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Furtwängler, Adolf
Kleine Schriften (Band 2) — München, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.836#0181
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172 Studien Ober die Gemmen mit Künstlerinschriften.

so finden wir zwar allerlei Unterschiede, besonders daß das Haar die Stirne
weniger deckt und die Nase weniger gebogen ist, auch das Haar anders am
Kopfe anliegt; aber die Übereinstimmung in den Hauptzügen und besonders
dem so charakteristischen Untergesichte mit dem kurzen Barte ist doch un-
verkennbar. Und dann ist vor allem zu bedenken, daß die Arbeit des Münz-
stempels im Verhältnis zu derjenigen der Gemme eine sehr geringe und ober-
flächliche ist. Von einer Vertiefung in den Charakter und die Eigentümlichkeiten
der darzustellenden Person, wie sie auf der Gemme uns entgegentritt, ist auf
der Münze, auch abgesehen von der vermuteten Identität des Dargestellten,
offenbar keine Spur. Es würde sich also sehr leicht erklären lassen, daß der
Stempelschneider sich nur an die leicht zu treffenden Äußerlichkeiten hielt und
im übrigen, wie in der Gestalt der Nase und der Art des Haarwuchses, die her-
kömmlichen gewöhnlichen Formen benutzte ohne näheres Eingehen auf die Indi-
vidualität, welches den Gemmenschneider auszeichnete. Ferner paßt der eigen-
tümliche kurze Vollbart sehr gut für Sextus Pompejus, der sich aus Trauer den
Bart stehen ließ. Stil von Bild und Schrift weisen uns als Zeit für die Gemme
doch auf das 1. Jahrhundert v. Chr. In dieser Periode ist aber ein solcher Bart
etwas so Auffallendes, daß seine völlig gleiche Erscheinung auf Gemme und
Münze allein schon sehr für die Identität der dargestellten Person spricht.

Schließlich sei erwähnt, daß mehrere bedeutende Steinschneider des vorigen
Jahrhunderts, darunter auch Natter, unsern Stein kopiert haben, doch sind sie
ohne Frage sehr weit hinter dem Originale zurückgeblieben.

Es erübrigt noch, die bedeutenderen der in diesem Jahrhundert über den
Stein geäußerten Ansichten zu überblicken. Die oberflächlichen Besprechungen
durch Visconti,1 der die Inschrift, und Köhler,2 der das Ganze für falsch erklärt,
verdienen, da sie aller Begründung ermangeln, kaum der Erwähnung. Stephani3
verwirft ebenfalls das Ganze, und zwar die Inschrift, indem er behauptet, ihre
Schreibart entferne sich „von antiker Sitte", was durchaus nicht der Fall ist, und
dann, weil er meint, der Name müsse aus der Grabschrift des Columbariums
der Livia entlehnt sein, wo man den Mann für einen Künstler angesehen habe,
während doch, wie wir oben nachgewiesen haben, noch lange nach dem Auf-
129 tauchen des Steines niemand an die Grabinschrift dachte und erst viel später
letztere auf den Künstler bezogen wurde, weil dessen Name auf der Gemme
eben längst vorhanden war. Er verwirft ferner die Arbeit wegen angeblicher

licher ist als auf den übrigen. Wie mir Dressel mitteilt, ward die Münze vielfach von
Fälschern nachgemacht. Sehr gute Abbildung des Exemplars im Brit. Mus. bei Head,
Guide Taf. 69, 27; ungenügende Abbildung desselben bei Bernoulli, Rom. Ikonogr. I,
Münztaf. 2, 52; derselbe erklärt sich S. 226 gegen Identifikation der Persönlichkeit.

1 Opere varie II S. 121, 327.

2 Ges. Sehr. 3 S. 175.

3 Angebl. Steinschn. S. 33 (217) ff.
 
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