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Furtwängler, Adolf ; Reichhold, Karl; Huber, Alois
Griechische Vasenmalerei: Auswahl hervorragender Vasenbilder aus dem gleichnamigen großen Werke (Text) — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.838#0007
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Tafel l

KORINTHISCHER KRATER

Ausfahrt des Amphiaraos, Leichenspiele für Pelias
(Berlin)

Die an den Anfang dieser Auswahl von Vasenbildcrn gesetzte Tafel vermittelt uns eine Vorstellung
von der „archaischen" d.h. altertümlichen griechischen Tonmalerei um die Wende des 7. zum
6.Jahrhundert v.Chr. Eine lange, vielgestaltige und vielverzweigte, von verschiedenen Seiten beein-
flußte Entwicklung hatte die griechische Keramik bereits hinter sich, bis sie eben um jene Zeit in den
Dekorationsstil einmündete, den wir nach seinem Hauptmerkmal, der Silhouettenfigur in schwarz-
glänzender Firnisfarbe auf rotem Tongrunde, als den schwarzfigurigen bezeichnen und von dem die
Vase auf Tafel I ein frühes Beispiel bietet.

Daß sie mit anderen etwa gleichzeitigen Gefäßen zuerst das Interesse weiterer Kreise zu wecken ge-
eignet ist, hat mit seinen Grund darin, daß damals zuerst die Vascnmaler anfingen zu „erzählen".
Sie versuchten — wohl angeregt durch die große Malerei irgendwelche Vorgänge, die das Publikum
interessierten, mit mehr oder weniger Geschick, in größerer oder geringerer Abhängigkeit von der
älteren, überwiegend dekorativ-ornamentalen Vasenmalerei, im Bilde festzuhalten. Und dazu bot die
griechische Sagenwelt eine unerschöpfliche Fülle von Vorwürfen; so sind heute noch die griechischen
Vasenbildcr für uns eine bunte und lebensvolle Illustration zur antiken Götter- und Heldensage.
Der Amphiaraos-Krater gehört stilistisch zu einer Gruppe von Vasen, die wir nach ihrem Haupther-
stellungsort als „korinthisch" zu bezeichnen pflegen. Schon die Alten rühmten an den späteren Ge-
fäßen dieser Gattung die schöne rötlichbraune Färbung des Tones. Reichliche Verwendung von Weiß
und Rot als Deckfarbe neben dem schwarzglänzenden Firnis — einer Unterbrandfarbe — geben dieser
Klasse von Vasen ein lebhaftes, buntes Aussehen. Viele Einzelheiten der Dekoration — erwähnt sei
nur die Verwendung von allerlei figürlichem und ornamentalem Schmuck zur Raumfüllung im Bild-
streifen — sind von älteren Stilrichtungen der Vasenmalerei übernommen. Die Darstellung selbst ist
natürlich noch ganz in einer starren, ungelenken, rein flächenhaft wirkenden Formgebung befangen,
wie wir sie auch aus den Denkmälern frühgriechischer Plastik kennen. Im übrigen aber ist der Weg
von der Kunststufe, die etwa der Amphiaraos-Krater darstellt, zur frühattischen Keramik und damit
zu den älteren Erzeugnissen jener Töpferschule, die während der nächsten zwei Jahrhunderte den
Markt beherrschen sollte, wie ein Vergleich ergibt, nur noch ein kurzer').

Gefunden wurde unsere Vase in Etrurien; dorthin bestanden ja von altersher rege griechische Handels-
verbindungen; dort war, ähnlich wie in Unteritalien, ein reiches Absatzgebiet für die Erzeugnisse griechi-
schen Gewerbefleißes.

Die Vase, die sich heute in den staatlichen Sammlungen in Berlin befindet, diente, wie der Name sagt,
als Mischgefäß für Wasser und Wein beim Mahle. Sie hat eine Höhe von 46 cm und an der breitesten
Stelle einen annähernd gleichen Durchmesser. Zwei Bildstreifen um den Bauch bilden neben einem
Strahlenkranz am Fuße und einer leichten Verzierung am oberen Rande und an den Henkelplatten
ihren Schmuck. Der obere der beiden Bildstreifen, nach Inhalt und Zeichnung der wichtigere, ist auf der
Tafel in seine zwei Hälften zerlegt dargestellt. Zufällig besitzen wir eine partienweise genau stimmende
Schilderungdcs Gegenstandes aus dem Altertume in der Reisebeschreibung des Pausanias; dieser erläutert
zwar nicht das Vasenbild, sondern eine kostbare Einlegearbeit auf einer Truhe, welche die Kypseliden )
im Heratcmpel zu Olympia hatten aufstellen lassen. Zwei Künstler hatten also — ob von einander
abhängig oder nicht, ist hier gleichgültig — den nämlichen Stoff behandelt, den wir auch aus der litera-

') Vgl. die Frantjois-Vase, Große Ausgabe, Tafel 1 ff., hier Abb. 1.

') Kypselos u. seine Nachfolger waren die „Tyrannen" von Korinih; sein Sohn Periarider herrschie von 627 bis etwa 585.

Vasenmalerei, Aaswahl i
 
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