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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 8
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Heicke, C.: Der Ludwigsplatz in Aachen
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Jung, Hermann Robert: Die Ausstellung der Darmstädter Künstler-Kolonie 1901
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https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0172

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158

DIE GARTENKUNST

III, 8

grünes Kleid verloren und stehon nackt und kahl wie im
Winter da, ihre Arme jämmerlich zum Himmel streckend.
Da und dort kann ein Baum ein solches Leben nicht er-
tragen und frühzeitig legt er sich sein schönstes Prühlings-
kleid an, grünt und bliiht wie im April und täuscht sich
und die Welt über den wahren Grund seines Elends
hinweg.

„Und kommt es morgen, so lafst uns heut noch
schlürfen die Neige der köstlichen Zeit.“ Der Herbst ist
allerdings in Paris meist sehr schön und darum und nach-
dem es geregnet hat und die Sonne weniger heifs brennt,
kann es gar nicht wundernehmen, wenn die Bäume der
Avenuen sich täuschen lassen. Sie sind Gebirgs- und
Hügelpflanzen und wissen, was sie zu thun haben auf
ihren frischen luftigen Höhen, nicht aber in den Strafsen
einer grofsen Stadt. Aesculus wären als Alleebäume im
Innerh der Städte auszuschliefsen. Auch die Linden eignen
sich nicht für die innern Avenuen der Grofsstädte. In
Paris findet man davon auch nicht viel, auch sie ertragen
rückstrahlende Wärme schwer und werfen ihr Laub viel
zu früh ab. Sie leiden von der Hitze und vom Staube dcr
Kamine mehr als von entschlüpften Gasen .im Boden. Die
beste Linde, die sich am längsten hält, ist die Tilia argentea
ihr folgt die echte Krim- oder Kaukasus-Linde, Tilia
euchlora, die man in Paris allerdings selten sieht. Sie ist
Ende September noch grün. Die Ulmen stehen etwas
besser, sind aber ebenfalls frühzeitig grau geworden. Ulmen
wären nicht undankbar an den äufseren Peripherien grofser
Städte, für das Innere taugen auch sie nicht viel. Die
dauerhafteste ist die Ulmus campestris Europas.

Die grofslaubigen amerikanischen Ulmen halten nicht
in Paris aus. Es ist zu heifs für dieselben. Der Götter-
baum, Ailantus glandulosa, pafst sehr gut. Er steht in
voller sommerlicher Pracht vollständig griin an den Avenuen
und Plätzen der inneren Stadt und bildet einen schönen
Schmuck derselben. Seine prächtigen Kronen, getragen
von wohlerzogenen schlanken Stämmen, versetzen den
denkenden Menschen ein wenig in tropische Avenuen, denn
das edle Laub t.rägt fremden Charakter. Er erträgt die
Hitze, auch die retroflexe, mit stoischer Ruhe, Staub, Rufs
und wie sie alle heifsen, können ihm gar nichts anthun, wie
es scheint; er gleicht sich mit ihnen aus und versöhnt den
Menschen mit dem Leben in der öden Grofsstadt. Wenn
der Götterbaum jung gelb wird oder stirbt, so hat man
ihm zuviel und falsch bewässert. Das kann er nicht er-
tragen. Er ist ein Hügelbaum, hat in seiner Heimat des
Winters und Frühlings viel Nässe, auch etwas Kälte dann
und wann, aber des Sommers regenlose Glühsonne. In
Süd-Europa ist er überall verwildert, es regnet selten von
Juni bis September und dennoch ist er bliihend und frisch
grün bis November. Wo er also des Winters vollkommen
ausdauert, da ist der Götterbaum einer der besten städtischen
Alleebäume.

Ihm gleich oder für manche Lagen noch vorzuziehen,
besonders da, wo es Riesen geben soll und die Aussicht
verdeckt werden darf, ist die orientalische Platane, Pla-
tanus orientalis. Die Pariser Avenuen, wo dieser schöne
Baum angepflanzt wurde, stehen bis in den November

hinein im Schmucke des Sommers, denn die Platane leidet
nicht von Hitze, Staub oder Gas. Sie ist zu lebendig und
hat die Kraft, alle Leiden mit Gieichmut zu ertragen. Wo
die Platanen nicht recht gedeihen wollen, da sehe man
sorgfältig nach, ob sie zu tief gepflanzt wurden. Das
können sie nämlich nicht ertragen. Sie befinden sich am
wohlsten, wenn ihre knorrigen Wurzeln zu Tage treten
können und dürfen. Man bewässert sie meist noch zu viel
und zu oft. Wer giebt ihr auf glühend heifser Trift des
Sommers in ihrer Heimat auch nur einen Tropfen Wasser?*)

Der Platane folgt auf dem Pufse Catalpa syringifolia.
Auch sie ist ein schöner Baum für die Strafsen von Paris.
Man sieht sie selbst auf den Boulevards in grofser Zahi
und bis Ende Oktober freundlich grün. Ihre Bliitenpracht
aber und ihr grofses Laub machen sie ganz besonders be
liebt. Sie leidet nicht von der Hitze, aber auch sie darf
nicht oft des Sommers bewässert werden, Staub und
Schmutz bringen der Catalpa wenig Nachteil.

Ihr folgt die Pappol. Die Populus molinifera, vielleicht
auch die balsamifera und unsere tremula sind die besten.
Der Pere Lachaise in Paris hat gleichfalls seine Baumfrage,
denn der Boden daselbst ist diirre, steinhart und sehr
schlecht. Umsomehr ist man überrascht, oben auf seinen
Höhen Ende September frischgrünen, völlig gesunden Pracht-
pappeln zu begegnen. Es sind Populus molinifera, die ihre
schönen Blätter im sanften Winde wiegen und einen
frischen Hoffnungsstrahl auf die sonst so öde, ernste und
tieftraurigo Umgebung hauchen. In Hamburg oder Altona
hat man Versuche mit dieser Pappel gemacht und wo alle
anderen Bäume gestorben waren, da wuchsen, bltihten und
gediehen sie sehr gut.

Man sehe sich in seiner Nachbarschaft in der Natur
um, welche Bäume dort gedeihen und unter welchen Ver-
haltnissen, untersuche den Boden genau, hüte sich vor den
üblichen Uberschwemmungen des Sommers, pflanze ja
nicht zu tief und man wird bald das Rechte für diese oder
jene Lage selbst der inneren Stadt gefunden haben.

Ausstellungsberichte.

Die Ansstellung der Darmstädter Kiinstler-Kolonie 1901.

Von H. R,. Jung, Köln a. Rh.

(Hierzu b Abbildungen.)

Unter dem traulichen Laubschatten des alten Parkes
Mathildenhöhe, dort, wo die goldenen Kuppeln der Russi-
schen Kirche weithin als vornehmstes Wahrzeichen der
Stadt sich im Sonnenglanze spiegeln, — dort hat in diesem
Sommer eine Ausstellung- ihre Pforten geöffnet, weiche in
Bezug auf Eigenart und vornehme Aparthoit der Idee und
des Stils als völlig neu und bisher einzig in ihrer Art zu
bezeichnen ist.

Seitens Sr. Königlichen Hoheit des Grofsherzogs Ernst
Ludwig, unter dessen Protektorate die Ausstellung ins Leben
getreten ist, war seit einigen Jahren das Parkgebäude der

*) Nach anderen Erfahrungen bedarf gerade die Platane mehr
Bewässerung als jeder andere Alleebaum. D. fted.
 
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