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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 2
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Janorschke, Oskar Karl: Oberschlesische Parkanlagen, 3: der Park in Gros-Strehlitz
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Heerwagen, Leo: Bayreuth, Eremitage und Fantasie, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0039

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III, 2

DIE GAKTENKUNST

27

aller möglichen Gemüsesorten, wie sie nur ein grofs-
herrschaftliches Haus verwenden kann, wird auch der ver-
wöhnteste Gärtner seine Freude haben. Beerenobst in
Hülle und Fiille begrenzt die Wege und schon beim Ein-
tritt präsentieren an dem breiten Mittelwege hochstämmige
Stachel- und Johannisbeeren ihre schwerbeladenen Kronen.
Zwergobstbäume mit fast jährlich reichem Fruchtertrag —
infolge des kalksteinhaltigen Untergrundes — wechseln
mit dem Beerenobst. Inmitten des Ganzen dient ein gröfserer
Komplex den Treibereien. Ein 30 m langes Erdbeerhaus
liefert schon im zeitigen Frühjahr die prächtigsten Früchte
aus Töpfen, ebenso Bohnen- und Gurkenhäuser; aus einem
Feigen- und einem Pflrsichhause werden alljährlich an-
sehnliche Mengen der schönsten Früchte geerntet. Wir
konnten Pflrsiche von 2—300 g und in dem Weinhause
Trauben von-4-6 Pfd. Gewicht sehen, die zum gröfsten
Teil zu den Jagdfestlichkeiten von November bis Januar
die herrschaftliche Tafel zieren. Eine gröfsere Menge
Friihbeete vervoilständigen die Treiberei; Topfobstbäumchen
sind in allen Obstarten zu Hunderten vorhänden und
liefern einen guten Ertrag, darunter die japanischen Persi-
monen, die von hervorragender Giite waren.

Hinter diesern Mittelstück breitet sich ein fast endloser
Obstgarten aus, der zum Teil dem Baumschulenbetriebe
dient. Alle nennenswerten Neuheiten in Kern- und Stein-
obst sind hier zu finden, u. a. 30 Sorten Pfirsich am
Spalier, 50 Sorten Haselnüsse, die japanische Weinbeere,
Golden Maibeere, Erdbeerhimbeere u. s. w. 6—700 lfd. m
Kalksteinmauern sind für Spalierobst hergerichtet, vor-
nehmlich fiir Birnen in den feinsten Tafelsorten, während
Äpfel zumeist freistehend als Buschbäume oder in Pyra-
midenformen ihre Ernten iiefern. Manchem Fremden ent-
schlüpft ein verstohlenes Lächeln iiber die Beschaffenheit
des Bodens bei diesen Obstkulturen, denn nur aus einem
Gemisch von Sand oder Kies mit lehmigem Kalkstein-
schotter vermengt holen die Wurzein ihre Nahrung, die
ihnen durch die verschiedenen Düngergaben nicht allzu
spärlich bemessen wird. Die Bäume haben einen guten
Fruchtansatz und die Ausbildung der Früchte läfst nichts
zu wiinschen übrig.

Park und Nutzgarten weisen vorzügliche Pflege auf,
dank der Umsicht ihres eingangs erwähnten Leiters, der
weder Opfer noch Miihe scheut, soine Kulturen auf der
Höhe der Zeit zu erhalten und zu verbessern. Dieses
Streben und diese Thätigkeit fanden denn auch bei einer
Reihe von Ausstellungen, wie auch seitens des deutschen
Kaisers, welcher häufiger Gast des gräflichen Hauses
Tschirschky- Renard ist, gebührende Anerkennung. Der
Etat der Gartenverwaltung beläuft sich auf ca. 16- bis
18000 Mk.

Rayrentli, Eremitage und Eantasie.

Yon Leo Heerwagen, Dresden.

; j ', (Sclllllfs.)

