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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 2
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Heerwagen, Leo: Bayreuth, Eremitage und Fantasie, [2]
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Hanisch, Fritz: Bericht über die Plankonkurrenz gelegentlich der grossen allgemeinen Provinzial-Gartenbau-Ausstellung zu Gleiwitz, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0040

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28

DIE GrAKTENKUN ST

dem Herzog Alexander von Württemberg, der es nun dem
Preiherrn von Decovery käuflich überliefs. Leider ist dem
Publikum der Bintritt in den sogenannten Pleasure ground
strengstens unt.ersagt und nur der F’aohmann wird auf
besondere vorherige Anfrage und unter der liebenswürdigen
Pührung des Herrn Schlofsobergärtners Wehner einen
Einblick in die Gesamtanlage' erhalten.

Das. Scblofs selbst, welches im Laufe der Zeit viele
Wandlungen durchmachen mufste, trägt jetzt den Typus der
Architra.venarchitektur und erhebt sich vornehm auf einer
ca. 25 m hohen Rosenterrasse, umrahmt von mächtigen
Taxus, Lärchen und Wellingtonien. Letztere bilden iiber-
haupt den berechtigten Stolz der Gartenverwaltung, da wohl
Exemplare von 50 bis 80 m Flöhe in Deutschland zu den
Seltenheiten gehören dürften. Von der 40 m breiten Terrasse
am Südflügel des Schlosses eröffnet sich dem Auge der
Gesamtüberblick iiber den 600 Morgen grofsen Besitz.
Im Vordergrunde herrliche Rasenmatten, in der Thal-
niederung ein tiefer Teich .auf dem langsam und sagenhaft
im Dunkel der uralten Eichen, Buchen und Wellingtonien
schwarze Schwäne dahinziehen, dann folgen die dicht-
bewaldeten Höhen von Sanspareil, ein Dorf, wie sein Name
sagt, sonder Gleichen schön durch die kolossale und herr-
liche Gestalt seiner Partieen. Hier scheint die Natur sich
ein unzerstörliches Reich von schauerlichen Grotten und
kühnen Pelstürmen geschaffen zu haben. um der Fantasie
Ehrfurcht gebieten zu wollen. — Ein wahrhaft grofsartig’
angelegtes Bild! — Aber nicht dies allein ist das Merkmal
der Fantasie, sondern auch die Anlagen am Nordfliigel des
Schlosses; nur hat hier me'hr die Kunst als wie die Natur
ihre Hände wralten lassen. Vor dem Hauptportal erhebt.
sich die „Fantasie“, eine Figurengruppe, deren blendendes
Weifs sic.h effektvoll von dem Pompejanischrot des Portikus
abhebt. Nach der linken Seite gelit der Blick iiber einen
schwellenden Rasenplan zwischen Thuja, Wellingtonien und
einigen Laubgehölzen liindurch nach einer Loggia als
point. de vue. Dieselbe enthält in der Mitte, immer in
bogenförmigen Öffnungen, eine urnenartige Vase mit Blumen-
schmuck und zu beiden Seiten Apollo und Diana, Die
letzteren Darstellungen in Lebensgröfse wurden vor nicht
allzulanger Zeit in Schmutz und Moder gelegentlich einiger
Erdarbeiten am Teiche unversehrt aufgefunden. Es dtirfte
wohl anzunehmen sein, dafs dieser geniale Streich von den
Horden Napoleons I. vollführt wurde. Jetzt prangen aber
die Werke Christian Rauchs wieder in reinein Weifs aus
dem üppigenGrün hervor, um Zeugnis von der kiinstlerischen
Auffassung des Meisters zu geben.

Nacli der rechten Seite hingegen bietet sich dem Auge
eine in Mathematik und Architektur verwandelte Vegetation
dar. Echt französisch breiten sich über die ebene Fläche,
wie aus dem Laubwerk herausgedrechselt, griine Würfel
und Polygone hin, welche durch sternförmige Wege be-
grenzt werden. Überall wimmelt es an den Kreuz- und
Endpunkten von geschwungenen Wasserbecken mit gra-
ziösem Wasserstra.hl, lüsternenStatuen auf Postamenten und
in Grotten, bis man schliefslich am Orangeriehause anlangt.
An dasselbe schliefst sich die Blumen- und Fliedertreiberei
mit knallrot angestrichenen Gewächshäusern.

III, 2

Man gelangt nun wieder an hohen Ginkgo-Bäumen
und an der Schlofskapelle, deren Inneres im reichen Palmen-
schmucke prangt, vorüber an das hohe Gartenthor. Wir
werfen noch einen Blick durch das kunstvoll geschmiedete
Eisengitter und verlassen diese Stätte mit dem Bewufstsein,
dafs Bayern im Kranze seiner Schlösser zwei edle Perlen
besitzt in seiner

Eremitage und Fantasie.

Preisbewerbungen.

Bericht iiber die Plaukonkurrenz gelegentlich der grolsen
allgeineinen Provinzial-Gartenbaii-Ausstelluiig zu (tleiwitz,

erstattet von Fritz Hanisch, Garteningenieur, Kattowitz, O.-S.

(Hierzti 5 PliiQe.)

Der Oberschlesische Gartenbau-Verein Gleiwitz hatte
als Veranstalter der Provinzial-Garienbau-Ausstellung da-
selbst den Verein Deutscher Gartenkünstler ersuclit, ihm
aus diesem Anlafs bei der Veranstaltung eines Preisaus-
schreibens fiir Piäne seine Unterstiitzung freundlichst zu
gewähren, welche der Vorstand dieses Vereins auch sofort
in dankenswerter Weise zusagte.

Auf Wunsch der Veranstalter war die Projektierung
eines öffentlichen Schmuckplatzes und eines Villengartens
als Aufgaben gestellt, und lieferte der Vorstand des Vereins
Deutscher Gartenkiinstler hierzu die erforderlichen Unter-
lagen. Da zur Ausarbeitung der Projekte nur vier Wochen
Zeit vorhanden waren, wurde der Umfang der Aufgaben
nicht zu grofs bemessen, um dadurch die Möglichkeit einer
gröfseren Beteiligung zu gewähren.

Die Aufga.ben lauteten:

1. Entwurf zu einern öffentlichen Schmuckplatz (auf
gegebener Grundlage).

Auf einem ringsherum von 3—4stöckigen Wohn-
häusern umgebenen Platze sollen Schmuckanlagen
vornehmen Charakters eingerichtet werden. Der Platz
liegt eben. Dem Gartenkünstler werden keinerlei
Beschränkungen hinsichtlich der von ihm in Vorschlag
zu bringenden Verschönerungen auferlegt. Verlangt
werden:

1. ein Reinplan im Mafsstab 1 : 200,

2. ein Bepflanzungsplan,

3. ein Erläuterungsbericht,

2. Entwurf zu einem Villengarten (auf gegebener Grund-
lage).

Der Besitzer eines in der Umgebung einer
gröfseren Stadt, belegenen Villengrundstückes hat sich
auf demselben eine Villa im Renaissance-Stil bauen
lassen und wünscht nun die Umgebung möglichst
reichhaltig ausgestattet zu sehen. Ganz besonders
werden gewünscht: ein Laubengang, eine verdeckte,
von der Villa entfernt gelegene Laube, ein Croquet-
Spielplatz, ein kleiner Spielplat.z für die Kinder mit
oinigen Turngeräten, eine kleine mit Springstrahl zu
versehende und durch eine künstliche Qnelle gespeiste
Teichanlage u. s. w.
 
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