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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 2
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Fintelmann, Axel: Innere und äußere Dekoration der Ausstellungs-Gebäude der Pariser Weltausstellung und die öffentlichen Gartenanlagen der Stadt Paris, 1: innere Dekoration der Ausstellungs-Gebäude
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Prestele: Ein Beitrag zur Geschichte der Gartenkunde, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0047

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III, 2

DIE GAKTENKUNST

35

bemerkbar an der letztgenannten Strafse, die während der
Ausstellung den Namen „Rue des Nations“ erhielt, an der
alle Nationen zum Wettstreit in der Architektur zusammen-
getreten waren und je fiir sich ein Gebäude aufgefiihrt
hatten. Dicht aneinander gedrängt gelangten hier die ver-
schiedenen Baustile zur Darstellung, die aber in ihrer
Eigenartigkeit nicht in genügender Weise zur Geltung kamen,
weil sie des trennenden, vermittelnden und schmiickenden
Grüns entbelirten.

In dieser Beziehung bot die verflossene Berliner Ge-
werbe-Ausstellung ein bedeutsames belehrendes Beispiel.
Trotz der grofsen Menge der auf dem Geiände des Treptower
Parks aufgeführten Gebäude wird in keinem Besucher das
Gefühl des Unbefriedigtseins oberhand bekommen haben,
er war, danlt der grofsen, die einzelnen Gebäude von ein-
ander trennenden Gehölzmassen und der durch sie herbei-
geführten Wechselwirkungen in derLage, die Eigenartigkeit
der verschiedenen Gebäude und ihrer Bauarten in Ruhe
studieren zu können. (Fortsetzung foigt.)

Verschiedenes.

Ein Beitrag zur Geschichte der CrartenkuiHle.

Von Prestele, 'Wolfratsliausen.

Mit der Kultur der Menschheit ging die Kultur des Grund
und Bodens stets Hand in Hand. Je weiter die erstere fort-
schritt, je melir sie sicli verfeinerte und je allgemeiner sie
wurde, in ebendemselben Mafse änderte sich auch der jeweiligen
Geschmacks- und Sinnesrichtung der Zeit entsprechend die
Anlage und Bep>flanzimg der heimatlichen Scholle.

Belege hierfiir bietet die Geschichte des Altertums bis
herab zur neuesten Zeit; sie beweist, dafs die Frende an .der
Natur und die Liebe zu ihren Erzeugnissen dem Menschen als
ein ihm gleichsam angeborener Drang innewohnt und sich,
trotzdem im Laufe der Jahrhunderte begreiflicherweise die
Anschauüng nnd das Verständnis der Natur und ihres Wesens
ganz bedeutenden Veränderungen unterworfen worden waren,
mit Ausnahme mehr oder weniger im Getrieb des alltäglichen
Gewerkes abgestumpfter Naturen immerfort rege und that-
kräftig erhalten hat.

Die Indier sind als die ersten Blumengärtner bekannt. Ob
und inwiefern die sogenannten hängenden oder schwehenden
Gärten der Semiramis, wenn auch als Wunder der — damaligen --
Welt gepriesen, unserm Schönheitsbegriff entsprochen haben
würden, dürfte zweifelhaft sein.

Die Gärten der Perser (Pafadiese) nennt Xenophon Plätze
voll wildwachsender Fruchtbäume, Pflanzen und Blumen; die
Syrer werden von Plinius als Gärtner rühmend erwähnt, während
IJerodot, der älteste auf uns gekommene griechische Geschichts-
schreiber in seinen Reisebeschreibungen über Ägypten, Libyen,
Babylon etc. eine Menge interessanter Details über die Erzeug-
nisse des Bodens und seine Bebauung liefert.

Da das hochgebildete Volk der Griechen, der Meister in
den verschiedensten bildenden und architektonischen Kiinsten
bei dem grofsen Aufwand fiir Ausschmückung der Tempel und
zu gottesdienstlichen Feiern der Blumen bedurfte, war es,
wenn auch von der Natur hegünstigt, mithin auf künstliche
Zucht nicht gerade angewiesen, doch sicher auf die Pflege
derselben bedacht, wie dies hinsichtlich der Banmzucht, he-
sonders der Platane der Fall gewesen.