Yor dem Sonnentempei, aber noch innerhalb der Rotunde,
welche reichen. Blumenflor einschliefst, liegt das erste
Wasserwcrk, dessen graziös geschwungene Einfassungs-

linien in ein Rasenrundell, von 4 mächtigen Canna-Gruppen
flankiert, eingeiassen sind. Yor der Rotunde sind an der
Peripherie des Aufsenweges 4 formenvolle Bosketts von
Rhus Cotinus postiert, welche sich namentlich im August
und September mit ihrem federartigen Überzug wie Alonge-
Perrücken in riesigen Dimensionen präsentieren.

Von da aus geleiten breite Wege durch die wechseln-
den Anlagen einen sanften Abhang hinunter zur interessan-
testen Wasserkunst. Es sind dies teilweise in den Berg
hineingebaute, teilweise sich frei in die Luft erhebende
Ruinen mit nischenartigen Gewölben, aus deren Tiefe ge-
heimnisvolle Statuen herausblicken. Die ganze Anlage ist
noch das charakteristische Gepräge des Rokokogeschmackes,
wie man es oft noch auf alten Gemälden zu sehen be-
komrnt. Man wandelt hier unter arkadenförmigen Wasser-
strahlen, welche aus zahlreichen Mauernischen entspringen
und welche von Tritonen und Delphinen, ja sogar aus dem
Dickichte des Waldes heraus in kühnem Schwunge dem
Bassin zugeführt werden. Die Ruinen sind mit einem so
aufserordentlichen Feingefühl aufgeführt, dafs man mit
Bewunderung zu dem Schöpfer derselben aufblicken mufs.
Dazu kornmt der dtistere Kranz von alten Eichen und
Buchen, welche stimmungsvoll in das ausdrucksvolle Ge-
mälde hineinragen, dem aber noch die scheidenden Sonnen-
strahlen, welche iiie und da durch die Lichtungen hjn-
durchdringen, einen märchenhaften Glanz verleihen.

I>eider sind diese Wasserwerke nicht immer zu sehen
und werden dieselben in ihrer Vollständigkeit nur einer
gewissen Anzahl von Besuchern des Schlosses vorgeführt.

In einiger Entfernung ca. 10 m höher erbliclct man
die Überreste eines steinernen Theaters, zuerst 1744 be-
nutzt, als die Vermählung der Prinzessin Luise Ulrike
mit dem schwedischen Tbronfolger Adolph F'riedrich ge-
feiert wurde. Die Fürstlichkeiten führten hier französische
Lustspiele auf und noch liest man an einer Coulisse von
Markgraf Friedrich eigenhändig die Worte gemeiselt:

„Albertine de Murwitz est mieux gravee dans mon
coeur, que dans cette pierre“.

Einzelne zerstreute Tempel, sowie das grofse Ökonomie-
gebäude, vor welchem unter uralten Bäumen Erfrischungen
gereicht werden, sind ferner die Zierden dieser Anlage.
Besonders bemerkenswert aber ist der über 250 m iange
und ca. 5 m hohe Bogengang aus Weifsbuchen, an dessen
Ende sich eine herrliche Aussicht in das Fichtelgebirge
und in das rote Mainthal eröffnet.

Im übrigen hat es die Kgl. bayr. Hofgartenintendantur
verstanden, die Überreste einer poesievollen Zeit sorgsam
zu bewahren. — Der Eremitage ist nun die

„Fantasie“

anzureihen, die einst, der kunstbegabten Tochter Ludwig
Philipps, der Prinzessin Marie von Orleans, gehörte.

Dieses idyllisch gelegene Lustschlofs liegt ebenfalls
eine Stunde von Bayreuth und in entgegengesetzter
Richtung von der Eremitage. Es wurde 1758 erbaut und
1763 von Markgraf Friedrich Christian seiner Nichte
Sophie Elisabeth überlassen, von dieser verschönert und
mit jenent Namen belegt. Bis in jüngster Zeit gehörte es
 
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