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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 8
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Jung, Hermann Robert: Die Ausstellung der Darmstädter Künstler-Kolonie 1901
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https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0173
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t)l£ ÖARTENKÜNST

i59

iii, 8

Russische Kirclie mit vorliegendem „Kronenteppich“ auf der Ausstellung- der Darmstädter Künstler-Kolonie 1901.

Originalaufnalime ftir „Die Gartenkunst“.

Mathildenhöhe an Künstler von Ruf und Bedeutung über-
lassen worden, welche auf diesem idyllisch schönen Brden-
fleckchen sich zu einer Kolonie vereinigten; hier konnten
die Künstler frei schaffen, was sie wollten und wie sie
wollten, wozu ihr künstlerischer Genius sie trieb. Jede
Beeinflussung ihrer künstlerischen Arbeit warausgeschlossen,
in Preiheit sollten sich ihre Werke gestalten; nicht um
diese Preiheit zu beschränken, sondern um sie im weit-
gehendsten Mafse , zu unterstützen und die Ideale einer
vollendeten Gestaltung entgegen zu führen, darum liatte
der Grofsherzog die kleinen Sorgen und Mühen der All-
täglichkeit von den Kiinstlern genommen, auf dafs sie voll
und ganz ihren Schönheitstraum frei ausleben durften.
Bennafsen ist auf der Mathildenhöho die Darmstädter
Künstler-Kolonie entstanden; aus dem Grün des Parkes
wuchs eine Künstlerheimstätte hervor, Häuser von durch-
aus eigenartiger Bauart in Pormen und Ornamenten erhoben
sich, die eine Pülle neuer Anregungen und kiinstlerischer
Gedanken, eine Offenbarung neuer Schönheit uns darbieten.

Diese Gebäude in ihrer inneren undäufseren Gestaltung,
an welcher sieben Künstler, die Hcrren Professor P. Behrens,
Rudolf Bosselt, Paul Bürk, Professor Hans Christiansen,
Ludwig Habich, Patriz Huber und Professor J. M. Olbrich
die Prüchte langer Arbeit auf dem Gebiete neuzeitlicher
Kunst zur Geltung bringen, bilden das eigentliche Objekt

der Ausstellung, als „ein Dokument deutscher Kunst“. Die
Ausstellung soll als ein Beispiel modernen künstlerischen
Lebens gelten, sie will in ihrer Abweichung von dem Alt-
hergebrachten und Schablonenhaften, welches in unseren
Wohnstätten heute noch eine dominierende Stellung ein-
nimmt, uns neue Porrnen in Gebäuden und Wohnungsein-
richtungen von einheitlicher künstlerischer Gestaltung dar-
bieten, die auf alle Gegenstände des täglichen Bedarfs, vom
Spiegelschrank bis zum Küchenstuhl, vom Linnenzeug bis
zur Wasserflasche ihre Anwendung flnden. Alles ist einern
harmonischen Gedanken untergeordnet, in der wohlmeinen-
den Absicht, jedern Gegenstande das Gepräge des kunst-
voll Schönen zu verleihen, jedem Stück den Stempel künst-
lerischer Individualität aufzudrücken. Dermafsen trägt die
Ausstellung eine ganz neue Formensprache zur Schau, in
welcher ein bisher unbekanntes künstlerisches Schaffen zu
Tage tritt, mit dessen fremdartig Ungewohntem sich aller-
dings nicht jedermann direkt befreunden wird. Je länger
aber ein kunstsinniges Auge auf Pormen und Linien dieser
Schöpfungen ruht, um so mehr wird es zum Bewufstsein
gelangen, dafs hier der modernen Kunst in ihrer grofs-
zügigen, originellen und vornehmen Ausführung jene An-
erkennung nicht versagt werden kann, die wir anderen
Stilarten bisher zugebilligt haben.

Docli auch noch eine andere Sprache ist es, die in

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