Lesen wir doch schon in Homers Odyssee VII V. 127 und
128 von den gepriesenen, wohlgepflegten Gärten des Alkinoos
voll herrlicher Obst- und Weinpflanzungen:

s'vd'Ct <)s y.oduiycui nQcanul tuiqc. vicaxor on'/oi'
ttui’toIcu Tcscpvamy, ini)Szav'ov yavoioaca.

(Dort waren auch wohlgeordnete Gartenbcete am Rando
des Rehengeländes gepflanzt mannigfachster Art, schön
prangend das ganze Jahr.)

Ebenso Odyssee V, 68—69.

Im grofsen und ganzen waren die Gartenanlageu der
Griechen an ihren Meiereien <md Landgütern — erst durch
Epikur wurden Gärten in den Städten angelegt — mehr oder
weniger denen des Alkinoos ähnlich, die Vereinigung des Nütz-
lichen mit dem Angenehmen, — Küchen- und Gartengewächse,
Obst, Blumen, schattige Bäume und Bewässerung vor allem
ohne besondere künstliche Anordnung — war die Richtschnur
ftir den Gartenbauer.

In den Gärten der Philosophen zu Athen waren hohe
schattige Plantagen, kiihlendes Quellwasser und einige Statuen
die einzigen Schönheiten.

Anders lagen die Verhältnisse bei den Römern. Bei diesen
stand schon in den frühesten Zeiten der Landbau in hohem
Ansehen. Die ersten Männer der Republik, sieggekrönte Eeld-
herren und einflufsreiche Senatoren widmeten sich diesern
Geschäft und scheuten sich nicht, selbst die Pflugschar zu
fiihren, mit Ehrfurcht und Bewimdenmg blickte man in
späteren Zeiten, als ausländische Sitten die alte Einfachheit
der Lebensweise zu verdrängen anfingen, auf Männer wie
Cincinnatus, Curius, Eabricius, Regulus, Serranus Cato zurück,
die ihre Thätigkeit zwischen den Boschäftigungen des Land-
lebens, der Curie und dem Lager geteilt hatten.

Der Dichter Virgilius, mit der griechischen Litteratur wohl
vertraut und in den Ideenkreis griechischer Dichter eingeweiht,
fand im Landbau einen echt nationalen Stoff, den er zum
Gegenstand eines gröl’seren ländlichen Gedichtes vei’wendete.

Seine Liebe zur Natur, durch seinen Aufenthalt in den
herrlichen Umgebungen von Neapel stets aufgefrischt und
lebendig erhalten, hat er durch erhabene Schilderungen, durch
malerisch getreue Zeichnung von Pflanzen und Gegenden und
zahlreiche Äufserungen des innigsten Gefühls bekundet.

Denselben Gegenstand hatten vor ihm schon der griechische
Dichter Hesiod in seinen „Werken und Tagen“, Homer in ein-
zelnen Stellen der Iliade und Odyssee, Äristoteles in seiner
Naturgeschichte der Tiere, Theophrast in 3 naturgeschichtlichen
Werken, Xenophon, Nicander behandelt. Von älteren römischen
Schriftstellern seien der Vollständigkeit halber noclr erwähnt
Lucretius mit seinem Gedicht tiber die Natur der Dinge, der
ältere Cato, von welchem noch eine Sammlüng kurzer Vor-
schriften iiber den Landbau vorhanden ist, und der gelehrte
Varro, der 3 Bücher vom Landbau schrieb.

In seinem Gedicht über den Landbau giebt Virgil zuerst
eine Beschreibung des Bodens und seiner Bearbeitung
(Besserung desselben durch Brachen und Kulturvvechsel,
Düngep, Auflockerung, Bewässerung etc.), schildert den Ein-
flufs, welchen die Gestirne auf den Landbau haben, geht clann
auf das Pflanzenreich über, belehrt über die Pflege der Bäume
und besonders der Reben, preist das Glück des Landlebens
und seine Reize im Vergleich mit dem unruhigen, mühseligen
Leben des Staatsmannes.

Von den Pflanzen geht Virgil tiber auf die Tiere und deren
Zucht und schliefst mit der Beschreibung der Bienen, in welchen
er einen höheren Grad von Intelligenz nnd eine Zierde der
tierischen Schöpfnng findet.
 
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