden von Namen, die sich zur Erklärung dar-
bieten, auszuwählen wären, darüber wollen wir keine Erwägungen anstellen, vor
allem darum nicht, weil eine Entscheidung nicht bloss aussichtslos, sondern auch
ganz gleichgiltig ist. Dargestellt sind ,Taten der Männer1, wie sie vermutlich auch
der Kitharode auf der Rückseite der Vase besingt. Dachte je der Meister an be-
stimmte Helden, so ist es nicht unsere Schuld, wenn wir seine Intentionen nicht
erraten. Denn Andokides hat die für uns üble Angewohnheit, alle erklärenden
Beischriften aus Grundsatz zu vermeiden; stets beschränkt er sich auf seine sauber
eingeritzte Meistersignatur und bringt auch diese noch möglichst unaufdringlich am
Fusse an. Hierin wie in anderen Zügen, namentlich dem ängstlichen Vermeiden
jeder Indezenz, und zwar selbst dann, wenn er Satyrn darstellt, verrät sich ein wohler-
zogener Mensch. Kein Wunder, dass ihn eine ältere Kollegin, Timagora, anschwärmt:
»Andokides dünkt der Timagora schön«, schreibt sie als zarten Wink auf eine ihrer
Hydrien.3) Der hätte ohne Zweifel einen Ehegatten abgegeben, der leicht zu re-
gieren gewesen wäre.

Athena trägt, wie stets bei unserem Meister, der eine Vorliebe für dieses
Gewandstück hat, ein enges, reichgesticktes Überhemd, den £jTevoi3rr(c;,4) dessen oberes
Ende durch den Überfall des Chiton über der Brust verdeckt wird; darüber, nicht

*) Oben I 260 und Antike Denkmäler II, S. 5.

s) Mon. d. inst. XI 54; Antike Denkmäler I 46, fflegl, Stilfragen 191; 163,94, 68. Ein ägyp-
tisches Muster, dem unser griechisches sehr nahe steht: Mitth. d. Deutschen Orientgesellschaft 190S,
S. 32. Ähnlich wird das Band auch auf einer schwarzfigurigen Hydria aus der Gegend von Catania
gezeichnet, die mit ihrem orangeroten Ton Arbeiten des Andokides nahe steht: Monumenti dei
Lincei XVIII, S. 162.

3) Im Louvrc F. 38. Wiener Vorlegeblätter 18S9, Taf. 5 No. 3. Gegen meine Auffassung (Jahr-
buch 1895, S. 157), dass die beiden Inschriften tiuayopa auf den Hydrien im Louvre einfach in
Tipayopa aufzulösen und nicht zu Tiuayöpcti; zu ergänzen seien, erhebt Pottier im Catalogue S. 731
den Einwand; >il faudrait admettre une femme jouissant des droits d'un verkable patron.t Allein was
Pottier ganz, unglaublich scheint, das ist erweisbare Tatsache. Denn in den zwei von mir angeführten
antiken Darstellungen einer Töpferwerkslfitte fungiert beidemale als ,patron' eine Frau. Auf der Hydria
Caputi (unsere Abb. 102) ist sie Prinzipahn, weil sie im Gegensatze zu den Arbeitern auf erhöhter
Estrade thront, und auf der ,Kabirionvase' (Athen. Mitteil. 1SS9, S. 151), nicht nur weil sie ebenfalls
durch einen höheren Stuhl vor dem Arbeiter auf seinem niedrigen Schemel ausgezeichnet wird, sondern
namentlich dadurch verrät sie sich als Herr im Hause, dass sie sich herausnehmen darf, nach einem der
Gehilfen mit dem kurzen Besen (Analogie im Jahrbuch 1896, S. 1S6) zu schlagen, So weit wollen wir
nicht gehen und die erhaltenen Atelierbilder statistisch ausnutzen; aber zum Mindesten ist der Beweis
erbracht, dass ein weiblicher Prinzipal im Kerameikos keineswegs unerhört war.
4) Österreich. Jahreshefte 1905, S. 33.
 
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